Minenbetreiber entwickeln sich glänzender als Gold
Minenbetreiber entwickeln sich glänzender als Gold
Minenbetreiber entwickeln sich glänzender als Gold
Kurse steigen stärker als Goldpreis – Rekord-Quartalsergebnisse bei den Bergbaufirmen erwartet – Produktionsrückgang kostet Barrick-Chef den Job
Von Martin Dunzendorfer, Frankfurt
Kein ernst zu nehmender Marktbeobachter hatte für 2025 eine solche Hausse des Goldpreises auf dem Zettel, wie sie sich nun nach knapp zehn Monaten darstellt. Auch die Minenbetreiber nicht, deren Ergebniserwartungen trotz Anpassungen immer noch auf Jahres-Durchschnittsschätzungen für den Goldpreis beruhen, die deutlich unter dem aktuellen Niveau liegen.
So wird das dritte Kalenderviertel, über das die Unternehmen in den nächsten Wochen berichten werden, voraussichtlich für viele Produzenten ein Rekordquartal werden. Auch das laufende Jahresschlussviertel wird angesichts der Rekordstände der Kuppelprodukte Gold und Silber sehr stark ausfallen. Es dürfte daher zu einer ganzen Reihe positiver Überraschungen im Minensektor kommen. Auch wenn durch den starken Kursanstieg von „Goldaktien“ in diesem Jahr schon einiges antizipiert wurde, so besteht nach Meinung von Analysten immer noch Aufwärtspotenzial.
Marktwert mehr als verdoppelt
Ende 2024 lag der Goldpreis bei 2.624 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Seither ging es in zwei Phasen kräftig bergauf: zunächst bis Mitte April und dann wieder – noch dynamischer als in der ersten Phase – seit Mitte August bis Anfang dieser Woche. Am Montag erreichte der Goldpreis ein historisches Hoch von 4.381 Dollar – das waren 67% mehr als zu Jahresbeginn. Am Dienstag kam es zwar zu einer kräftigen Korrektur, doch schon am Mittwoch stabilisierte sich der Kurs wieder. Auf Jahressicht steht immer noch ein Plus von annähernd 60%.
Die Kurse der Branchenschwergewichte Newmont, Agnico Eagle und Barrick haben noch weit mehr zugelegt: der Branchenprimus aus den USA um 155% und die Nummern 2 und 3, beide mit Sitz in Kanada, um 128% bzw. 124%.
Vier Gründe für den guten Lauf
Die Outperformance der Goldminenaktien hat mehrere Gründe: Zum einen hatten die Kurse auf den Anstieg des Goldpreises im vergangenen Jahr praktisch nicht reagiert. Das lag erstens daran, dass einige Investoren die starke Verteuerung des gelben Metalls nur für ein vorübergehendes Phänomen hielten. Zweitens lag die Vermutung nahe, dass die in vielen Bereichen steigenden Kosten – etwa für Maschinen, Personal, Transport und Instandhaltung sowie Umweltschutz – die höheren Einnahmen durch Goldverkäufe kompensieren würden.
Drittens haben einige Produzenten – etwa Barrick – Probleme, die abgebauten Goldreserven durch neue Funde oder Zukäufe zu ersetzen, wodurch langfristig das Geschäftsmodell in Frage gestellt ist. Damit in Zusammenhang steht der vierte Grund für die Vernachlässigung 2024: Nicht alle Übernahmen der vergangenen Jahre, insbesondere von auf die Exploration spezialisierten Unternehmen, die der Reservenaufstockung dienen sollten, haben sich für den Käufer ausgezahlt. Durch die Underperformance bargen die Kurse von Newmont, Agnico Eagle, Barrick und anderen Goldschürfern erhebliches Nachholpotenzial, das 2025 gehoben wurde.
Umfeld 2025 treibt kräftig an
Ein zweiter Grund für die beachtliche Outperformance der Minenbetreiber in diesem Jahr ist das ökonomische Umfeld, etwa die Lockerung der Geldpolitik durch die US-Notenbank, der schwache Dollar (der Goldpreis verhält sich üblicherweise diametral zur Entwicklung des Greenback) und Goldkäufe durch Zentralbanken, sowie die vielen geopolitischen Spannungen, die die Nachfrage nach vermeintlich sicheren Anlageformen gesteigert haben.
Letztlich konnten Investoren die Dynamik des Goldpreisanstiegs nicht mehr negieren, ohne sich den Vorwurf gefallen lassen zu müssen, Markttrends zu verschlafen. Zudem „gehören die Fundamentaldaten von Goldproduzenten mittlerweile zu den günstigsten aller Branchen“, sagt ein Fondsmanager – was natürlich auch an den gestiegenen Bewertungsniveaus anderer Industrien liegt.
Kursziele bergen wenig Potenzial
Einen gewissen Widerspruch gibt es in den Bewertungen der Research-Häuser. Nach Angaben von Bloomberg lautet das durchschnittliche Anlageurteil für Newmont, Agnico Eagle Mines und Barrick auf Grundlage von jeweils rund zwei Dutzend Analystenempfehlungen „Kaufen“, sogar mit Tendenz zu „Sofort Kaufen“. Doch die durchschnittlichen Kursziele liegen mit 98,52 Dollar für Newmont, 178,38 Dollar für Agnico und 38,78 Dollar für Barrick kaum über den aktuellen Notierungen. Offensichtlich sind die Kurse der drei Goldschürfer zuletzt so schnell gestiegen, dass nun entweder die Anlageempfehlungen oder die Kursziele einer Aktualisierung bedürfen.
Rekord-IPO in Hongkong
Die überaus positive Entwicklung von Gold und Aktien der Produzenten erleichtert Unternehmen aus dem Goldsektor generell den Zugang zu Kapital bzw. einen Börsengang. Das IPO von Zijin Gold International in Hongkong Ende September war laut Bloomberg mit umgerechnet 3,2 Mrd. Dollar eines der größten Going Publics in diesem Jahr. Es machte fast die Hälfte der 6,7 Mrd. Dollar aus, die dem Goldsektor im dritten Quartal durch neue Listings, Aktienplatzierungen und Blocktrades zuflossen. Selbst ohne das IPO von Zijin wäre der Quartalserlös noch der höchste seit über einem Jahrzehnt gewesen. Wie gefragt Goldminen sind, zeigte auch das Debüt von Zijin: Am ersten Handelstag schloss das Papier um 68% über dem Emissionspreis.
Überhaupt sind es vor allem Goldminenbetreiber aus Asien, die an die Börse drängen. Das IPO von PT Merdeka Gold Resources, eine Tochter des indonesischen Bergbaukonzerns PT Merdeka Copper Gold, war gemäß Bloomberg mit einem Erlös von umgerechnet 280 Mill. Dollar im September das bislang schwerste Going Public des Jahres an der Börse von Jakarta. Und der gemessen an der Produktion zweitgrößte Goldminenbetreiber Chinas, Shandong Gold Mining, hatte kein Problem damit, im abgelaufenen Quartal Aktien im Wert von rund 500 Mill. Dollar zu verkaufen.
Auch hoher Marktwertzuwachs besänftigt Aktionäre nicht
Der hohe Marktwertzuwachs der Goldminenbetreiber lässt manche Verwaltungsräte und Aktionäre frühere Fehlschläge und Versäumnisse aber nicht vergessen. So erklärte Mark Bristow vorigen Monat überraschend und wohl nicht ganz freiwillig seinen Rücktritt. Der CEO von Barrick Mining und zuvor von Randgold Resources, die 2018 vor Barrick übernommen worden war, konnte durchaus Erfolge vorweisen und hatte sich so einen Namen in der Branche gemacht. Doch Barrick geriet im Vergleich zu den größten Wettbewerbern in einer zentralen Kennzahl immer stärker ins Hintertreffen: Die Goldproduktion des Unternehmens fiel 2024 auf den niedrigsten Stand seit mehr als zwei Jahrzehnten und wird aller Voraussicht nach dieses Jahr weiter zurückgehen. Ein Grund dafür war, dass sich Bristow im Gegensatz zum Management des Erzrivalen Newmont strikt weigerte, größere Akquisitionen zu prüfen.
Das nahmen Investoren dem Barrick-Chef offensichtlich übel: Erstmals nach vielen Jahren wurde Barrick nach Marktkapitalisierung von Platz 2 der Branche verdrängt – Agnico Eagle Mines zog inzwischen deutlich vorbei. Das Zeigt: Managementfehler können zu einer unterschiedlichen Entwicklung des Aktienkurses eines Minenbetreibers und des Goldpreises führen, wenn nicht gerade eine Hausse alle Schwächen überlagert.
Der Goldpreis hat einen Rekordlauf hinter sich – daran ändert auch der jüngste Rückschlag nichts. Zu den Hauptprofiteuren gehören natürlich die Bergbaufirmen. Deren Kurse haben sich sogar noch besser entwickelt als der Wert des Edelmetalls, dass sie schürfen. Diese Entwicklung hat mehrere Gründe. Wobei nicht alle Minenbetreiber gleich gut dastehen.