Governance-Mängel in Dax-Konzernen

Investorenverband DVFA entwickelt Scorecard als Analyseinstrument für institutionelle Anleger

Governance-Mängel in Dax-Konzernen

Investoren werden zunehmend in die Pflicht genommen, ihre Eigentumsrechte aktiv wahrzunehmen. Damit sich professionelle Anleger ein Bild über die Qualität der Governance von Unternehmen verschaffen können, hat der Berufsverband DVFA eine Scorecard als Analyseinstrument entwickelt. Eine erste Bestandsaufnahme lässt teilweise erhebliche Governance-Mängel in Dax-Konzernen erkennen.swa Frankfurt – Der deutsche Corporate Governance Kodex findet in großen Unternehmen fast durchweg hohe Akzeptanz, doch die Ansprüche institutioneller Anleger an gute Unternehmensführung, Transparenz und Aufsicht gehen über die Selbstverpflichtung der Konzerne hinaus. Investoren haben eigene Maßstäbe und bringen meist noch eine internationale Sichtweise mit. Zudem gibt es Unterschiede zwischen Schein und Sein: Die Governance-Qualität lässt sich an bloßen Erklärungen zum Einhalten von Regeln nicht ausreichend messen.Um Aufschluss über die tatsächliche Governance-Güte zu geben, hat die DVFA, der Berufsverband der “Investment Professionals”, eine Scorecard als Analyseinstrument entwickelt und jüngst aktualisiert. Mit einem Blick durch diese Brille sollen sich in- und ausländische Investoren und Analysten ein besseres Bild über die Governance von Unternehmen machen können. Ausländischen Adressen soll die Scorecard dazu dienen, besser zu verstehen, worauf es in der Governance deutscher Unternehmen ankommt, erläutert Christian Strenger in einem Pressegespräch als Vertreter der Deutschen Asset Management, die im Verbund mit den drei anderen großen Fondsgesellschaften Allianz Global Investors, Deka Investments und Union Investment das Projekt unterstützt.Ein erster Blick ins Innenleben der Dax-Konzerne auf Basis der Scorecard fällt in einzelnen Themen ernüchternd aus. Der Aktionärsdienstleister Ivox Glass Lewis hat die Qualität der Governance über die Kodex-Akzeptanz hinaus unter die Lupe genommen und in zahlreichen Fällen erhebliche Diskrepanzen ans Licht gebracht. Dabei hat der Proxy Adviser ausschließlich öffentlich zugängliche Informationen ausgewertet und internationale Best Practice berücksichtigt. Finanzexperten gewünschtEine Reihe der von Investoren gestellten Anforderungen werden von weniger als der Hälfte der Dax-Unternehmen vollständig erfüllt (siehe Kasten). So nennen nur drei Gesellschaften die unabhängigen Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseignerbank im Geschäftsbericht und vor Gremienwahlen. Nur zwei Firmen berichten aussagefähig und regelmäßig über Effizienzprüfungen im Aufsichtsrat. Kein Unternehmen hat neben dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses mindestens einen weiteren Financial Expert, wie es Investoren für große Konzerne fordern.Defizite gibt es aus Investorensicht auch bei der Organisation der Hauptversammlung. Kein Unternehmen erfüllt die Forderung, frühestens 24 Stunden vor dem Aktionärstreffen die Stimmrechtsweisungen an die Gesellschaft weiterzuleiten. Diese Praxis hält Strenger für wichtig, damit ein Level Playing Field hergestellt wird und die Verwaltung nicht schon lange vorher weiß, wie das Votum ausfallen wird. Nur acht Unternehmen ermöglichen eine Abstimmung via Weisung bis zum Beginn der Abstimmung, nur zehn übertragen die Hauptversammlung bis zum Ende im Internet.Fondsvertreter Michael Schmidt von Deka Investments sieht die Scorecard und das Ergebnis der Analyse als Basis für einen strukturierten Dialog der Investoren mit den Unternehmen. Strenger empfiehlt jedem Konzern, die Scorecard ausgefüllt auf die Webseite zu stellen. Fondsvertreter Ingo Speich von Union Investment erinnert daran, dass Fälle wie Volkswagen und Stada dafür gesorgt haben, dass Anleger sich Governance-Themen sehr genau ansehen, um Frühindikatoren für im Unternehmen schlummernde Risiken zu finden. Speich hält die Scorecard für ein gutes Werkzeug in der Kommunikation der Investoren mit den Aufsichtsräten.