Grand City baut auf Anstieg von Mieten und Belegung
Der Wohnimmobilienkonzern Grand City Properties ist über Jahre durch Übernahmen kräftig gewachsen. Dieser Anschub fehlt nun, so dass CEO Christian Windfuhr stärker auf internes Wachstum setzt. Die politische Diskussion um einen verstärkten Mieterschutz verfolgt der Manager gelassen.- Herr Windfuhr, die Zeit der großen Wohnungskäufe ist vorbei. Wie will Grand City stattdessen wachsen?Das externe Wachstum hat sich in der Tat stark verlangsamt. Hier und da gibt es noch kleinere Deals, meist Off-Market-Angebote, die nicht in Auktionen gehen, weil der Verkäufer schnell und unkompliziert eine Transaktion anstrebt. Wir suchen auch außerhalb Deutschlands und haben jetzt in London einige Assets gekauft. Wir können aber intern kräftig wachsen. Der Leerstand beträgt 7,5 %, die Nettokaltmiete 5,80 Euro je Quadratmeter. Beide Faktoren liegen um einiges hinter dem Markt zurück, weil Vorbesitzer die Immobilien vernachlässigt haben. Wenn wir das aufholen, also der heutige Bestand marktgerecht belegt und vermietet wird, können wir die Nettomieteinnahmen innerhalb der nächsten sechs bis sieben Jahre um etwa 30 % steigern. Dieses Wachstum ist vorhersehbar und berechenbar. Es basiert auf der bisherigen und absehbaren Entwicklung der Mietspiegel.- Was bedeutet das für das operative Ergebnis, also den FFO 1, und den Nettovermögenswert?Der FFO 1 von derzeit knapp 200 Mill. Euro annualisiert wird um gut 40 % zunehmen. Dadurch steigt der Nettovermögenswert der Immobilien von 3,5 Mrd. Euro zur Jahresmitte 2018 um ca. 1,5 Mrd. Euro. Das externe Wachstum, das früher für die starke Entwicklung des Aktienkurses gesorgt hat, fehlt zwar weitgehend, aber durch das interne Wachstum hat die Aktie erhebliches Upside-Potenzial. Das scheint der Kapitalmarkt inzwischen verstanden zu haben.- Welche Rolle spielen Instandhaltungen für das Wachstum? Bisher hat Grand City wenig investiert.Das hören wir häufig, aber im Vergleich zu anderen Unternehmen liegen wir mit Ausgaben von 20 Euro pro Quadratmeter und Jahr für Instandhaltung gut im Mittelfeld. Es gibt Gesellschaften, die wesentlich mehr machen. Die kaufen sich damit zusätzliche Mieterhöhungen. Wir hingegen renovieren leerstehende Wohnungen und investieren in Aufzüge oder Heizung, um den Leerstand zu reduzieren und bei Neuabschlüssen die bestmögliche Miete zu erzielen. Die Miete soll nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass das Produkt nicht stimmig ist.- Wie stark kann Grand City durch Insourcing von Dienstleistungen wachsen?Hausmeisterdienste machen wir in den meisten Fällen bereits selbst, abgesehen von Immobilien, wo es noch gültige Vereinbarungen mit Drittanbietern gibt. Solche Verträge führen wir zu Ende, solange die Leistung gut ist. Kleine Dienstleister können auch als Beschäftigte zu uns wechseln.- Engagiert sich das Unternehmen im Wohnungsneubau?Nein, wir kaufen nur. Falls Flächen anders genutzt oder umgewidmet werden können, holen wir die Genehmigung dafür ein und veräußern sie an Developer.- Der Bestand umfasst derzeit 85 000 Einheiten. Anfang 2017 waren Sie noch zuversichtlich, das Portfolio mittelfristig um 10 % im Jahr ausbauen zu können. Das gilt nicht mehr?Solche Ankündigungen sind immer mit dem Beisatz versehen: wenn sich denn die Opportunitäten finden. Wir glauben, dass der Zukauf von 4 000 bis 5 000 Einheiten pro Jahr möglich ist. Wenn man den London-Deal betrachtet, haben wir das von den Einheiten her nicht geschafft, wohl aber vom Wert her. Denn die Objekte in London sind weit teurer als das, was wir in Deutschland kaufen. Der Wert dort liegt bei 6 000 Euro pro Quadratmeter. London macht jetzt 5 % des Portfolios aus. Was 2019 passieren wird, ist schwer zu sagen. Kann sein, dass ein Deal um die Ecke kommt, aber das kann man nicht planen.- Was ist der limitierende Faktor: der hohe Preis oder das fehlende Angebot?Im Wesentlichen der Preis. Wir setzen auf wertschaffendes Wachstum. Akquisitionsziele müssen den angestrebten NOI-Yield (operatives Nettoeinkommen zu Kaufpreis, die Red.) von 5 % liefern. Nicht vom ersten Tag an, aber nachdem wir die Objekte verbessert haben. Wenn das nicht gegeben ist, verzichten wir. Momentan kann man das 5-Prozent-Ziel nur bei sehr wenigen Transaktionen erreichen. Die großen Deals erfolgen zu niedrigeren Renditen. Ein Wettbewerber hat zum Beispiel in Berlin kürzlich für 2,3 % Nettomietrendite gekauft. Ich sage nicht, dass das falsch ist. Die einzelnen Gesellschaften verfolgen unterschiedliche Strategien und ihre Risikobewertungen divergieren. Wir sind sehr konservativ aufgestellt bei Finanzierungsthemen wie Verschuldungsgrad, Zinsdienst, Restlaufzeit oder Beleihungsumfang. Da ist viel Sicherheit eingebaut, auch was die Covenants angeht.- Grand City ist mit 1,6 % Zinsaufwand bei 8,3 Jahren Restlaufzeit bereits günstig finanziert. Was würde sich mit der angestrebten Ratingheraufstufung von BBB+ auf A- noch verbessern?Unter den guten Marktbedingungen von heute würde sich nichts Grundlegendes ändern. Nichtsdestotrotz würde uns ein A-Rating Zugang zu noch längeren Kreditlaufzeiten zu sehr günstigen Zinsen verschaffen. Aber vor allem wenn es schwierigere Jahre gibt, ist ein A- eine bessere Versicherung als ein BBB+.- Verteuern die Fremdwährungsanleihen die Finanzierung, weil das Wechselkursrisiko abgesichert werden muss?Nein. Der Yen-Bond, der bis 2038 läuft, liegt nach Währungshedging bei 1,4 %. Der sfr-Bond kommt sogar auf 0,96 % Kosten. Die Konditionen sind also sehr günstig. Die Fremdwährungsanleihen helfen am Markt, denn wir haben sehr viele Investoren aus den USA, Kanada oder Asien.- Welche Rolle spielen Bankkredite in der Finanzierung?Sie machen 12 % aus. Auf Bonds entfallen 29 %, auf Eigenkapital 56 %. Früher waren Bankkredite eher schwierig, weil wir ja vernachlässigte Assets – Banken sagen distressed dazu – kaufen. Anleihen konnten wir dagegen über Nacht platzieren. Heute nehmen sich Bankdarlehen und Bonds bei den Konditionen nicht viel.- Steht eine Kapitalerhöhung an?Im Moment unwahrscheinlich. Wir verfügen über starke Cashpolster, und der Loan-to-Value, also der Verschuldungsgrad, liegt bei nur 35 %. Bis zur intern gesetzten Obergrenze von 45 % besteht noch viel Spielraum.- Wie viel genau?Knapp 1 Mrd. Euro. Hinzu kommt gut 0,5 Mrd. Euro Cash.- Wohnungsnot und Mietsteigerungen sind heiße Themen in der Politik. Wie wirken sich die anstehende Verschärfung der Mietpreisbremse und die Absenkung der Modernisierungsumlage in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt aus?Für uns hat das fast keine Auswirkungen. Die Modernisierungsumlage haben wir nie genutzt. Für andere Gesellschaften mag das Instrument sinnvoll sein, für uns nicht. Auch die Offenlegung der Vormieten ist kein großes Thema, weil unsere Mieten im Schnitt um gut einen Euro unter dem vergleichbaren Marktniveau liegen. Selbst die Forderung, Mieterhöhungen an die Lebenshaltungskosten zu binden, ändert so viel nicht, weil sich die bisherigen Anhebungen mit 2 oder 2,5 % in diesem Rahmen bewegen. Ausschlaggebend für die Wohnungsprobleme ist der Mangel an Immobilien. Der muss endlich angegangen werden statt an Regulierungen herumzubasteln, die nicht funktionieren.- Rechnen Sie mit weiteren Verschärfungen im Mieterschutz?Politiker wollen ihren Wählern gern etwas Gutes tun. Insofern kann das ein oder andere kommen, aber es wird sich nichts Essenzielles ändern, weil die Probleme woanders liegen. Mit den Mieten liegen wir bei 85 % des Bestands unterhalb der Mietspiegelniveaus. Selbst wenn die Mietspiegel für ein, zwei Jahre festgeschrieben würden, könnten wir die meisten geplanten Erhöhungen nach wie vor vornehmen. Solch ein Schritt würde uns wesentlich weniger treffen als Unternehmen, deren Mieten bereits im Rahmen des Mietspiegels liegen.- Im ersten Halbjahr hat Grand City Wohnungen für 142 Mill. Euro abgestoßen. Sind weitere Verkäufe geplant?Wir geben Immobilien ab, die über Paketerwerbe ins Portfolio gekommen sind, aber wegen der Lage nicht reinpassen. Außerdem veräußern wir hin und wieder Objekte, die ausgereizt sind. Damit wollen wir zeigen, dass unsere Bewertungen schlüssig sind. Auch in Zukunft werden wir Verkäufe vornehmen und die Einnahmen in neue Propertys reinvestieren. Im ersten Halbjahr wurden 1 250 Einheiten mit 12 % Gewinn gegenüber dem Nettobuchwert veräußert. Das macht deutlich, dass unsere Bewertungen eher auf der konservativen als auf der aggressiven Seite anzusiedeln sind. Der durchschnittliche Buchwert der Immobilien beträgt 1 200 Euro je Quadratmeter.- Die Wohnungen liegen breit verstreut in Deutschland. Streben Sie eine stärkere regionale Konzentration an?Wir sind überzeugt, dass Diversifikation unter Risikogesichtspunkten wertvoll ist. Wir setzen auf Regionen mit Wirtschaftswachstum und Zuwanderung. Schwerpunkte sind Nordrhein-Westfalen, Berlin und Dresden/Leipzig/Halle mit zusammen 65 % des Portfoliowerts sowie einzelne wichtige Städte wie Bremen, Hamburg, Hannover, Nürnberg oder München. Eine stärkere Fokussierung auf eine Region brächte keine Vorteile. Es müssen aber mindestens 1 000 Wohnungen an einem Standort sein, damit es sich vom Administrativen her lohnt.- Für 2017 hat Grand City 0,73 Euro Dividende gezahlt. Was können Aktionäre für die nächsten Jahre erwarten?Wir schütten 65 % des FFO I aus. Das soll vorläufig so bleiben. Da der FFO I in Zukunft steigt, wird auch die Dividende zunehmen.—-Das Interview führte Helmut Kipp.