"Größere Akquisitionen haben wir nicht vor"
– Herr Rauch, das Weihnachtsgeschäft ist für den Einzelhandel das entscheidende Quartal eines Geschäftsjahres. Wie ist es für Douglas gelaufen?Sie werden verstehen, dass ich mich bis zur Vorlage unseres Quartalsberichts am 14. Februar bedeckt halten muss. Aber ich verrate bestimmt nicht zu viel, wenn ich sage, dass wir im Rahmen dessen, was wir uns vorgenommen hatten, zufrieden sind.- Geht meine Interpretation zu weit, wenn ich daraus schließe, dass Douglas den im Schlussquartal 2017/18 in Deutschland erzielten Turnaround fortschreiben konnte?Unsere Strategie greift. Das, was wir uns im Jahr der Transformation vorgenommen hatten, sprich die Maßnahmen aus der Forwardbeauty-Strategie, funktionieren. Das freut uns.- Wenn man den Blick auf Ihren Heimatmarkt Deutschland einengt, muss man aber auch konstatieren, dass das zurückliegende Geschäftsjahr nicht sonderlich erfolgreich war. Der Umsatz ging auf vergleichbarer Fläche zurück, das operative Ergebnis ist um fast ein Fünftel eingebrochen. Hat sich hier eine Trendwende eingestellt?Als Marktführer in Deutschland können wir uns der Marktbewegung, die wir im deutschen Einzelhandel gesehen haben, nicht völlig entziehen. Das betrifft vor allem das stationäre Geschäft. Allerdings haben wir im Laufe des Geschäftsjahres 2017/18 eine Trendwende gesehen, die sich insbesondere im vierten Quartal – also im Zeitraum Juli bis September – mit positivem Wachstum auf vergleichbarer Fläche gezeigt hat. Insbesondere im Online-Kanal konnten wir unsere Position noch einmal deutlich stärken.- Ist der Umkehrschluss zulässig, dass es im stationären Geschäft nicht so toll gelaufen ist?Wir haben den rückläufigen Besucherstrom in den Innenstädten zur Kenntnis genommen. Mit der Forwardbeauty-Strategie machen wir unsere Filialen wieder deutlich attraktiver und zu einem Ort des Erlebens. Letztlich haben wir unsere Marktanteile gehalten – online und offline.- Können Sie eine Größenordnung zu den Marktanteilen nennen?Das ist schwierig, auch vor dem Hintergrund, dass der Kunde auf allen Kanälen unterwegs ist. Im Online-Handel gibt es keinen Anbieter, der die Daten zuverlässig aufzeichnet. Auch im stationären Geschäft werden nicht alle Händler gleichermaßen erfasst. Eine Marktanteilsmessung in Deutschland ist vor dem Hintergrund der unvollständigen Daten nicht einfach.- In Deutschland ist die Marge weiter rückläufig. Haben Sie hier die Talsohle erreicht?Das zurückliegende Geschäftsjahr war ein Jahr der Transformation, in dem wir insbesondere in Deutschland im Rahmen unserer Neuausrichtung viele Sachen umgestellt haben. Dementsprechend haben wir auch einiges investiert. Diese Investitionen haben das berichtete Ergebnis nach unten geführt. Bereinigt sieht es durchaus besser aus. Mit der Marge sind wir nicht auf dem Niveau, auf dem wir sein wollen.- Die um Sonderfaktoren bereinigte Umsatzrendite auf das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) ist zuletzt auf 10,4 % zurückgegangen. Welches Margenniveau streben Sie mittelfristig an?Um die Größenordnungen einzusortieren, würde ich gerne mal den Blick in den Rückspiegel werfen. Wir haben im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Umsatz in der Gruppe von 3,3 Mrd. Euro erzielt. Im letzten veröffentlichten Geschäftsbericht der alten Douglas-Gruppe, zu der noch Thalia, AppelrathCüpper und so weiter gehörten, belief sich der gesamte Umsatz auf 3,4 Mrd. Euro. Unser heutiges Geschäft stand damals für einen Umsatz von 1,9 Mrd. Euro.- Das ist aber keine Antwort auf die Frage nach der mittelfristigen Zielsetzung für die Marge.Im Geschäftsjahr 2011/12 erzielte der Parfümerieteil eine Marge von etwa 10 %. Jetzt sind wir wieder bei 10,4 %. Es ist eine starke Sache, dass der Marktführer seine Marge über so lange Zeit gehalten hat und eine vergleichbar attraktive Marge im Handel ist kaum zu finden.- Heißt das, Sie streben gar keine Margensteigerung an?Wenn wir mit dieser Marge weiter im Umsatz wachsen, erwirtschaften wir zusätzlichen Profit.- Sie sprachen die Forwardbeauty-Strategie schon an. Erklären Sie doch bitte einmal allgemein verständlich, was sich hinter dem Zungenbrecher verbirgt.Die Strategie setzt sich aus den fünf Elementen Marke, Filialgeschäft, E-Commerce, Sortiment und Kundenbindung zusammen. Lassen Sie mich mit der Marke beginnen. Hier haben wir das Logo und die Bildsprache erneuert und die Marke damit deutlich modernisiert und höher positioniert. Die Logoerneuerung wollen wir bis zum Ende des Kalenderjahres 2019 abgeschlossen haben. Das Filialgeschäft hat von der Modernisierung und der Investition in die Bildsprache deutlich profitiert. Damit verbunden haben wir die Neupositionierung und Modernisierung der Läden.- Wie viele der 453 Ladenlokale in Deutschland haben Sie inzwischen umgebaut?Wir haben verschiedene Stufen des Umbaus und der Erneuerung. Wir unterscheiden unsere Filialen nach Flagship-Stores, Luxusfilialen, Premiumfilialen, Mainstreamfilialen und neue Konzepte. Im ersten Schritt der Modernisierung haben wir uns vor allem auf umsatzstarke Flagship-Stores und Luxusfilialen konzentriert, beispielsweise die neue Filiale auf Sylt, unsere größte Filiale in Europa auf der Zeil in Frankfurt oder das neue Konzept Douglas Pro in Hamburg. Auch eine Modernisierung des Mainstreamkonzepts haben wir in einigen Filialen schon umgesetzt.- Wie lange wird es dauern, bis das gesamte Standortnetz verjüngt ist?Es handelt sich um einen kontinuierlichen Prozess, denn die Mietverträge haben unterschiedliche Laufzeiten. Entsprechend versuchen wir die Renovierungen taktisch vorzunehmen. Zudem reagieren wir auch auf die städtische Entwicklung, indem wir neue Filialen eröffnen und im Gegenzug andere schließen. Im zurückliegenden Geschäftsjahr haben wir in allen unseren rund 2 400 Filialen die neue Bildsprache umgesetzt und mehr als 50 Filialen vollständig umgebaut. Für dieses Jahr planen wir weitere 60 Komplettrenovierungen. Der reguläre Modernisierungszyklus läuft etwa zehn Jahre.- Heißt das, für den Komplettumbau brauchen Sie zehn Jahre, bevor es wieder von vorn anfängt.Im Prinzip ja, auch wenn wir uns jetzt erst einmal stärker darauf konzentrieren, die Filiale zum Erlebnisort umzugestalten. Dazu müssen wir einen Store nicht komplett umbauen, sondern häufig nur einzelne Elemente modernisieren. Dort stehen vor allem Beratungs- und Servicekompetenz im Vordergrund. Auch das Produkterlebnis soll moderner, jünger und interessanter gestaltet sein. So haben wir beispielsweise in Frankfurt auf der Zeil eine ganze Spa-Etage eingerichtet, weil wir glauben, dass die Verbindung von Produkt und Service noch enger werden wird.- Was sind die anderen Elemente der Strategie?Ein weiterer wesentlicher Bereich ist das Online-Geschäft. Um hier mal eine Zahl zu nennen: Wir hatten im Geschäftsjahr 2017/18 einen Online-Umsatz von 423 Mill. Euro. Vor dem Einstieg von CVC im August 2015 wurde im vorherigen Geschäftsjahr ein Online-Umsatz von 205 Mill. Euro erzielt. Wir haben den Online-Umsatz innerhalb von vier Jahren verdoppelt.- Welche Größenordnung streben Sie auf Sicht an?Klar ist: Wir wollen online weiter wachsen. Auf eine konkrete Zielgröße möchte ich mich nicht festlegen. Ein weiterer Aspekt der Strategie ist das Sortiment. Hier sind wir zu dem Schluss gekommen, dass sowohl die Tiefe als auch die Breite unseres Sortiments verstärkt werden muss. Wir werden mehr Marken an Bord nehmen, wir haben das Scouting ausgebaut, wir probieren neue Trendmarken aus. 2018 haben wir mehr als 150 neue Marken aufgeschaltet.- Kommen zu den 150 neuen Marken dieses Jahr zusätzliche Marken?Ja, auch dieses Jahr werden zahlreiche neue Marken hinzukommen. Dann werden wir in eine Größenordnung von 600 Marken vorstoßen. Wir wollen gerade im Eigen- und Exklusivmarkensortiment wachsen. Sie sind ein wichtiger Differenzierungsfaktor im Wettbewerb. Produkte, die sie nur bei Douglas finden, machen uns für die Kundin besonders attraktiv – auch in Zukunft. Das Konsumentenverhalten ändert sich. Die Markenloyalität hat über die Zeit abgenommen. Die Kundin probiert neue Marken. Im Umkehrschluss müssen auch wir uns anpassen und darüber nachdenken, wie wir uns stärker mit Nischenprodukten positionieren.- Wenn Sie das Sortiment tiefer und breiter ausgestalten wollen, dürfte das in der Filiale schwierig werden, denn dort ist der Regalplatz beschränkt. Wie viele Auslistungen stehen den 150 Einlistungen gegenüber?Der Hauptanteil der Artikelaufschaltungen erfolgt erst einmal online. Online kann man sehr schnell und günstig testen, was den Nerv der Konsumentin trifft und was nicht. Erst dann wird entschieden, ob der Roll-out in der Breite erfolgt. Hier kommt dann auch künstliche Intelligenz zum Einsatz, denn nicht in jeder Filiale kann das komplette Sortiment verfügbar sein. Das ist für uns auch eine riesige Chance, mit der Breite der Filialen und der unterschiedlichen Größe verschiedene Konzepte parallel zu spielen. Es ist durchaus vorstellbar, dass wir in einer Stadt wie Hamburg ein neues Konzept testen und das Mainstreamkonzept unverändert mitlaufen lassen. Alle möglichen Konzepte sind denkbar, bis hin zu einer reinen Make-up-Filiale.- Die Frage ist aber doch, ob der Kunde da mitspielt. Wie stellen Sie sicher, dass die Kunden mit einer zu starken Ausdifferenzierung der Filialen nicht vergrault werden?Das ist ein wichtiger Punkt. Wir müssen ganz genau wissen, was Stammkunden und Neukunden wollen. Wir können das gut messen, dank unseres Customer-Relationship-Managements. Das ist das fünfte Element unserer Forwardbeauty-Strategie.- Und bedeutet was?Wir werten unsere Kundendaten aus. War der Bon früher das Entscheidende, können wir heute das Konsumentenverhalten über unsere Beauty-Card ganz genau messen. Wir sehen beispielsweise, ob die Kundin online schon eine Marke in den Warenkorb gelegt hat oder den Kauf schon abgeschlossen hat. Auch das Offline-Kaufverhalten kennen wir. Über die 39 Millionen aktiven Kundenkarten haben wir zahlreiche Daten. Das erlaubt uns, den begrenzten Regalplatz optimal zu bestücken und die Entscheidung zu treffen, welche Marken wir nur online listen.- Wie viel Zeit räumen Sie sich zur Umsetzung der neuen Strategie ein?Das ist ein kontinuierlicher Prozess. Ganz bewusst haben wir mit der Strategie keine Jahreszahl verknüpft.- Gilt die Kontinuität entsprechend auch für die Höhe der außerordentlichen Aufwendungen, die im vorigen Geschäftsjahr auf stolze 174 Mill. Euro hochgelaufen sind?Im abgelaufenen Geschäftsjahr sind die Einmalaufwendungen, die mit dem Strategiewechsel verbunden sind, im Wesentlichen im Marketing und für die Integration und Neuausrichtung der akquirierten Geschäfte und der damit verbundenen Sortimentsbereinigung angefallen. Mit den großen Investitionen wollen wir im Kalenderjahr 2019 durch sein.- Mit welcher Größenordnung ist im laufenden Geschäftsjahr zu rechnen?Für das Geschäftsjahr 2018/19 haben wir als zahlungswirksame Investitionen einen Betrag von 100 bis 120 Mill. Euro angesetzt. Danach soll wieder das Normalniveau von 80 bis 100 Mill. Euro erreicht werden.- Wurde die Restrukturierung im abgelaufenen Turnus abgeschlossen?Die Restrukturierung betraf vor allem die in Spanien akquirierten Bodybell-Filialen. Dort ging es im Wesentlichen um Convenience-Stores, die beispielsweise mit Toilettenartikeln ein völlig anderes Segment bedienten. Von einigen dieser Filialen haben wir uns ganz bewusst getrennt, das verursachte Einmalaufwendungen. Mit diesem Thema sind wir durch.- Dennoch sehen Analysten den hohen Einmalaufwand bei Douglas kritisch. Sie mahnen, dass Douglas Sachverhalte herausrechnet, die eigentlich zum normalen operativen Geschäft eines Einzelhändlers gehören. Sie sagen ja selbst, dass die Modernisierung ein kontinuierlicher Prozess ist. Ab welchem Punkt wird ein Aufwand zum außerordentlichen Aufwand?Das grenzen wir ganz klar ab. Wir hatten im vorigen Geschäftsjahr drei Punkte, die Sonderaufwand darstellten, da sie künftig weder in dieser Größenordnung noch in der Originalität anfallen werden. Der erste Punkt sind die Warenabschreibungen, die zu dem Restrukturierungsthema in Spanien hinzukamen. Mit der Übernahme bekamen wir auch Waren, die wir gar nicht verkaufen wollen. Diese Waren haben wir abgeschrieben. Daneben hatten wir auch im Zusammenhang mit dem neuen Logo und unserer neuen Eigenmarke Einmalaufwendungen. Einen Teil der Eigenmarken-Waren mit dem alten Logo haben wir aus Vorsichtsgründen abgeschrieben, weil wir glauben, dass wir diese über die Zeit nicht verkaufen.- Was kam noch hinzu?Der dritte Punkt hängt mit der Margensituation in Deutschland zusammen. Als CVC Douglas kaufte, bekamen wir aus der Kaufpreiserstallokation einen hohen Goodwill auf das Segment Deutschland allokiert. Dieser derivative Finanzwert muss jährlich einem Werthaltigkeitstest unterzogen werden aus dem im vorliegenden Fall Abschreibungen auf den Geschäftswert erfolgten.- Sie haben zuletzt größere Akquisitionen getätigt. Ist Douglas in Europa jetzt richtig positioniert?Wir fühlen uns sehr gut aufgestellt. Größere Akquisitionen haben wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor.- Angesichts der Höhe der Verschuldung dürften sich größere Akquisitionen ohnehin verbieten.Als Hüter der Liquidität und der Zahlen bin ich an dieser Stelle natürlich konservativ unterwegs. Wir schauen uns sehr genau an, was wir uns leisten können und wollen.- Eine Nettoverschuldung, die sich auf das 5,9-Fache des Ebitda beläuft, ist doch nicht konservativ.Zum Erwerbszeitpunkt lag unser Leverage bei über 6. Wir haben also schon einen Teil zurückgeführt. Die hohe Verschuldung haben wir für die Akquisitionen in Italien und Spanien bewusst in Kauf genommen, um unser klares Ziel Nummer eins oder zwei in all unseren Märkten zu sein, zu erreichen. Jetzt ist unser Portfolio viel besser austariert. Das Segment Südwesteuropa bringt es jetzt auf einen Umsatz von 1 Mrd. Euro, in Frankreich machen wir knapp 800 Mill. Euro und in Osteuropa um die 300 Mill. Euro.- Wie sieht es bei den Anleihen mit den Covenants aus?Wir haben keine Covenants. Erst, wenn wir die zusätzlich vereinbarte, revolvierende Kreditlinie ziehen wollten, gäbe es außerordentliche Kündigungsrechte bei Überschreiten vorab festgelegter Grenzwerte.- Das Wettbewerbsumfeld hat sich für Douglas gerade im Heimatmarkt verändert. Der französische Marktführer und Wettbewerber Sephora macht Ihnen auch hierzulande Konkurrenz. Wie gehen Sie damit um?Wir beobachten die Entwicklung von Sephora natürlich ganz genau. Momentan spielt sich der Wettbewerb noch auf einem sehr überschaubaren Niveau ab. In anderen Ländern haben wir andere Wettbewerber, die für uns wesentlich relevanter sind.- Im Online-Handel sehen Sie sich auch anderen Wettbewerbern gegenüber. Wer ist hier der gefährlichste Konkurrent?Durch die selektiven Distributionsverträge sind Plattformen wie zum Beispiel Amazon eher mit Blick auf kleine Nischenmarken oder im Re-Selling relevant. Was wir sehr wohl sehen, sind Pure Player in einzelnen Märkten. In Deutschland ist das beispielsweise Flaconi. Die sind aber vom Sortiment und von der Kundenansprache völlig anders positioniert. Bei uns stehen Service- und Beratungskompetenz, Kundenbindung, und Langfristigkeit im Vordergrund und weniger der Wettbewerb über den Preis.- Grund für die Übernahme von Akzente war deren Online-Marke Parfumdreams. Warum braucht Douglas zwei Online-Marken?Das ist für uns eine Chance. Mit einer Zwei-Marken-Strategie und einer unterschiedlichen Positionierung wollen wir unterschiedliche Kundengruppen ansprechen. Das ist für uns entscheidend. Wir haben uns das Kundenportfolio von Parfumdreams sehr genau angeschaut. Die Schnittmenge unserer Kunden, die sowohl bei Douglas als auch bei Parfumdreams kaufen, liegt nur bei 30 %. Zugleich heben wir im Back Office Synergien.Das Interview führte Annette Becker.