Healthineers dämpft Hoffnung auf Atellica

Siemens-Tochter verfehlt Auslieferungsziel für Labordiagnostik-Plattform - Andere Sparten sollen die Scharte auswetzen

Healthineers dämpft Hoffnung auf Atellica

Siemens Healthineers streicht die Auslieferungsziele 2019 und 2020 für die Labordiagnostik-Plattform Atellica und setzt Vorstandsmitglied Michael Reitermann vor die Tür. Vorstandschef Bernd Montag begründet die Probleme mit Schwächen auf dem US-Markt und führt die Sparte künftig selbst. Die übrigen Geschäfte gleichen die niedrige Profitabilität aus, so dass Healthineers an der Prognose 2018/2019 festhält.mic München – “Im Diagnostik-Geschäft müssen und werden wir uns verbessern”: Dies versprach der Vorstandsvorsitzende von Siemens Healthineers, Bernd Montag, bei Vorlage der Zahlen zum dritten Quartal (30. Juni). Die Marge der Sparte sank von 10,9 % auf 7,5 %, weil die Anlaufkosten für die neue Labordiagnostik-Plattform Atellica Solution höher ausfallen als geplant und zudem der Neugeräte-Absatz im US-Markt niedrig ist. Nach neun Monaten blieben nur 9,1 % hängen.Der verantwortliche Vorstand Michael Reitermann verlässt Siemens Healthineers zum 30. September. Montag übernimmt dann die operative Verantwortung für die Sparte (siehe Bericht auf der Personen-Seite).Montag strich heraus, dass sein Unternehmen weiter auf Wachstumskurs sei. Im dritten Quartal legten die Erlöse auf vergleichbarer Basis um 6 % zu, getrieben von der Sparte Bildgebende Systeme (8 %). Prognose präzisiertFinanzvorstand Jochen Schmitz präzisierte die Prognose für das laufende Geschäftsjahr 2018/2019. Er erklärte, der vergleichbare Umsatz werde mit 4,5 % bis 5 % eher am oberen Ende der bisher kommunizierten Bandbreite von 4 % bis 5 % zulegen. Die neue Vorgabe ist in Griffweite, denn in den ersten neun Monaten stiegen die Erlöse um 5 %.Die bereinigte Ergebnismarge lande eher am unteren Ende der Bandbreite von 17,5 % bis 18,5 %, sagte Schmitz. Der erwartete leichte Rückenwind durch veränderte Währungsrelationen bleibe aus. Nach neun Monaten wurden nur 16,5 % erreicht. Im dritten Quartal sackte die Marge sogar von 16,0 % auf 15,2 % und damit auf den niedrigsten Wert seit dem Börsengang ab. Jedoch ist das vierte Quartal traditionell sehr margenstark. Im Vorjahr wurden 18,2 % erreicht, ohne negative Währungseffekte wären es gut 20 % gewesen.Die Aktie reagierte mit einem Kurssprung auf die Quartalszahlen. Der Kurs zog im Tagesverlauf stärker an und schloss den Xetra-Handel mit einem Plus von 5,5 % auf 37,69 Euro. Das Papier erreichte damit fast das Niveau vor dem Kurssturz Mitte Juli, mit dem der Markt auf informell verbreitete Informationen über Atellica-Probleme reagierte. Die Kursreaktion honorierte auch, dass die niedrige Steuerquote (24 % nach 32 % im Vorjahr) und niedrigere Zinszahlungen das Ergebnis pro Aktie im dritten Quartal um 22 % auf 0,35 Euro steigen ließen. Im Gesamtjahr soll das Plus 20 % bis 30 % betragen.Siemens Healthineers will nach eigenen Angaben im November neue Ziele für das Jahr 2025 vorstellen. Montag deutete an, dass die Latte bei den beiden erfolgreichen Sparten Bildgebung und Neuartige Therapien hochgelegt werden könnte, um die unerwartet niedrige Profitabilität der Diagnostik-Einheit auszugleichen: “In toto bin ich sehr zuversichtlich, dass wir unsere Mittelfristziele erreichen.” Er sprach zudem davon, die Markterwartungen über Umsatz und Gewinn würden in den nächsten Jahren getroffen. Zudem ließ Montag erkennen, dass Siemens Healthineers von Auslieferungszielwerten für die Atellica-Plattform abrücken und stattdessen Umsatzgrößen ins Zentrum rücken könnte. Probleme in den USAIm laufenden Jahr werde Siemens Healthineers nur 1 800 Atellica-Plattformen ausliefern statt der anvisierten 2 200 bis 2 500, sagte Montag. Auch von dem Ziel, bis Ende September 2020 rund 7 000 Einheiten installiert zu haben, rückte Montag ab. Seit Oktober 2017 seien 2 230 Geräte ausgeliefert, davon sei die Hälfte in Betrieb, sagte Schmitz.Der Hauptgrund für das Verfehlen der selbstgesetzten Ziele sei die Underperformance in Nordamerika, sagte Montag: “In den USA liegt die Geschäftsentwicklung unter unseren Erwartungen.” Dort erwirtschafte Siemens Healthineers rund 40 % der Labordiagnostik-Erlöse. Jedoch habe man sich zu stark um die Pflege des Reagenzien-Verkaufs gekümmert, statt Atellica-Neugeräte zu verkaufen: “Das ist ein Thema, wo wir vertrieblich besser und bissiger werden.” Wie im Basketball müsse man von Defensive auf Offensive umschalten. Man habe Wechsel im Management vorgenommen. Die Schlussfolgerung von Montag: “Ich glaube fest an Atellica.” Der Neukunden-Anteil sei aktuell fast doppelt so hoch wie ursprünglich geplant.Die eingeplanten Anlaufkosten für Atellica hätten in den ersten drei Quartalen die Marge um 1,5 bis 2,0 Prozentpunkte gesenkt, sagte Schmitz. Bezogen auf einen Umsatz von 3,0 Mrd. Euro entspreche dies Sonderkosten von bis zu 60 Mill. Euro. Im dritten Quartal seien 10 Mill. Euro hinzukommen für ein Software-Update, das die Performance von Atellica stabilisieren solle.