Heißer Ritt
Keine zwei Monate ist es her, als der Online-Modehändler Zalando seine Investoren mit einer Gewinnwarnung verschreckte. Die Jahresprognose für den operativen Gewinn wurde auf 150 Mill. bis 190 Mill. Euro gestutzt. Zuvor hatte das Management den Ertragsausblick bereits an das untere Ende der alten Zielspanne von 220 Mill. bis 270 Mill. Euro zurückgeführt. Damit schien es, als seien die enttäuschenden Nachrichten bekannt. Doch weit gefehlt. Nach Bekanntgabe der Zahlen für das dritte Quartal nehmen Anleger abermals Reißaus. Diesmal ist es vor allem der unter den Markterwartungen liegende Umsatzanstieg, der für Ernüchterung sorgt.Es greift zu kurz, die enttäuschende Geschäftsentwicklung vor allem mit dem heißen und langen Sommer zu erklären, der im gesamten Modesektor die Kauflust gedämpft hat. Auch der Bekleidungskonzern Hugo Boss blieb davon nicht verschont. Vielmehr wirft der abermalige Kursrutsch – seit dem Juli-Hoch hat die Zalando-Aktie 37 % ihres Werts verloren – die Frage auf, wie weit die Wachstumsvision langfristig trägt. Der Ertragstrend sieht seit geraumer Zeit ernüchternd aus. Die Margen stehen unter erheblichem Druck. Im dritten Quartal fielen in bereinigter Rechnung sogar 39 Mill. Euro Verlust vor Zinsen und Steuern an. Auch im kommenden Jahr soll die Expansion Vorrang haben vor der Profitabilität. Eine Strategie, die einem heißen Ritt gleicht. Denn bleiben die erhofften Wachstumsschübe aus, lassen Investoren die Aktie erneut fallen. Umso wichtiger ist es, dass der Konzern stärker auf seine Erträge achtet.Zu schaffen machen Zalando nicht zuletzt die Veränderungen im Bestellverhalten. Gerade junge Kunden kaufen zunehmend mit ihrem Smartphone oder anderen mobilen Endgeräten ein. Das führt zwar zu mehr Bestellungen, aber der Wert je Order sinkt. Pro Einkauf geben Kunden also weniger Geld aus. Das belastet die Rendite, weil die Logistikkosten überproportional zum Umsatz steigen.In Italien will Zalando nun mit der Einführung eines Mindestbestellwerts von 25 Euro für die kostenfreie Zustellung gegensteuern. In vielen Fällen dürften solche Untergrenzen dazu führen, dass Kunden woanders einkaufen. Andere Abnehmer könnten aber ihren Bestellwert über die Mindestschwelle erhöhen, um die Versandkosten zu sparen. Es wird interessant sein zu sehen, wie die Kunden im Durchschnitt reagieren. Insofern fungiert Italien als Testlabor für den Konzern, der in anderen Ländern bisher keine Versandkosten in Rechnung stellt.