Massiver Kursverlust

Hellofresh bricht nach Zielsenkung ein

Nachdem Hellofresh seine Ziele kassieren musste, ist die Aktie am Freitag um mehr als 40% eingebrochen. Analysten sehen Probleme bei der Glaubwürdigkeit des Managements.

Hellofresh bricht nach Zielsenkung ein

Hellofresh bricht nach korrigierter Prognose ein

Mittelfristziele nur "unwahrscheinlich" zu erreichen – Analysten sehen Glaubwürdigkeitsproblem

dpa-afx Frankfurt

Nach dem Rückzug der Ziele durch Hellofresh haben viele Investoren am Freitag die Reißleine gezogen. Am Donnerstagabend hatte Hellofresh in Berlin mitgeteilt, dass die Mittelfristziele unwahrscheinlich zu erreichen seien. Eine neue Mittelfristprognose oder eine Angabe, wann die bislang für 2025 genannten Ziele erreicht werden sollen, gab es nicht. Analysten sprechen von einem weiteren Schlag für die Glaubwürdigkeit des Managements, nachdem es bereits im November mit einer Gewinnwarnung eine große Enttäuschung gegeben hatte.

Das bisher für 2025 gesetzte operative Margenziel dürfte erst langfristig greifbar sein. "Wir werden unsere bereinigte Marge ab dem ersten Quartal 2024 künftig nicht mehr vierteljährlich veröffentlichen", sagte Finanzchef Christian Gärtner zudem am Freitag in einer Telefonkonferenz mit Analysten. Anlegern schmeckten die Nachrichten gar nicht. Der Kurs der Hellofresh-Aktie brach am Freitag um mehr als 40% auf Werte um 6,35 Euro ein.

Hellofresh erwartet weniger operativen Gewinn

Bislang hatte sich Konzernchef Dominik Richter bis 2025 einen Umsatz von 10 Mrd. Euro auf die Fahne geschrieben. 10% davon sollten als operatives Ergebnis (bereinigtes Ebitda) hängenbleiben. Daraus dürfte allerdings nichts mehr werden, denn bereits für das laufende Jahr schwächelt das Geschäft. 2024 wird der bereinigte operative Gewinn nach Unternehmensangaben voraussichtlich auf 350 bis 400 Mill. Euro einbrechen. Bereits 2023 war diese Kennzahl vorläufigen Angaben zufolge von 477 auf 448 Mill. Euro zurückgegangen.

Konzernchef Dominik Richter baut weiter auf den Hoffnungsträger Ready-To-Eat, das Segment rund um verzehrfertige Mahlzeiten, als zweites Standbein zu dem Hauptgeschäft mit Kochboxen. Früheren Angaben zufolge soll die Fertigessen-Sparte bis 2025 die größte des Unternehmens werden. Am Donnerstagabend verdeutlichte Hellofresh, dass dieser Bereich im Vergleich zum Vorjahr um 50% gewachsen sei. Wegen der erwarteten starken Nachfrage will Richter die Produktionskapazitäten ausbauen.

Für den einstigen Umsatztreiber Kochboxen sieht es hingegen mau aus: "Derzeit" verzeichnet Hellofresh nach eigenen Angaben einen Umsatzverlust im hohen einstelligen Prozentbereich. Im Laufe des Jahres soll die Absatz- und Umsatzlücke zunehmend kleiner werden, ganz kompensieren lässt sich die Delle aber anscheinend nicht.

Marketingausgaben drücken die Margen

Das Unternehmen führe den Margendruck auf Kosten für neue Produktionsstätten und Marketing zurück sowie darauf, dass wegen eines geringeren Absatzes der Fixkostenanteil je Kochbox steige, schrieb Analyst William Woods von Bernstein Research in einer ersten Reaktion. Für ihn ist die Entwicklung aber auch ein Zeichen für den Druck auf das Geschäftsmodell an sich. So hänge das Wachstum von stark vergünstigten Werbeangeboten ab.

Analystin Emily Johnson von der britischen Barclays Bank sieht die gekappten Ziele als eine neuerliche Enttäuschung, nachdem das Hellofresh-Management im November bereits für 2023 zurückgerudert war. So liege der Unternehmensausblick für den bereinigten operativen Gewinn im Jahr 2024 nun um mehr als ein Drittel unter der durchschnittlichen Markterwartung. Analyst Simon Baker von der französischen Großbank Société Générale schrieb: "Die Glaubwürdigkeit der Konzernprognosen ist ernsthaft beschädigt."

Die Glaubwürdigkeit der Konzernprognosen ist ernsthaft beschädigt.

Simon Baker, Analyst, Société Générale

Das Management habe vor nicht allzu langer Zeit betont, dass die Probleme nur vorübergehender Natur seien und keinen großen Einfluss auf 2024 haben würden – und nun diese Senkung der Gewinnziele. Baker bezweifelt, dass Hellofresh das Vertrauen seiner Investoren in der nächsten Zeit wiedergewinnen kann.

Grund der Prognosekappung im November waren Probleme im wichtigsten Einzelmarkt USA gewesen. In Arizona verzögerte sich das Hochfahren der neuen Produktionsstätte, in der Fertiggerichte produziert werden sollen. Damals war der Aktienkurs binnen eines Tages um mehr als 22% eingebrochen. Mit dem Kurseinbruch am Freitag steigt der Verlust seit der Warnung im November auf 67%. Der Börsenwert von Hellofresh schmolz auf weniger als 1,2 Mrd. Euro.

Essenslieferanten wie Hellofresh hatten während der Hochphase der Corona-Pandemie noch zu den Lieblingen der Anleger gezählt. Entsprechend war der Aktienkurs nach oben geschossen, von weniger als 10 Euro vor der Pandemie bis auf fast 100 Euro im November 2021. An die Börse gegangen war Hellofresh gegen Ende 2017 mit einem Ausgabepreis von 10,25 Euro je Anteilschein.