Kochboxen

Hellofresh schockt Investoren mit Gewinnwarnung

Bei Hellofresh nehmen Anleger Reißaus. Denn der Kochboxenversender senkt seine Jahresprognose. Gründe sind Probleme in den US-Werken für Fertiggerichte und eine schwache Kundenakquisition.

Hellofresh schockt Investoren mit Gewinnwarnung

Hellofresh schockt Investoren mit Gewinnwarnung

Verzögerungen beim Hochfahren des neuen Fertiggerichte-Werks in Arizona – Kundenakquisition enttäuscht

hek Frankfurt

Mit einer völlig unerwarteten Prognosesenkung hat der Kochboxenanbieter Hellofresh seine Aktie auf Talfahrt geschickt. Am Donnerstag stürzte das im MDax vertretene Wertpapier im Handelsverlauf um 23% ab. Damit lösten sich rund 800 Mill. Euro Börsenwert in Luft auf. Vor drei Wochen hatte das Berliner Unternehmen seinen Jahresausblick noch bestätigt.

Diese Aussage ist gut sechs Wochen vor Geschäftsjahresende nicht mehr zu halten. Statt 470 Mill. bis 540 Mill. Euro rechnet Hellofresh nur noch mit 430 Mill. bis 470 Mill. Euro adjustiertes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda). Analysten hatten bisher im Mittelwert 495 Mill. Euro auf dem Zettel. Diese Schätzung wird, bezogen auf die Mitte der neuen Guidance, um 9% verfehlt.

Analyst vermutet strukturelles Problem

"Nicht das vierte Quartal, das wir erwarteten hatten", konstatiert Deutsche-Bank-Analystin Nizla Naizer. Es sei schwer zu glauben, dass die Gründe für die Kappung der Ziele nicht schon vor einigen Wochen vor der Quartalsbilanz vorhersehbar gewesen seien, moniert William Woods von Bernstein Research. Das Management habe zugegeben, dass das US-Kochboxengeschäft schwächele, wenngleich es die Probleme als größtenteils vorübergehend ansehe. Der Analyst, der die Aktie mit "Underperform" einstuft, glaubt aber, dass eher ein strukturelles Problem vorliegt. Der Markt sei bereits stark durchdrungen, Kunden wechselten häufig, und die Nutzererfahrung sei eher schwach. Das Geschäftsmodell insgesamt gestalte sich schwierig, was sich laut Woods auch 2024 zeigen dürfte.

Verzögerungen im neuen US-Werk

Die Prognosesenkung geht auf eine enttäuschende Entwicklung im Kernmarkt Nordamerika zurück, der zwei Drittel der Erlöse und gut die Hälfte der Kunden stellt. Die Umsatzzuwächse im vierten Quartal seien bisher etwas geringer und die Kosten höher als erwartet, teilte Hellofresh am Mittwochabend mit. Dahinter steht zum einen die schwache Akquisition neuer Kunden in den USA in den wichtigen Wochen vor Thanksgiving. Zum anderen hakt es in der Fertigung. So hat sich das Hochfahren der Produktion im neuen Werk für fertig zubereitete Mahlzeiten in Arizona verzögert. Ursache seien vorübergehende Engpässe in der Wasserversorgung und beim Personal. Das Werk war im September in Betrieb gegangen. Außerdem hätten die für Ende Oktober geplanten Wartungsarbeiten in der Produktionsstätte für Fertiggerichte in Illinois länger gedauert als angenommen. Die "Ready to eat" genannte Fertigessenschiene gilt als große Wachstumshoffnung des Konzerns.

"Weitgehend gelöst"

Die Probleme in den beiden Werken seien inzwischen "weitgehend gelöst", versichert Hellofresh. Allerdings werde der Ergebnisbeitrag geringer ausfallen als geplant. Auch werde die Zahl der aktiven Kunden im laufenden Quartal "etwas niedriger" sein als ursprünglich angenommen. Das schlägt sich in der Umsatzprognose für 2023 nieder, denn Hellofresh senkt die Obergrenze für das erwartete Erlöswachstum in konstanten Wechselkursen von bisher 8% auf 5%. Die Untergrenze bleibt bei 2%. Das Management stuft die Schwierigkeiten ausdrücklich als vorübergehend ein. Daher werden "keine materiellen Auswirkungen" auf die Prognose für 2024 erwartet.

Der Geschäftsverlauf in den Ländern außerhalb Nordamerikas, die im Segment International zusammengefasst sind, entspreche mit Blick auf Umsatz und Ergebnis im vierten Quartal den Planungen, heißt es weiter.

Seit zwei Monaten abwärts

Die Hellofresh-Aktie bewegt sich bereits seit Mitte September steil abwärts. Binnen zwei Monaten hat sich die Notierung halbiert. Zur Präsentation der Zahlen des dritten Quartals hatte Hellofresh bereits mit der rückläufigen Kundenzahl enttäuscht. Diese war im Vergleich zum Vorjahr um 5,9% auf 7,07 Millionen geschrumpft. Das im November 2011 gegründete Unternehmen bekommt zu spüren, dass viele Menschen nach Überwindung der Corona-Pandemie lieber auswärts essen gehen, als daheim die in den Kochboxen gelierten Zutaten für Gerichte selbst zuzubereiten.

CEO und Mitgründer Dominik Richter hob damals hervor, dass sich das sequenzielle Wachstum beschleunige. Der September sei stärker gewesen als der August, der Oktober laufe noch besser. Bis Jahresende werde eine kontinuierliche Verbesserung erwartet.

Wertberichtigt Seite 2