Hertz kämpft ums Überleben

Weltweit größter Autovermieter einigt sich mit Gläubigern auf Aufschub - Konkursantrag droht

Hertz kämpft ums Überleben

Hertz droht die Pleite. Dem mit 13 Mrd. Dollar verschuldeten Autovermieter geht das Geld für die Zahlung der Leasingraten aus. Die Restwerte der riesigen Autoflotte schrumpfen. Jetzt braucht der einstige Branchenprimus Zugeständnisse der Gläubiger. In letzter Minute haben diese Aufschub bis zum 22. Mai gewährt.cru Frankfurt – Nach der Flugzeugindustrie geraten nun auch die Autovermieter verstärkt unter Druck. Beinahe wäre Hertz – der mit rund 10 Mrd. Dollar Umsatz, 12 000 Stationen und 568 000 Fahrzeugen weltweit größte Autovermieter – gezwungen gewesen, einen Konkursantrag zu stellen. Erst in letzter Minute hat das schon lange angeschlagene Unternehmen nun mit den Gläubigern einen Pakt geschlossen. Sie geben Hertz mehr Zeit für eine Umschuldung und gewähren einen Aufschub für die Zahlung der Leasingraten, die das Unternehmen versäumt hat.Die Unterlassungs- und Verzichtserklärungen geben dem 102 Jahre alten US-Traditionsunternehmen bis zum 22. Mai Zeit, “eine Finanzierungsstrategie und -struktur zu entwickeln, die die wirtschaftlichen Auswirkungen der globalen Covid-19-Pandemie besser widerspiegelt”, erklärte Hertz in einem behördlichen Antrag nach schwierigen Verhandlungen mit den Gläubigern. Die Frist für die ausstehenden Zahlungen, die bei 500 Mill. Dollar liegen sollen, war eigentlich am 4. Mai abgelaufen. Der Kurs der Hertz-Aktie war am Dienstag vor Handelsbeginn in New York zeitweise um 36 % auf 2,31 Dollar gefallen, grenzte dann aber die Verluste auf 11 % ein. Der Börsenwert des Konzerns hat sich seit dem 26. März halbiert auf 500 Mill. Dollar. Zum Vergleich: Der nicht an der Börse notierte Konkurrent Avis wird mit 1 Mrd. Dollar bewertet. Haupteigentümer von Hertz ist der aktivistische Investor Carl Icahn mit 39 %, der 2014 eingestiegen war.Das angeschlagene Unternehmen, das seit Anfang 2017 von der ehemaligen General-Electric-Managerin Kathryn Marinello als CEO geführt wird, schreibt wegen sinkender Mieterlöse seit drei Jahren Verlust. Im November 2018 hatte der deutsche Konkurrent Sixt ein angebliches Interesse an einer Übernahme von Hertz dementiert. Restwerte schrumpfenAuch gesunkene Verkaufspreise für die gebrauchte Flotte setzten Hertz schon länger zu. Die weitreichenden Reisebeschränkungen im Zusammenhang mit dem Ausbruch von Covid-19 und dem globalen wirtschaftlichen Stillstand haben die Einnahmen im Mietwagengeschäft in jüngster Zeit um geschätzt 80% einbrechen lassen.Im April sind die Markt-Restwerte der 500 000 Mietautos von Hertz bereits um 18% gefallen. Das wirkte sich verheerend aus, weil die Flotte als Pfand für 13 Mrd. Dollar Schulden dient und der Wertverfall in Bargeld ausgeglichen werden musste. Zudem verbrennt Hertz in einer Zeit ohne nennenswerten Umsatz rund 200 Mill. Dollar im Monat. Der Cash-Bestand vor Ausbruch der Krise lag aber bei nur 1 Mrd. Dollar.Während Hertz noch im März das Angebot eines frischen Bankkredits über 400 Mill. Dollar zu 12 % Zinsen abgelehnt hatte, aber Entlassungen startete, hat der französische Konkurrent Europcar gerade einen Staatskredit über 300 Mill. Euro in Anspruch genommen. Auch der Hertz-Konkurrent Avis besorgte sich frühzeitig einen 750-Mill.-Dollar-Kredit von J.P. Morgan. In den USA kontrollieren die drei Anbieter Enterprise, Hertz und Avis 95 % des Marktes. In Europa, wo die Struktur deutlich fragmentierter ist, kommen die fünf größten – Europcar, Avis, Sixt, Enterprise und Hertz – auf 65 %.Zwar hat die US-Regierung einen Rettungsfonds in Höhe von 50 Mrd. Dollar für Fluggesellschaften aufgelegt, nicht jedoch für Autovermieter wie Hertz. Das in Estero, Florida, ansässige Unternehmen hat mit Gläubigern über Erleichterungen verhandelt sowie mit dem US-Finanzministerium über die Möglichkeit eines Rettungspakets. Aber angesichts der desolaten Nachfrage, einer zu großen Flotte und sinkender Preise für Gebrauchtwagen fehlt Hertz offenbar die Liquidität, um bis zur Markterholung durchzuhalten. Ehemalige Ford-TochterNoch im Jahr 2000 war Hertz ein 100-prozentiges Tochterunternehmen von Ford. Doch im September 2005 verkaufte der Autohersteller Hertz für 15 Mrd. Dollar an die Finanzinvestoren Clayton Dubilier & Rice, Carlyle sowie Merrill Lynch Global Private Equity. Damals wurde dem Unternehmen ein großer Teil des Kaufpreises als Schulden aufgebürdet. Seit November 2006 war Hertz wieder börsennotiert und übernahm 2010 für 1,2 Mrd. Dollar den Konkurrenten Dollar Thrifty.