Hitachi gibt britisches Atomkraftprojekt auf

Aktie springt hoch - Japaner müssen Ausstiegskosten von bis zu 2,4 Mrd. Euro in Wales verkraften

Hitachi gibt britisches Atomkraftprojekt auf

mf Tokio – Der japanische Mischkonzern Hitachi steigt nach einem Bericht der Finanzzeitung “Nikkei” aus seinem Mega-Atomkraftprojekt in Großbritannien aus und verbucht einen Verlust von bis zu 300 Mrd. Yen (2,4 Mrd. Euro). Alle Arbeiten inklusive Design und Bauvorbereitung für zwei Atomkraftwerke in Wylfa Newydd auf der walisischen Insel Anglesey würden eingestellt. Der Verwaltungsrat wird wohl am Donnerstag entscheiden, ob die Vermögenswerte eingefroren und abgeschrieben werden. Nach dem Bericht sprang die Hitachi-Aktie um 8,6 % nach oben.Vorstandschef Toshiaki Higashihara hatte zuletzt am 17. Dezember beteuert, man habe sich noch nicht entschieden. Dies wurde von einem Hitachi-Sprecher bekräftigt. Doch der Verlust zwischen 200 Mrd. und 300 Mrd. Yen soll laut dem Nikkei-Bericht noch in diesem Finanzjahr, das bis Ende März läuft, in die Bilanz wandern. Bereits im März 2018 hatte Hitachi die Ausstiegskosten auf 270 Mrd. Yen geschätzt. Hitachi hatte das Atomprojekt 2012 erworben, aber nach einer Explosion der Kosten um die Hälfte auf rund 24 Mrd. Euro im Vorjahr kalte Füße bekommen. Im Frühjahr 2018 überzeugte Hitachi-Chairman Hiroaki Nakanishi die britische Premierministerin Theresa May, rund zwei Drittel der Kosten zu übernehmen. Den Rest wollten sich Hitachi sowie je ein britisches und japanisches Konsortium aus privaten Firmen und staatlichen Geldgebern teilen. Doch in Japan fanden sich keine Investoren.Der Rückzug von Hitachi wäre ein schwerer Schlag für die Energiestrategie der britischen Regierung, die auf den Ausbau der Atomkraft mit einem aktuellen Anteil von 22 % am Strommix setzt. Schließlich wäre dies der zweite Rückzug eines japanischen Betreibers innerhalb von zwei Monaten. Im November hatte Toshiba sein britisches AKW-Vorhaben Moorside in der Grafschaft Cumbria aufgegeben. Die Toshiba-Tochter Nugeneration wird abgewickelt, weil sich kein Käufer fand. Niederlage für Shinzo AbeDer Doppelrückzug ist auch eine Niederlage für Japans Premierminister Shinzo Abe, der sich trotz Fukushima-Katastrophe persönlich für den Export japanischer Atomanlagen engagiert hatte. Doch alle von ihm geförderten Deals sind inzwischen mehr oder weniger geplatzt. Estland erteilte Hitachi vor zwei Jahren einen AKW-Auftrag, aber das Projekt liegt auf Eis. 2016 wurde ein bereits genehmigtes japanisches AKW von der Regierung in Vietnam storniert. Im Vorjahr wurde ein Reaktorprojekt von Mitsubishi Heavy Industries und Framatome in der Türkei wegen überhöhter Kosten gestoppt.