Hunting-Line im Konsortialkredit
Gastbeitrag
Hunting-Line im Konsortialkredit
Von Johannes Schmittat und Nicole Leder
Wirtschaftlich herausfordernde Zeiten wie aktuell bieten Unternehmen die Chance, Konkurrenten zu attraktiven Preisen zu erwerben, da diese krisenbedingt unterhalb ihres langfristigen Wertes gehandelt werden. Zwar reduzieren Verkäufer ihre Preiserwartungen erst mit einem zeitlichen Verzug, so dass sich die Krise im Jahr 2022 noch nicht unmittelbar in gesunkenen Kaufpreisen widerspiegelte. Für 2023 rechnen Experten jedoch mit rückläufigen Preisen.
Dieser Trend wird befeuert durch eine Zurückhaltung der Investoren vor allem aufgrund fehlender finanzieller Handlungsspielräume. Unternehmen halten vorhandene Mittel zurück, um zunächst den internen operativen Herausforderungen begegnen zu können. Finanzinvestoren sind auf Fremdfinanzierungen angewiesen und sehen sich Banken und Debt Funds gegenüber, die bei der Neukreditvergabe deutlich selektiver agieren.
Letztere konnten im vergangenen Jahr bei ausreichend weitgefasstem Mandat am Sekundärmarkt attraktive Renditen erzielen, was ihr Interesse an Neufinanzierungen deutlich limitiert hat.
Bei Private Equity etabliert
Von dieser Situation profitieren Unternehmen, die sich frühzeitig den Zugang zu ausreichenden Finanzierungsmitteln gesichert haben, beispielsweise indem sie bei ihren Banken eine Kreditlinie für Akquisitionen abgeschlossen haben. Eine solche Hunting-Line ist eine revolvierende Kreditlinie, die im Verwendungszweck explizit für Unternehmenskäufe freigeschaltet wurde.
Dieses bei Finanzinvestoren im Rahmen ihrer Buy-and-Build-Strategie bereits etablierte Produkt findet zunehmend auch Eingang in die Finanzierungsstrukturen von Unternehmen ohne Private-Equity-Beteiligung. Eine Hunting-Linie wird üblicherweise als weitere Fazilität in bestehende Konsortialkredite integriert. Selbstverständlich lassen sich Banken ihre Kreditzusage zur Deckung ihrer kalkulatorischen Eigenkapitalunterlegungskosten bezahlen, das heißt, es fällt abhängig von der Höhe der zunächst ungezogenen Hunting-Line eine Bereitstellungsprovision an. Diese Provision liegt jedoch mit 30 bis 35% der gültigen Zinsmarge deutlich unterhalb der Finanzierungskosten, die für ein gleichrangiges, gezogenes Darlehen anfallen würden.
Verwendung eingeschränkt
Auch wollen die Banken sicherstellen, dass bei Investitionen aus Mitteln der Hunting-Line dem Risikoprofil des Kreditinstituts Rechnung getragen wird, weshalb die Verwendung regelmäßig auf Akquisitionen einer gewissen Größenklasse sowie auf zulässige Branchen und Regionen eingeschränkt wird. Vorausschauend sollten hierbei die Wachstumspläne des Unternehmens berücksichtigt werden und Strukturierungsoptionen wie Minderheitsbeteiligungen und Joint Ventures mit einfließen.

Eine gut strukturierte Hunting-Line bietet allerdings nicht nur Zugang zu einer Akquisitionsfinanzierung, sie kann gleichzeitig auch durch entsprechende Regelungen in der Kreditdokumentation sicherstellen, dass fremdfinanzierte Übernahmen nicht etwa zu Brüchen der Finanzkennzahlen und auf diese Weise zu einer Beschränkung des Handlungsspielraums führen. So kann die Einführung eines Spike-Konzepts, bei dem für vier bis sechs Quartale nach einer Akquisition die geltenden Grenzwerte der Finanzkennzahlen ausgeweitet werden, ausreichend zeitlichen Spielraum für die Integration des erworbenen Geschäftsbetriebes bringen.
Pro-forma-Betrachtung anstellen
Auch sollte in der Definition der Finanzkennzahlen stets eine Pro-forma-Berücksichtigung des Ergebnisbeitrages der akquirierten Gesellschaft angelegt werden. So wird nach erfolgter Transaktion die Neuverschuldung unmittelbar in voller Höhe in der Konzernbilanz berücksichtigt, erhöht also den Nettoverschuldungsgrad, während der Ergebnisbeitrag erst sukzessive nach Erwerb in das Konzernergebnis einfließt.
Durch eine Pro-forma-Berücksichtigung der operativen Ergebnisse der vergangenen zwölf Monate lässt sich die Diskrepanz bei der Berechnung der Finanzkennzahlen vermeiden: Der Ausweitung der Verschuldung steht also ein entsprechender Ergebnisbeitrag gegenüber und der Nettoverschuldungsgrad wird geglättet.

Vor allem bei einem Erwerb margenschwacher oder sogar verlustbringender Geschäftsbetriebe sollen durch die erfolgreiche Integration in den eigenen Konzern üblicherweise Kostensynergien erzielt werden. Ein Hunting-Line-Konzept kann dieser Erwartung Rechnung tragen, indem Kostensynergien pro-forma in die Berechnung der Finanzkennzahlen einfließen, wobei es üblicherweise zu einer Beschränkung der zu berücksichtigenden Synergieeffekte auf 15 bis 20% des Konzern-Ebitda kommt.
Ähnlich dem Spike-Konzept ist auch die Berücksichtigung kalkulatorischer Synergieeffekte zeitlich auf vier bis sechs Quartale begrenzt. Innerhalb dieses Zeitraums müssen die Effekte dann also tatsächlich realisiert werden, um nachhaltig positiv auf die Finanzkennzahlen zu wirken. Generell akzeptieren Banken im Rahmen von Akquisitionen eine temporäre Ausweitung der Konzernverschuldung, sie erwarten gleichzeitig aber auch die zeitnahe Entschuldung des Unternehmens und eine Rückkehr zu den ursprünglichen Verschuldungsgraden. Diese Erwartungshaltung spiegelt sich nicht nur in der zeitlichen Befristung des Spike-Konzepts wider.
Üblicherweise wird in Kreditverträgen eine Entschuldung durch eine reduzierte Zinsmarge honoriert. Bei einem Hunting-Line-Konzept wird das sogenannte Margengitter ausgeweitet, so dass es bei einer Erhöhung des Verschuldungsgrades durch Zukäufe zu einer Zinserhöhung kommt und der Anreiz für eine zeitnahe Entschuldung wächst.