Im Reich der Mitte hat Toyota den Dreh raus
nh Schanghai – Toyota gehört zu den wenigen Autokonzernen, die es sich bislang haben leisten können, das China-Geschäft und damit die Erschließung des weltgrößten Automarktes mit einer gewissen Gelassenheit anzugehen. Für die Japaner haben sich außerhalb des großen Heimatmarktes bislang vor allem die USA als mit Abstand wichtigste Spielwiese dargestellt. Mit der legendären Camry-Serie bei Limousinen und einer starken Stellung bei Pick-up-Fahrzeugen sind die USA das Maß der Dinge im Auslandsgeschäft und kommen für gut ein Drittel der Konzernumsätze auf.Zeitgleich mit verschärften handelspolitischen Anspannungen, die Misstöne zwischen Japan und USA hervorrufen, aber China und Japan näher zusammenbringen, hat sich das Blatt ein wenig gewendet. In den USA hat der Camry plötzlich einen schweren Stand, während die Premium-Fahrzeugmarke Lexus einen regelrechten Einbruch erlebt hat. Ganz anders die Situation in China. In einem abbröckelnden Markt, der die erste Schrumpfung seit Jahrzehnten hingelegt hat, hat sich Toyota glänzend behauptet und im vergangenen Jahr den Absatz um gut 14 % auf knapp 1,5 Millionen Fahrzeuge gesteigert.Bei Lexus und einem insgesamt noch gesunden Premiumfahrzeugmarkt sah es noch rosiger für die Japaner aus. Die durchweg nach China exportierten Lexus-Modelle erfreuten sich einer Absatzsteigerung um 21 % auf 130 000 Stück. Bald mehr Absatz als in JapanAuch für das laufende Jahr ist man bei Toyota äußerst gut gestimmt. Eine konservative Prognose für 2019 lässt eine Steigerung der Verkaufszahlen um weitere 8 % auf dann 1,6 Millionen Pkw erwarten. Für Toyota würde dies eine Art Meilenstein bedeuten: Erstmals in der Konzerngeschichte könnten die China-Verkäufe dann das Absatzvolumen im japanischen Heimatmarkt übersteigen und China zum zweitgrößten Ländermarkt nach den USA avancieren lassen.Die Wirrungen im Handelsstreit zwischen China und eine zeitweilige Strafzollverhängung für in den USA gebaute und nach China importierte Fahrzeuge haben Lexus zusätzlichen Rückenwind verpasst und japanischen Modellen im Vergleich zu Konkurrenten wie Daimler und BMW, die in den USA gebaute Premiumfahrzeuge nach China einführen, einen Preisvorteil verschafft. Dies bringt nun erst recht Spannung in die seit Jahren schwelende Frage, ob und wann Toyota bereit sein wird, die legendäre Lexus-Reihe einer Produktion in China anheimzustellen.Bislang hat sich Toyota vor allem aus Qualitätssicherungs-, aber auch aus Profitabilitätsaspekten heraus geziert, diesen Schritt zu gehen. Angesichts der hohen Margen bei Lexus zögerte man bislang, sich auf eine Gewinnteilung mit einem für die China-Produktion erforderlichen chinesischen Partner einzulassen. Dem Vernehmen nach allerdings werden bereits seit zwei Jahren Erwägungen angestellt und auch diskrete Vorbereitungen getroffen.Von politischer Seite ist das Terrain mit einer wesentlichen Festigung der lange Zeit getrübten wirtschaftlichen und diplomatischen Beziehungen geebnet worden. Hinzu kommen die anstehenden Lockerungen des chinesischen Joint-Venture-Zwangs für die Automobilproduktion vor Ort. Im Bereich der Elektromobilität dürfen ausländische Autobauer seit dem vergangenen Jahr bereits ohne chinesischen Partner Werke aufziehen. Für den herkömmlichen Fahrzeugbau muss man sich allerdings noch bis 2022 gedulden, bevor auch hier die Liberalisierung greift und eine Produktion ohne Partnerschaftszwang und damit auch ohne Gewinnteilung möglich wird.Bei Toyota hält man sich auch auf der Messe in Schanghai noch bedeckt. Nachdem China unter dem Druck des Handelskonflikts die regulären Importzölle für Autos von 25 % auf 15 % gesenkt hat und kurze Seefrachtwege zwischen Japan und China die Transportkosten relativ gering halten, ist es derzeit eher unwahrscheinlich, dass es zum großen Schritt einer in China lokalisierten Lexus-Produktion kommt.