LUXEMBURGER FINANZMARKT-FORUM 2015

In der Wohnungswirtschaft zählt Größe

Vonovia-CFO Kirsten: Skaleneffekte erlauben eine bessere Bewirtschaftung auch im Interesse der Mieter

In der Wohnungswirtschaft zählt Größe

Im fragmentierten Wohnungsmarkt setzt Branchenprimus Vonovia auf Skaleneffekte. Im Endspiel der börsennotierten Vermieter ist Vonovia drauf und dran, die Deutsche Wohnen zu akquirieren. CFO Stefan Kirsten beschreibt die Vorteile der Größe für Investoren und Mieter.wb Luxemburg – An die 370 000 Wohnungen hat sie schon, weitere 140 000 würde sie gerne noch dazu packen. Die Vonovia, seit neuestem im Dax und vorher bekannt unter dem bisherigen Namen Deutsche Annington, will für rund 14 Mrd. Euro inklusive Schuldenübernahme mit der Deutsche Wohnen die Nummer 2 im Markt schlucken. Deren Absicht, die LEG zu akquirieren, hat Vonovia schon torpediert (vgl. BZ vom 22. und 23. Oktober). Nun wartet Vonovia-CFO Stefan Kirsten darauf, wie sich die eigenen Aktionäre auf der Hauptversammlung entscheiden. Der Vorstand von Deutsche Wohnen hat jedenfalls die Pläne erstmal schroff abgewiesen. Doch dürfte das letzte Wort noch nicht gesprochen sein.Kirsten machte auf dem Luxemburger Finanzmarkt-Forum von Börsen-Zeitung und Deutscher Bank keinen Hehl daraus, dass sich Größe in der Wohnungswirtschaft auszahle. “Risikoarmut geht einher mit hoher Kapitalintensität”, sagte er, dies bewirke tendenziell eine geringere Rendite. Mit dem Nutzen von Skaleneffekten lasse sich da gegensteuern. Das gelte nicht nur für die Investoren, sondern auch für die Mieter. Denn mit der eigenen Servicemannschaft lasse sich auf deren Bedürfnisse besser eingehen, je größer die Anzahl an Wohnungen im Portfolio sei. So ließen sich etwa auch den Mietern, die sich verkleinern oder vergrößern wollten, aus dem eigenen Bestand Angebote machen und die Fluktuation in der Gruppe halten. Je größer der Bestand sei, umso bessere Konditionen ließe sich für Fenster, Sanitärkeramik und Ähnliches durchdrücken. Nichts gegen Regulierung”Wir verfechten einen klaren Stakeholder-Ansatz”, betont der CFO in einer Situation, in der es wachsende Befürchtungen vor Mieterhöhungen infolge der bereits getätigten Übernahmen der Gagfah und der Akquisition der Deutschen Wohnen gibt. Das habe Vonovia nicht zuletzt aus der eigenen Geschichte mit Private Equity gelernt – Finanzinvestor Terra Firma hatte die damalige Annington gebildet. Nicht nur musste er aus dessen Finanzierungskorsett mit Verbriefungen heraus, das laut Kirsten bei seinem Amtsantritt Anfang 2011 binnen “zwei Jahren, sechs Monaten und vier Tagen in den Konkurs geführt hätte”, sondern auch aus dem Umgang mit Mietern.Deren Bedürfnisse nehme man heute sehr ernst, verstehe sich als Treuhänder von ihren Mitteln für Nebenleistungen und reagiere rasch auf Mängelanzeigen. Und zwar nicht über die Abweisung vermeintlicher Querulanten, die es in der Praxis kaum gebe, sondern indem man rasch die Probleme löse. Vonovia wolle die Wohnungswirtschaft industrialisieren, doch sei die Branche erst da angekommen, wo die Autoindustrie mit Henry Ford stand, also bei Einführung des Fließbands.Modernisierung im Portfolio über die “richtige Instandhaltung” und anschließende Mieterhöhungen sowie Akquisitionen seien die Quellen des Wachstums. “Mieterhöhungen an sich sind ja nicht Schlechtes”, sagte der CFO und verwies darauf, dass vor 20 Jahren 32 % der Einkommen für die Bleibe draufgingen – heute seien es 23 %.Kirsten ist mit der Regulierung, ob Mietspiegel oder Preisbremse, ganz und gar nicht unzufrieden – dies sorge für Risikoarmut auf Seiten der Unternehmen und stabilisiere das “eklatante Ungleichgewicht zwischen Individuum und Vermieter”. Hoch fragmentiert”Der Markt ist hoch fragmentiert”, betont Kirsten, auch nach den zahlreichen Übernahmen, die Vonovia nach Art einer M & A- und Finanzierungsmaschine getätigt hat. Zwar beherberge Vonovia “zweimal Luxemburg”, doch selbst mit der Deutschen Wohnen liege der Marktanteil von Vonovia unter 2 %. Von den 23,5 Millionen Einheiten am Vermietungsmarkt (also ohne Selbstnutzer), entfallen 850 000 auf die börsennotierten Unternehmen, wo derzeit das “Endspiel” läuft. Nicht gelistete Großanleger halten 2,3 Millionen, 3 Millionen werden von der öffentlichen Hand verwaltet, 2,1 Millionen von Genossenschaften und 15 Millionen gehören Kleinanlegern.Während die Aktivseite der Bilanz komplett deutsche Assets umfasse, bestehe die Passivseite zu 97 % aus nichtdeutschen Adressen. An hiesigen Investoren sei das Geldverdienen in der “wunderbar langweiligen” Branche über alle Phasen hinweg vorbeigegangen.Die Niedrigzinsphase sei zwar aus Sicht der Immobilienwirtschaft, die zudem vom Trend zum Betongold profitiere, “klasse”, und Vonovia nutze dies Umfeld nach Kräften. Auf Dauer aber hätten auch Unternehmen “großes Interesse an einer profitablen Bankenlandschaft”, sagte Kirsten im Hause der Deutschen Bank Luxembourg.