Chemieindustrie

Ineos schließt Produktionsstätten in Deutschland

Die Krise in der Chemieindustrie nimmt ihren Lauf. Mit Ineos kündigt ein weiterer Hersteller von Basischemikalien das Aus für zwei Produktionsstätten in Deutschland an.

Ineos schließt Produktionsstätten in Deutschland

Einschläge in der Chemie mehren sich

Ineos kündigt Werksschließungen an und liest Politik die Leviten – Schutz vor Billigimporten aus China gefordert

ab Köln

Die Krise in der deutschen Chemieindustrie mündet in weiteren Werksschließungen. Am Montag kündigte Ineos das Aus für zwei Produktionsstätten in Rheinberg an. Vor allem die Hersteller von Basischemikalien stehen unter massivem Wettbewerbsdruck und fordern Schutz vor asiatischen Billigimporten.

Die Werksschließungen in der deutschen Chemieindustrie mehren sich. Am Montag kündigte Ineos an, zwei Produktionsstätten in Rheinberg am Niederrhein zu schließen. Die Schließungen seien direkte Folge der Energie- und CO2-Kosten sowie des fehlenden Schutzes vor Billigimporten aus China, heißt es. Betroffen sind 175 Stellen. In Rheinberg wolle sich Ineos darauf konzentrieren, die übrigen PVC-Betreibe mit 300 Beschäftigten zu erhalten.

Ineos reiht sich nahtlos in die Riege der Chemiekonzerne ein, die in Europa, allen voran in Deutschland zum Rückzug blasen. Mit BASF, Evonik & Co ist das Who's who der Branche betroffen. Für einen Paukenschlag hatte Dow Chemical im Juli mit der Ankündigung gesorgt, drei Upstream-Anlagen in Europa zu schließen. Zwei dieser Anlagen befinden sich im mitteldeutschen Chemiedreieck und sollen bis Ende 2027 stillgelegt werden – der Ethylen-Cracker in Böhlen und Chlor-Alkali- und Vinyl-Anlagen in Schkopau. Betroffen sind 550 Arbeitsplätze.

„Ökologische Heuchelei“

Im Mai hatte Bayer das Aus für die Pflanzenschutzproduktion in Frankfurt-Höchst bis Ende 2028 annonciert, mit Verweis auf deutliche Überkapazitäten im Markt und einen aussichtslosen Preiskampf mit asiatischen Generika-Herstellern von Herbiziden. Schon zu Beginn des Jahres schaltete SKW Piesteritz eine der beiden Ammoniakanlagen für die Düngemittelproduktion für unbestimmte Zeit ab. Auch BASF verabschiedet sich aus der Ammoniakproduktion in Deutschland.

Ineos hat zuvor schon andernorts Nägel mit Köpfen gemacht. Werke im britischen Grangemouth und im belgischen Geel wurden geschlossen. Vergleichbare Pläne gibt es für Gladbeck. Zudem werden im französischen Tavaux und im spanischen Martorell Anlagen stillgelegt. „Während die Konkurrenz in den USA und China von billiger Energie profitiert, werden die europäischen Hersteller durch das Fehlen eines Zollschutzes vom Markt gedrängt“, beklagt Stephen Dosett, CEO von Ineos Inovyn und spricht angesichts der emissionsreichen Importe von „ökologischer Heuchelei“.

Keine Besserung erwartet

Es ist das dritte Jahr in Folge, in dem sich die Chemieindustrie im Abschwung befindet – Tendenz weiter fallend. Hatten sich die Konzern 2024 und 2025 zu Beginn des jeweiligen Jahres noch Mut gemacht und auf Besserung in der jeweils zweiten Jahreshälfte gesetzt, hat sich auch in dieser Hinsicht die Stimmung gedreht. Nach einem kurzen Zwischenhoch würden die Erwartungen nun wieder zurückgeschraubt, heißt es im jüngsten monatlichen Lagebericht des Branchenverbands VCI.

Bis ins kommende Jahr hinein werde nicht mehr mit einer Belebung gerechnet. Zumal auch politisch keine Trendwende erkennbar sei. Wie düster die Lage ist, belegen die jüngsten VCI-Kennzahlen. So lag die Produktion im Juli um 7% unter dem Vorjahresniveau, zugleich sank der Auftragseingang um 10%. Auch der deutsche Branchenprimus BASF, der seit 2023 im (deutschen) Portfolio aufräumt, erwartet 2026 keinen Rückenwind. Der Fokus liege darauf, die Investitionen zu reduzieren und die Effizienz zu erhöhen, erklärte der Vorstand auf dem Kapitalmarkttag in der vorigen Woche.

Auch beim VCI schrillen die Alarmglocken: „Wenn die Politik jetzt nicht handelt, verlieren wir nicht nur Anlagen und Arbeitsplätze. Die industrielle Zukunft steht auf dem Spiel“, mahnt VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große-Entrup. Im Inland leidet die Industrie unter der schwachen Nachfrage der Abnehmerindustrien, im Ausland unter der schwachen Wettbewerbsposition. Verschärft wird die Situation durch die Zollpolitik in den USA, die Warenströme aus Asien nach Europa umlenkt.