Innogy brüskiert Eon durch neuen Widerstand

Konzernchef Tigges fordert Investorenvertrag zum Schutz der Beschäftigten bei Zerschlagung - Ehrlicher Makler soll das überwachen

Innogy brüskiert Eon durch neuen Widerstand

Der Konflikt um die geplante Zerschlagung von Innogy durch Eon und RWE ist noch nicht entschärft. Innogy drohen qualifizierte Mitarbeiter davonzulaufen, wenn sie keinerlei Sicherheiten erhalten. Auch kartellrechtlich birgt der 22-Mrd.-Euro-Deal laut Kanzlei White & Case noch erheblichen Zündstoff. cru Düsseldorf – Um “strukturelle Benachteiligungen” der Innogy-Beschäftigten bei der geplanten Zerschlagung durch Eon und RWE zu verhindern, strebt Innogy-Vorstandschef Uwe Tigges eine vertraglich unterlegte Investorenvereinbarung mit Eon an, deren Einhaltung von einer unabhängigen Persönlichkeit überwacht werden soll. Das kündigte der Manager, der noch bis vor kurzem als Personalvorstand des Konzerns agierte, am Montag in einer Telefonkonferenz anlässlich der Quartalsbilanz an. Auch die Marke “Innogy” müsse erhalten bleiben: Die Werbeexperten von Brand Finance hatten den Wert der Marke Innogy auf 3,3 Mrd. Euro beziffert.Wer die Person sein soll, die eine Investorenvereinbarung überwachen würde, und bis wann die Verhandlungen mit Eon darüber abgeschlossen werden sollen, ließ Tigges offen. Vorbild für die Vorgehensweise könnte der Übernahmekampf zwischen den Autozulieferern Continental und Schaeffler sein: Diese schlossen nach langem Gerangel eine Investorenvereinbarung über die Regeln des Zusammenlebens und bestellten Altkanzler Gerhard Schröder als Aufpasser, um über die Einhaltung der Regeln zu wachen. Exodus der Leistungsträger?Die Zeit für eine Vereinbarung drängt: Laut Tigges ist es schon jetzt so, dass qualifizierte Bewerber von der geplanten Zerschlagung abgeschreckt werden. Gleichzeitig überlegten auch Beschäftigte, ob sie den Konzern verlassen sollen. “Eine mögliche Zusammenführung von Innogy und Eon wird nur dann erfolgreich sein, wenn alle fair miteinander umgehen und auf Augenhöhe miteinander sprechen”, sagte Tigges. Unterdessen hat Innogy im ersten Quartal weniger verdient als ein Jahr zuvor, aber zugleich die Jahresziele bekräftigt. Die Ergebnisse des ersten Quartals seien “nur Kulisse für die anstehende Zerschlagung” des Energiekonzerns, schrieb Analyst Werner Eisenmann von der DZ Bank. Vor allem im Vertriebsgeschäft musste Innogy wegen des hohen Wettbewerbsdrucks einen Gewinnrückgang verbuchen – zigtausende Kunden kehrten dem Versorger den Rücken. Der Kurs der im MDax notierten Innogy-Aktie reagierte am Montag mit einem Plus von zeitweise 0,3 % auf 36,39 Euro. Die Offerte von Eon beträgt 38,40 Euro je Aktie inklusive der künftigen Dividende für 2018.Indes könnte die geplante Zerschlagung Erpressungspotenzial für die Kommunen bergen: “Viele Kommunen werden ihre Geschäftsbeziehung und ihre gemeinsamen Stadtwerkebeteiligungen mit Innogy untersuchen und über Alternativen nachdenken”, sagte Georg-Friedrich Sommer, Managing Director der Commerzbank, auf einer Konferenz in Düsseldorf. Kriterien für die Erwägungen könnten Gewerbesteuer und Arbeitsplätze sein.Auf kartellrechtliche Stolpersteine wies der Partner der Kanzlei White & Case, Peter Rosin, hin: Anders als bislang erwartet könnte bei der Fusionskontrolle, soweit das Bundeskartellamt damit befasst wäre, anstatt der künftig mit 33 % Marktanteil bei RWE gebündelten Stromerzeugung vielmehr die Verzahnung der bei Eon gebündelten Netze mit dem Vertrieb in den Fokus rücken.Eine marktbeherrschende Stellung gebe es zwar auch beim Stromvertrieb zunächst nicht: Laut Analysehaus BET Büro für Energiewirtschaft kommen Eon und Innogy gemeinsam nur auf 15 % des Marktes beim Vertrieb mit direktem Kontakt zum Endkunden. Anders sieht es laut Rosin aus, wenn auch Minderheitsbeteiligungen ab 25 % von Eon und Innogy an Stadtwerken mit berücksichtigt würden. Dann könnten die Einwände der Kartellbehörden auch zu der Forderung einer stärkeren Entflechtung führen. Marktanteil von 52 ProzentIn der Grundversorgung steigt der Marktanteil von Eon laut Rosin unter Berufung auf die Datenbank Enet in einigen Regionen auf 52 %. Ab einem Marktanteil von 40 % wird im deutschen Recht eine marktbeherrschende Stellung vermutet. Der Preis in von Eon grundversorgten Orten liegt im Schnitt bei 29,9 Cent/kWh, in Innogy-Gebieten nur bei 28,1 Cent.Kartellamtschef Andreas Mundt hatte kürzlich auf einer Konferenz auf dem Petersberg bei Bonn gesagt: “Ich sage nicht, dass das alles problematisch ist. Ich sage auch nicht, dass das einfach ist. Man wird es sich zu gegebener Zeit vielleicht einfach ansehen müssen.”