Im InterviewMarkus Lesser

PNE erwartet größere Ergebnissprünge ab 2025

Ein geplatzter Anteilsverkauf durch einen Großaktionär und eine enttäuschende Prognose für 2023 haben den Aktienkurs von PNE seit Dezember fast halbiert. Vorstandschef Lesser verteidigt den vorsichtigen Ausblick.

PNE erwartet größere Ergebnissprünge ab 2025

Im Interview: Markus Lesser

PNE verteidigt vorsichtigen Ausblick

Vorstandschef: Operativer Gewinn ab 2025 sehr viel höher

Carsten Steevens

Beendete Gespräche über einen Anteilsverkauf durch den Großaktionär sowie eine enttäuschend aufgefasste Prognose für 2023 haben den Aktienkurs des Windparkprojektierers PNE seit Dezember fast halbiert. Der Vorstandschef verteidigt den vorsichtigen Ausblick. Ergebnissprünge werden ab 2025 erwartet.

Herr Lesser, PNE hat die Prognose für das operative Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) im vergangenen Jahr übertroffen. Mit 35,4 Mill. Euro liegt das Ebitda 2022 mitten im Korridor des Ausblicks für den laufenden Turnus. Warum trauen Sie sich nicht mehr zu als 30 bis 40 Mill. Euro?

Dass wir mit dem Ebitda unsere Prognose von 20 bis 30 Mill. Euro im vergangenen Jahr übertroffen haben, sollte für Vertrauen in unser Geschäftsmodell auch in schwierigen Zeiten sorgen. Höhere Strompreise haben neben einer höheren Anzahl von Maschinen im Eigenbetrieb dazu beigetragen, dass Schwierigkeiten bei den Lieferterminen 2022 im Ergebnis kompensiert werden konnten. Wir können aber nicht ausschließen, dass es auch in diesem Jahr zu Verzögerungen bei Lieferterminen und damit auch bei der Inbetriebnahme von Windparks kommen wird. Deshalb haben wir uns für Vorsicht beim Ausblick entschieden.

Am Kapitalmarkt hat die Ende März veröffentlichte Prognose für Enttäuschung gesorgt.

Ja. Das ist den Unsicherheiten am Markt geschuldet, denen wir uns stellen müssen. Wir haben Maßnahmen getroffen, um unsere Projekte abzusichern, etwa indem wir günstige Zinsen für Darlehen bei der KfW vereinbart, 700 Kilometer Kabel gekauft und neue Umspannwerke bestellt haben. Wenn die Projekte im kommenden Jahr zu laufen beginnen und Ende 2024 der Großteil der Parks und Anlagen gebaut ist, werden wir größere Ergebnissprünge erleben. Das Ebitda wird verglichen mit der Entwicklung der vergangenen Jahre sehr viel höher ausfallen.

Wie beim Kapitalmarkttag im vorigen Herbst angekündigt, soll das operative Ergebnis 2027 über 150 Mill. Euro liegen.

Ja, das ist richtig. Wir haben jetzt im Eigenbetrieb befindliche Windparks mit einer Nennleistung von gut 320 Megawatt (MW). Hinzu kommen weitere für den Eigenbetrieb vorgesehene Windparks mit rund 274 MW, die in Bau, in Bauvorbereitung oder die wie drei im ersten Quartal genehmigte Windparks in Deutschland für die nächste Ausschreibung vorgesehen sind. Hierbei geht es um ein Investitionsvolumen von mehr als 500 Mill. Euro. Das ist ein großer Schritt, der sich in den kommenden Jahren im Ergebnis auswirken wird. Zudem haben wir unsere Projektpipeline, also den Bestand von Windpark- und Solarprojekten in der Entwicklung, auf die Rekordhöhe mit einer Nennleistung von insgesamt rund 11,9 Gigawatt/Gigawattpeak gesteigert.

Bis 2027 wollen Sie 1,6 Mrd. Euro für den Ausbau des Eigenbestandes bei Windparks und Fotovoltaikanlagen einsetzen, ferner soll in Projektentwicklung und in neue Märkte investiert werden. Sind Sie im Plan?

Wir liegen absolut im Plan. Wir verhandeln mit den Herstellern über Verträge für die Projekte. Wir sehen zugleich die Vorteile, auf Basis einer guten Position in den verschiedenen Ländern die eigene Pipeline weiterzuentwickeln. Jetzt ist die Zeit, in der wir unsere Pipeline ausbauen und die knappe Ressource Fläche sichern wollen. Dabei haben wir mit unseren Netzwerken eine gute Position.

Wann werden die Früchte der Investitionen in Form stärker steigender Ergebnisse sichtbar?

Ich kann hier nur auf Analystenberichte verweisen, die von einem höheren Ergebnis im kommenden Jahr ausgehen. Wir haben für 2024 noch keine Guidance ausgegeben. Schon in diesem Jahr werden wir bei der Bilanzsumme die 1-Milliarde-Euro-Marke übertreffen. Die Möglichkeiten, im Interesse unserer Investoren nichtvolatile Ergebnisse zu zeigen, werden sich verbessern. Das ist unser Ziel – bei gleichzeitigem Aufbau eines Portfolios, das eine langfristige Perspektive für unser Unternehmen bietet.

Bis 2027 wollen Sie auf ein Eigenbetriebsportfolio an Windparks und Solaranlagen mit einer Nennleistung von 1.500 Megawatt/Megawatt Peak kommen.

Ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingen wird. Das Zwischenziel, bis Ende dieses Jahres 500 MW Wind in Betrieb oder im Bau zu haben, werden wir sicher erreichen. Das zeigt wie bei den operativen Ergebnissen in den vergangenen Jahren, dass wir verlässlich in der Lage sind, unsere Prognosen zu erfüllen oder auch zu übertreffen.

Wie ist zu erklären, dass sich der Kurs der PNE-Aktie nach dem Anstieg um fast 150% im vergangenen Jahr seit dem Allzeithoch von 24,10 Euro am 9. Dezember inzwischen fast halbiert hat?

Der Kursanstieg wurde auch von einigen Spekulationen getrieben. Als Ende Januar klar wurde, dass unser Großaktionär Morgan Stanley Gespräche über einen Verkauf seines 44-prozentigen Anteils derzeit nicht weiterführen möchte, brach der Aktienkurs ein.

Seitdem ist der Kurs aber noch mal um 20% gefallen.

Dass unsere Ergebnisprognose für 2023 Enttäuschung auslöste, habe ich vernommen. Der Kursverlauf unserer Aktie ist aber doch eher der Entwicklung in unserer gesamten Branche gefolgt. Aus meiner Sicht entspricht der Kursrutsch nicht dem Wert des Unternehmens und den Perspektiven für die PNE in den kommenden Jahren. Wenn wir kurzfristig unsere Leistung im Eigenbetrieb nahezu verdoppeln, alle Projekte aus eigener Kraft bauen und zugleich eine positive Guidance abgeben können, dann ist das eine gute Botschaft.

Morgan Stanley hat Verkaufsgespräche beendet, vorerst. Das heißt, es herrscht an dieser Stelle weiterhin Unklarheit. Ist das eine Belastung für das Geschäft und für Ihren Kurs?

Nein, wir haben unsere Ziele bis 2027 im vergangenen Herbst unabhängig von solchen Fragen verkündet. Mit knapp 13 Euro liegt unser Aktienkurs aktuell nach wie vor um fast 50% über dem Wert zu Beginn des vergangenen Jahres von 8,63 Euro. Das sollte man nicht unberücksichtigt lassen. Im Zweijahreszeitraum gehören wir weiterhin zu den großen Gewinnern im SDax. Wir investieren in einer ersten Tranche eine halbe Milliarde und dann noch mehr, wir bauen unser Portfolio massiv aus, und das Ebitda wird in den kommenden Jahren deutlich steigen. Das ist alles eingetütet, da gibt es wenig Unsicherheiten.

Wie beurteilen Sie die Finanzierung des geplanten Wachstums?

Wir haben 2022 eine mit 5% pro Jahr verzinste Anleihe über 55 Mill. Euro begeben. Zudem konnten wir uns im vergangenen Herbst ein KfW-Darlehen zu niedrigen Zinsen sichern. Wir haben frühzeitig für Kabellieferungen und für Transformatorensicherung gesorgt, wir waren und sind mit Herstellern frühzeitig in Gesprächen, um Preise und Liefertermine zu vereinbaren. Unser geplantes Wachstum ist gut abgesichert. Wir haben eine gute Cash-Position, die uns die Grundlage für weitere Investitionen gibt. Wir sind kerngesund in dem, was wir tun.

Es gibt da keine Fragezeichen?

Man kann nicht vorhersehbare Faktoren wie etwa im vergangenen Jahr infolge des Ukraine-Kriegs nicht ausschließen. Aber wir können feststellen, dass wir uns im Moment entlang der Planungen bewegen. Wir liegen in Anbetracht der Marktgegebenheiten mit unserer Planung auf der konservativen Seite. Wir kommen aus einer Phase, in der die Lieferengpässe massiv waren, in der die Logistik nicht gestimmt hat, in der die Strompreise stiegen und eine Preisbremse eingeführt wurde.  Windkraftanlagen haben sich deutlich verteuert. Bei unserer Ergebnisprognose galt es, verschiedenen volatilen Faktoren Rechnung zu tragen. Das haben wir getan. Seit Jahren haben wir unsere Ergebnisziele erreicht oder übertroffen. Das soll sich 2023 nicht ändern.

Wie sieht es bei Ihnen persönlich aus? Werden Sie denn 2024 und 2025 PNE-Vorstandsvorsitzender sein? Ihr aktueller Vertrag läuft Ende dieses Jahres aus.

Es finden Gespräche statt. Mehr kann ich dazu im Moment nicht sagen.

Zu den Plänen gehört ja offenbar auch, sich aus dem US-Geschäft zu verabschieden. Warum steht das Geschäft auf dem Prüfstand?

Wir arbeiten in den USA an Projekten mit einer Kapazität von mehreren Gigawatt und sind an mehr Projekten dran. Allerdings sind die Garantien und Sicherheitsleistungen für Netzanschlüsse in den USA stark gestiegen. Dort sollen die Netze für erneuerbare Energien stark ausgebaut werden. Auch wird ein Gutteil der Margen mit dem Bau der Projekte erreicht, was hohe Investitionen erfordert. Für höhere Margen müssten wir in den USA sehr stark investieren, was zulasten des Ausbaus des Eigenbetriebsportfolios in Europa gehen würde. Gleichzeitig suchen viele Unternehmen im US-Markt nach Teams und Portfolien. Diese Gemengelage hat uns dazu veranlasst, zu prüfen, ob möglicherweise ein anderer das Margenpotenzial unserer Pipeline besser nutzen kann als wir und welchen Preis wir für einen Verkauf erzielen können.

Wie wahrscheinlich ist ein Rückzug aus dem US-Markt noch in diesem Jahr?

Dazu kann ich mich hier nicht äußern.  

Die Eigenkapitalquote Ihres Unternehmens liegt aktuell bei 25%. Halten Sie das für auskömmlich?

Ja. Wir sehen, dass die Bilanzsumme steigt. Das Eigenkapital wird nicht im gleichen Ausmaß zunehmen, das heißt, die Eigenkapitalquote wird sich verringern. Das war aber so vorgesehen und ist in Verträgen hinterlegt.

Sind Kapitalerhöhungen ein Thema?

Es stehen keine unmittelbaren Kapitalerhöhungen an.

Was ist bei den Dividenden geplant?

Für 2022 wollen wir aus dem Bilanzgewinn der PNE 4 Cent je Aktie sowie einen Sonderbonus von 4 Cent je Aktie zahlen. Es ist schwierig, am Kapitalmarkt einen mit 5% verzinsten Bond zu begeben und zugleich höhere Dividenden auszuschütten. Wir haben große Investitionen vor der Brust. Die reine Logik lautet da doch: Wir wollen in den kommenden Jahren investieren, um ein klasse Portfolio als unabhängiger Grünstromproduzent in Deutschland, Frankreich und später auch in Polen zu erreichen. Das geht nur, wenn wir andere Dinge unterordnen. Dass wir jetzt in einer Investitionsphase nicht hohe Dividenden zahlen, ist nur vernünftig.

Das Interview führte Carsten Steevens.