IPO-Markt USA ist besser als sein Ruf

Stitch Fix ist nächste Enttäuschung mit Milliardenbewertung - Insgesamt halten sich Börsenneulinge gut

IPO-Markt USA ist besser als sein Ruf

Nach dem Instant-Messaging-Dienst Snap und dem Lebensmittellieferdienst Blue Apron hat der Online-Stilberater Stitch Fix für das nächste enttäuschende IPO zu einer Milliardenbewertung gesorgt. Insgesamt halten sich die Börsenneulinge des Jahrgangs 2017 in den USA besser, als es die prominenten Bauchlandungen nahelegen.Von Stefan Paravicini, New YorkJetzt ist es schon wieder passiert. Mit dem Online-Stilberater Stitch Fix hat das nächste US-Technologieunternehmen einen durchwachsenen Börsengang zu einer Milliardenbewertung hingelegt. Nachdem das Start-up im Vergleich zum oberen Ende der angepeilten Preisspanne von 18 bis 20 Dollar je Aktie einen Abschlag von einem Viertel hinnehmen musste, sprang der Börsenneuling am Freitag zeitweise bis auf 18,53 Dollar, blieb am Ende aber nur knapp oberhalb des Angebotspreises. Am Montag ging es im frühen Handel unter den IPO-Preis von 15 Dollar und Stitch Fix war an der Börse nur noch 1,4 Mrd. Dollar wert.Dabei handelt es sich nicht um das erste enttäuschende IPO eines sogenannten Unicorn, junge Technologieunternehmen mit einer Bewertung von mehr als 1 Mrd. Dollar. Der spektakulärste Fall ist der Instant-Messaging-Dienst Snap, der im März zwar fulminant an die Börse gestartet ist, mittlerweile aber 25 % unterhalb des Angebotspreises notiert. Größter Reinfall unter den Unicorns ist bislang Blue Apron, die seit dem IPO im Sommer mehr als zwei Drittel verloren haben.Abgesehen von den Bauchlandungen prominenter Börsenneulinge wie Snap, Blue Apron und jetzt Stitch Fix präsentiert sich der IPO-Markt in den USA nach Einschätzung von Marktbeobachtern in guter Verfassung. Der Informationsdienst Dealogic zählt bislang 169 Börsengänge, womit die 111 IPOs aus dem ganz schwachen Vorjahr längst übertroffen wurden und auch der Vergleichswert aus dem Jahr 2015 in Reichweite ist. Insgesamt haben die Firmen mit ihren öffentlichen Angeboten an der Börse bereits 45 Mrd. Dollar eingesammelt. Das ist fast das Doppelte der IPO-Erlöse aus dem gesamten Vorjahr, im Vergleich mit den 95 Mrd. Dollar des Jahres 2014 – mit dem bisher größten Börsengang Alibaba – freilich noch nicht einmal die Hälfte (siehe Grafik). Vier von 24 unter IPO-PreisAuch die Technologieunternehmen unter den Börsenneulingen schlagen sich insgesamt besser, als es die besonders auffälligen Fehlstarts von “Einhörnern” aus der Branche vermuten lassen. Von den insgesamt zwei Dutzend Börsengängen, die 2017 unter die Kategorie Technologie fallen, notieren derzeit nur vier unterhalb ihres Angebotspreises. Die Hälfte der Newcomer hält sich oberhalb des Eröffnungspreises, was gewöhnliche Investoren freuen dürfte, die bei der Zuteilung zum IPO selten zum Zuge kommen. Unter den Unicorns ist das nur Okta gelungen, einem Spezialisten für die Verwaltung von Online-Identitäten, die im April mit einem Plus von 38 % gegenüber dem Angebotspreis von 17 Dollar in den Handel gestartet ist und gestern oberhalb von 29 Dollar notierte.Noch besser läuft es für Roku, einen Hersteller von Hardware für kabelloses Videostreaming, der seinen Wert seit dem IPO im September fast verdreifacht hat und es in diesem Tempo noch vor Weihnachten auf eine Milliardenbewertung schaffen könnte. Investoren, die beim Börsengang des Mikrochipherstellers Smart Global Holdings eingestiegen sind, haben seit dem IPO im Mai mit dem Papier 227 % gewonnen, womit die Marktkapitalisierung mittlerweile bei knapp 800 Mill. Dollar steht.Bei den größten Verlierern steht Blue Apron mit minus 69 % weit vorne. Noch schlechter ist es Investoren mit den Gesundheitsprodukten von Valeritas Holdings ergangen, die im März an die Börse strebte und seither 75 % ihres Wertes verloren hat. Die Aktie des Damenbekleidungshändlers J. Jill liegt seit dem IPO im Frühjahr 60 % im Minus. Das vergleichsweise schwache Abschneiden von milliardenschweren Börsenneulingen aus dem Technologiesektor dürfte US-Start-ups wie Uber, Airbnb oder Wework, die es in privaten Finanzierungsrunden zuletzt auf eine Bewertung von zusammen mehr als 100 Mrd. Dollar gebracht haben, weiterhin kaum Appetit auf einen Börsengang machen.Die Zahl der von Risikokapitalgebern finanzierten Unicorns aus den USA hat in diesem Jahr laut Dealogic die Marke von 100 Unternehmen durchbrochen, während nur 14 “Einhörner” den Börsengang gewagt haben. Das durchschnittliche Alter der zehn wertvollsten Nachwuchsunternehmen in den USA liegt mittlerweile bei 9,5 Jahren. Im Mittel warteten die mit Risikokapital finanzierten Start-ups in den USA zuletzt 6,2 Jahre bis zum IPO, während es im Jahr 2008 noch fünf Jahre waren.—– Wertberichtigt Seite 8