Japan-Ikone Toshiba tritt von der Börsenbühne ab
Japan-Ikone Toshiba tritt von der Börsenbühne ab
Größte Private-Equity-Transaktion des Jahres – Japanisches Übernahmekonsortium strebt schnelle Sanierung für ein Comeback an
Nach über sieben Jahrzehnten ist Toshiba durch eine historische Übernahme vom Börsenzettel verschwunden. Die erfolgreiche Privatisierung spiegelt auch die gestiegene Bedeutung von ausländischen Aktivisten in Japan wider. Jedoch dürften sie mit ihrem Gewinn nicht ganz zufrieden sein.
mf Tokio
Nach 74 Jahren hat sich der japanische Mischkonzern Toshiba am Mittwoch von der Tokioter Börse zurückgezogen. Ein Konsortium aus 20 japanischen Unternehmen unter Führung von Japan Industrial Partners (JIP) hatte das traditionsreiche Konglomerat für 2 Bill. Yen (12,7 Mrd. Euro) übernommen. Es war die größte Private-Equity-Transaktion in Japans Firmengeschichte und die weltweit größte PE-Übernahme in diesem Jahr.
Ab Freitag übernimmt das Konsortium sechs der zehn externen Sitze im Verwaltungsrat, vier gehen an JIP und jeweils einer an den Stromversorger Chubu Electric und den Finanzdienstleister Orix. Als Berater kommt ein Vertreter des Hauptkreditgebers Sumitomo Mitsui Financial Group hinzu. Der frühere Siemens-Manager Taro Shimada bleibt Präsident und CEO. „Die Toshiba-Gruppe wird nun einen wichtigen Schritt in Richtung einer neuen Zukunft mit einem neuen Aktionär machen", erklärte das Unternehmen.
Die Privatisierung von Toshiba, eine Ikone von Japans Industriegeschichte mit aktuell 106.000 Mitarbeitern, gilt als Lehrbeispiel für die Erfolgschancen und Risiken von aktivistischen Investoren in Japan. Einerseits ließ die Regierung zu, dass Toshiba Ende 2017 für 600 Mrd. Yen (damals 4,5 Mrd. Euro) neue Aktien an Hedgefonds im Ausland verkaufte. Damit bewies sie ihre Offenheit für ausländisches Kapital, obwohl der Konzern wegen seines Nuklear- und Rüstungsgeschäfts stark in die nationale Sicherheit involviert ist.
Nervige Aktivisten
Andererseits führten staatliche Bedenken gegen ausländische Investoren wie Bain Capital dazu, dass der Zuschlag an eine rein japanische Käufergruppe ging. Letztlich benutzte Toshiba das Delisting, um die lästigen ausländischen Aktivisten loszuwerden. Die Zwistigkeiten über die Neuausrichtung der Geschäfte mündeten im April 2021 in ein Kaufangebot von CVC Capital, das jedoch scheiterte.
Farallon Capital, 3D Investment, Effissimo Capital und andere Fonds benötigten ungewöhnlich lange sechs Jahre für ihren Exit und erlösten für ihre Anteile am Ende wohl weniger als erhofft. Die Toshiba-Aktie legte nur um rund 45% zu, dieser Gewinn schmolz infolge des Kursrückgangs des Yen um 20%. Die Dividenden brachten auch nicht so viel ein, da die Konzerngeschäfte nicht gut liefen.
Allerdings fiel Toshiba als Private-Equity-Story insofern aus dem Rahmen, als seine Manager ihre Aktionäre zu lange mehr als Gegner denn als Partner sahen und nur mühsam einsahen, deren Interessen stärker zu berücksichtigen.

Die neuen Eigentümer wollen Toshiba nun sanieren, nachdem der Konzern im vergangenen Jahrzehnt durch einen Bilanzskandal und die Insolvenz der US-Atomtochter Westinghouse ins Schlingern geraten war. Dabei streben sie eine Rückkehr an die Börse innerhalb von drei bis fünf Jahren an. Als ersten Schritt beschloss Toshiba, zusammen mit dem Konsortium-Mitglied Rohm 388 Mrd. Yen (2,5 Mrd. Euro) in die Herstellung von Leistungshalbleitern zu investieren.
Bremsende Verschuldung
Konzernchef Shimada will die Rentabilität durch den Fokus auf margenstarke digitale Dienstleistungen erhöhen. „Shimada drängt in die richtige Richtung", erklärte der scheidende Chairman Akihiro Watanabe, der den Prozess der Privatisierung seit Juni 2022 gesteuert hatte. Jedoch werde die Entwicklung des Digital- und Datengeschäfts sehr viel Geld kosten. Watanabe hält Übernahmen von Software- und KI-Unternehmen für notwendig. Hier bremst die hohe Verschuldung, die durch die Übernahme um über 1 Bill. Yen (6,4 Mrd. Euro) zunahm.