DIE ACTELION-ÜBERNAHME

Johnson & Johnson finanziert mit Auslandsgeld

Schweizer Actelion ist amerikanischem Pharmamulti 30 Mrd. Dollar wert - Forschung wird abgespalten und separat in Zürich gelistet

Johnson & Johnson finanziert mit Auslandsgeld

Actelion und Johnson & Johnson sind sich einig: Für 30 Mrd. Dollar will der US-Konsumgüter- und Pharmamulti, der zur Finanzierung im Ausland gebunkerte Mittel einsetzt, das Schweizer Biotechunternehmen schlucken. In der komplexen Transaktion wird die Medikamentenforschung der Eidgenossen abgespalten und in Zürich gelistet.wb Frankfurt – Vor fünf Jahren übernahm Johnson & Johnson für 21 Mrd. Dollar das Schweizer Orthopädieunternehmen Synthes, jetzt kommen die Amerikaner für 30 Mrd. Dollar bei dem eidgenössischen Biotechnologieunternehmen Actelion zum Zuge. Damit mache sie den nächsten Schweizer Unternehmer zum Milliardär. Denn Actelion-Gründer und CEO Jean-Paul Clozel hat hoch gepokert – und gewonnen. Der Pharma- und Konsumgüterriese aus New Jersey – einer der wenigen Emittenten mit Triple-A-Rating – nutzt zur Finanzierung seine im Ausland geparkten Mittel und wartet offenbar nicht ab, welche neuen Regeln US-Präsident Donald Trump erlassen wird. Stolze PrämieJohnson & Johnson bietet für den Hersteller von Lungenmedikamenten 280 sfr in bar je Aktie. Die Offerte entspricht einer Prämie von 23 % auf den Schlusskurs vom Mittwoch, aber von 90 % auf den unbeeinflussten Kurs vom vorigen Herbst. Die Bewertung (Enterprise Value zu operativem Ergebnis Ebitda) entspricht in etwa dem 30-Fachen des für 2018 erwarteten Actelion-Ergebnisses – obwohl Medikamente in der Frühphase nicht mitgekauft werden. Die Actelion-Aktie schoss am Donnerstag um 19,4 % auf 271,60 sfr hoch. Die Amerikaner stehen unter Druck, da ihr am besten verkauftes Präparat, Remicade gegen Arthritis, in den USA zunehmend unter Wettbewerbsdruck gerät. Actelion gilt als größtes Biotechunternehmen in Europa.Ausgegliedert wird die Forschung von Actelion. Die Actelion-Anteilseigner sollen für jede ihrer Aktien einen Titel als Sachdividende dieses neuen Unternehmens erhalten, an dem J & J zunächst 16 % halten wird, mit der Option, den Anteil später ausbauen zu können. Dabei geht es um die Forschungseinheit von Actelion, die eigenständig an die Schweizer Börse gebracht werden soll. Sie startet zunächst als R & D Newco und umfasst die Forschungsprojekte von Wirkstoffen gegen Bluthochdruck in einem sehr frühen Stadium. Damit soll die Innovationskultur von Actelion erhalten werden, heißt es. Actelion-Gründer und CEO Jean-Paul Clozel soll Chef dieser neuen Gesellschaft werden. Analysten trauen der Gesellschaft eine Marktkapitalisierung von 1 Mrd. bis 1,5 Mrd. sfr zu.Die Schweizer werden von Bank of America Merrill Lynch sowie Credit Suisse beraten, dem Gespann, das auch Bayer bei der Monsanto-Übernahme begleitet. Lazard und Citi unterstützen den Bieter. In der Schweiz läuft seit 2016 die Syngenta-Übernahme durch Chemchina. Zwei Drittel erforderlichBedingung für die Übernahme ist, dass J & J, die derzeit eine Netto-Cashposition von 15 Mrd. Dollar hat – 42 Mrd. Liquidität bei 27 Mrd. Dollar Schulden – mindestens 67 % der Actelion-Anteile angedient werden. Die Verwaltungsräte beider Unternehmen stehen hinter dem Deal. Das Angebot soll offiziell am 16. Februar veröffentlicht werden, die Angebotsfrist läuft voraussichtlich vom 3. bis zum 30. März. J & J geht davon aus, nach Erhalt aller erforderlichen Genehmigungen die Transaktion bis zum Sommer abschließen zu können. Größte Anteilseigner von Actelion sind das Management um Clozel und BlackRock.An die Amerikaner gehen die im Markt befindlichen Medikamente Opsumit, Uptravi, Tracleer, Ventavis, Valchlor und Zavesca sowie die Kandidaten Ponesimod und Cadazolid, ein Antibiotikum. Die neue Firma soll die restlichen Aspiranten sowie alle Phase-I-Kandidaten behalten.J & J und Actelion verhandeln schon seit November über einen Zusammenschluss. Zwischenzeitlich war der US-Konzern ausgestiegen, weil Clozel nicht komplett verkaufen wollte. Andere Mitspieler mit der französischen Sanofi an der Spitze zeigten sich interessiert. Actelion geriet nach Bekanntwerden der Pläne von J & J und den Kursavancen unter Druck von Hedgefonds, die zwischenzeitlich eingestiegen waren. Kurz vor Weihnachten kehrte J & J an den Verhandlungstisch zurück.Johnson & Johnson wird im Pharmageschäft wie Konkurrenten von auslaufenden Patenten belastet. Vom Umsatz von 72 Mrd. Dollar im vorigen Jahr erwirtschaftete der US-Konzern 46 % im Pharmageschäft (siehe Tabelle). J & J erwägt indessen auch, ihr Diabetesgeschäft möglicherweise abzuspalten.Bevor die Übernahmeabsichten durchsickerten, lag der Kurs unter 150 sfr. Der Angebotspreis entspricht nun 46 % Prämie auf den volumengewichteten Durchschnittskurs der 60 Tage vor Veröffentlichung der Offerte und 90 % Aufschlag zum Schlusskurs am 15. November 2016, ein Tag bevor über eine potenzielle Übernahme spekuliert wurde. An der per Abspaltung gegründeten Forschungsfirma halten Actelion-Anteilseigner zunächst 84 %. Die Transaktion läuft über ein Wandeldarlehen. Bei Fälligkeit ist es R & D Newco möglich, die zweite Tranche in bar oder eigenen Aktien zu begleichen. In den ersten fünf Jahren darf J & J nicht über 32 % gehen.