Unternehmensfinanzierung

J.P. Morgan erwartet Boom der High-Yields

Investment-Grade-Anleihen mit guter Bonität werfen kaum noch Zinsen ab. DCM-Banker Matthias Reschke sieht deshalb einen reißenden Absatz und steigendes Angebot von Hochzinsanleihen.

J.P. Morgan erwartet Boom der High-Yields

cru Frankfurt

J.P. Morgan erwartet für das Jahr 2021 einen Boom für neue Hochzinsanleihen europäischer Unternehmen mit schlechterer Bonität. „Die Nachfrage der Investoren nach High-Yield-Anleihen und -Krediten ist extrem hoch, weil sie nach Rendite suchen. Über ein Viertel aller Investment-Grade-Anleihen von Unternehmen mit guter Bonität rentiert bei null oder sogar negativ. Deshalb können sich Unternehmen mit schlechter Bonität derzeit extrem günstig finanzieren. Sie nutzen die gute Gelegenheit – manchmal auch um eine Sonderdividende an ihre Private-Equity-Eigentümer zu finanzieren. Insgesamt rechnen wir deshalb mit einem hohen Volumen von Neuemissionen im High-Yield-Bereich“, sagte Matthias Reschke, Leiter der Abteilungen Investment Grade Finance in Nordeuropa und Leverage Finance in Deutschland und Österreich bei J.P. Morgan in London, der Börsen-Zeitung.

Treiber der Entwicklung sei nicht nur der Bedarf der Unternehmen, sondern auch die Nullzinspolitik und die Anleihekäufe der EZB. Oft nutzen High-Yield-Emittenten die derzeit günstigen Konditionen, um ihre ganze bisherige Finanzierung durch Neuemissionen abzulösen. „Die Nullzinspolitik der EZB treibt Investoren in High Yields“, beobachtet Reschke. „Zudem ist die Rate der Kreditausfälle, die Investoren abschrecken könnten, dank der üppigen Staatshilfen bis jetzt nur moderat gestiegen und nicht nach oben geschnellt.“

Fast alles wird gekauft

Es werden nur noch wenige Unternehmen mit schlechter Bonität gemieden, die aus besonders stark von der Krise betroffenen Sektoren stammen oder als Restrukturierungsfälle gelten. Selbst dann können sie sich günstig verschulden, wenn der Staat als Garant im Hintergrund steht – oder wenn Hoffnung auf schnelle Besserung nach den Lockdowns besteht, wie etwa bei der französischen Juwelierkette Thon, die ohne Probleme 620 Mill. Euro aufgenommen hat.

Schon im Januar hat das Gesamtvolumen der Hochzinsanleihen in Europa den Rekordwert von 12,8 Mrd. Euro erreicht. Das war zwar nur marginal mehr als im gleichen Monat des Vorjahres, aber der Januar 2020 war schon doppelt so stark wie der bisherige Rekord für einen Januar gewesen.

Thematisch wurden nachrangige und unbesicherte Anleihen schnell zu den begehrtesten Tranchen. Die schwedische Sicherheitsfirma Verisure aus dem Besitz des Finanzinvestors Hellman & Friedman sowie die in London ansässige Chemie-Holding Ineos und die medizinische Laborgruppe Biogroup emittierten alle eine Kombination aus vorrangigen und nachrangigen Anleihen, wobei die Begeisterung der Investoren für die nachrangigen Anleihen zunahm, so dass der Zins nur 5% betrug. Die Differenz von 162,5 Ba­sis­punkten gegenüber der Senior-Tranche war der geringste Abstand, der jemals in dieser Rating-Kategorie erreicht wurde.

Anders sieht es auf dem Markt für Investment-Grade-Anleihen von Unternehmen mit guter Bonität aus. „Dort gab es ein Rekordvolumen im vergangenen Jahr. Jetzt scheint der Großteil des Bedarfs fürs Erste gedeckt zu sein. Wir erwarten eine Verlangsamung“, sagt Reschke.

Das Gesamtangebot neuer Anleihen auf dem europäischen Investment-Grade-Primärmarkt belief sich im Januar 2021 auf 67,3 Mrd. Euro, davon 62% von Nichtfinanzunternehmen, gegenüber 80,8 Mrd. Euro im Januar 2020 – ein Rückgang um 17% gegenüber demselben Vorjahresmonat.

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