Wettbewerbsbehörde

Kartellverfolgung läuft wieder auf Hochtouren

Das Bundeskartellamt hat viel zu tun: Neben Missbrauchsaufsicht über die Energiepreisbremsen nimmt auch die Kartellverfolgung wieder Fahrt auf.

Kartellverfolgung läuft wieder auf Hochtouren

Kartellverfolgung läuft wieder auf Hochtouren

Komplexe Materie: Missbrauchskontrolle über Energiepreisbremsen – Kartellamtschef Mundt: Wir sind keine Preisbehörde

ab Düsseldorf

Dem Bundeskartellamt geht die Arbeit so schnell nicht aus: Neben neuen Befugnissen im Zusammenhang mit der kürzlich verabschiedeten Kartellrechtsnovelle übt die Behörde seit Anfang des Jahres auch die Missbrauchsaufsicht über die Energiepreisbremsen aus. Ganz nebenbei nimmt die Kartellverfolgung wieder Fahrt auf.

Mit Bußgeldern von lediglich 24 Mill. Euro hat das Bundeskartellamt 2022 so niedrige Geldstrafen verfügt wie seit Jahren nicht mehr. Dem Eindruck, dass die Wettbewerbshüter zu einem zahnlosen Tiger geworden sind, widerspricht Kartellamtspräsident Andreas Mundt jedoch vehement: „Zwar bleibt die Zahl der verhängten Bußgelder vor allem als Folge der Pandemie hinter den Vorjahren zurück, aber jetzt läuft die Kartellverfolgung wieder auf Hochtouren“, sagte Mundt vor der Presse bei der Vorlage des Jahresberichts 2022/23.

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Zum Beleg verwies er auf die 18 durchgeführten Durchsuchungen, die seine Behörde 2022 unternahm. So viele Razzien habe es seit Jahren nicht gegeben. „Auch das erste Halbjahr 2023 verläuft vielversprechend“, merkte Mundt mit Blick auf die sechs im Zeitraum von Januar bis Juni durchgezogenen Aktionen an.

Zugleich sind dem Kartellamt im Laufe der multiplen Krisen zahlreiche neue Aufgaben zugewachsen. So hat die Bonner Behörde Anfang des Jahres die Missbrauchsaufsicht über die Energiepreisbremsen für Gas, Fernwärme und Strom übernommen. Denn der Verbraucher ist an dieser Stelle ein Stück weit außen vor, gleicht der Staat doch für 80% des Verbrauchs die Preisdifferenz aus. Das Kartellamt muss nun überwachen, dass die Versorger keine überhöhten Preise aufrufen. „Der Staat stellt gewaltige Entlastungsbeträge zur Verfügung, und unsere Aufgabe besteht darin, Steuerzahlerinnen und Steuerzahler vor Ausbeutung zu schützen“, erläuterte Mundt.

Keine schnellen Ergebnisse

Die Aufgabe sei gleichwohl komplex, müssen doch 1.000 Strom- sowie 1.500 Gas- und Fernwärmeanbieter überwacht werden. Allein für Strom seien bislang 12.000 Erstattungsanträge eingegangen, die geprüft werden müssen. Missbrauchsverfahren hat die Behörde inzwischen gegen Gas- und Fernwärmeanbieter wie auch gegen Stromversorger eingeleitet.

Die gegen Gas- und Fernwärmeversorger eingeleiteten Verfahren umfassen 15% der beantragten Entlastungssumme. „Das ist mehr als eine Stichprobe“, sagte Mundt. Der Kartellamtschef verdeutlichte aber auch, dass angesichts der Vielzahl der Anträge nicht jedes einzelne Unternehmen überprüft werden könne. „Wir suchen nach Auffälligkeiten.“ Werden Unternehmen herausgepickt, erhalten diese einen Fragebogen. Dabei ist die Beweislast umgekehrt, sprich: das Unternehmen muss nachweisen, dass der Preis gerechtfertigt ist. Mit schnellen Ergebnissen sei gleichwohl nicht zu rechnen, verdeutlichte Mundt. Selbst wenn am Ende herauskommen sollte, dass ein Anbieter aus Sicht der Behörde einen zu hohen Preis aufgerufen hat, kann das Unternehmen dagegen gerichtlich vorgehen.

Erschwerend komme hinzu, dass sich die Situation permanent verändere, da die Unternehmen momentan nur Abschlagszahlungen beantragten. Die Schlussabrechnung werde erst im kommenden Jahr erstellt. Daher sei es denkbar, dass sich die Unternehmen selbst noch korrigierten, führte Mundt aus.

Ohnehin sei es schwierig, im inflationären Umfeld ungerechtfertigte Preisaufschläge herauszufiltern. Die Behörde habe zwar in einigen Branchen Fragezeichen hinter Preisentwicklungen gesetzt, gerade wenn die Branche mit hohen Margenzuwächsen auffalle, doch seien „Preisverfahren eine schwierige Materie“, komme es doch stets auf die Ursache an. Bislang habe es nirgends Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Preissteigerungen Resultat einer zunehmenden Konzentration seien.

Prävention mit Fusionskontrolle

Die Marktbeherrschung in Kombination mit missbräuchlich hohen Preisen sei aber Voraussetzung für das Einschreiten. Vielfach seien hohe Preise Folge der Geldpolitik bzw. von Angebotsknappheiten. „Wir sind eine Wettbewerbsbehörde und keine Preisbehörde“, machte Mundt den Punkt.

Das wichtigste Instrument des Kartellamts zum Wettbewerbsschutz ist und bleibt nach Einschätzung von Mundt die Fusionskontrolle: „In konzentrierten Märkten ist Preissetzungsmacht leichter durchzusetzen. Die Fusionskontrolle ist das einzige Instrument, um dem präventiv entgegenzuwirken.“

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