SIEMENS ZIEHT ZWISCHENBILANZ

Konkurrenten sehen Rücklichter

Siemens wächst stark im dritten Quartal - Auftragsbestand auf Rekordhöhe

Konkurrenten sehen Rücklichter

mic München – Siemens hat die Konkurrenz im dritten Quartal (30. Juni) in der Disziplin Wachstumstempo distanziert. Siemens sei deutlich führend, sagte Vorstandschef Joe Kaeser bei Vorlage der Zahlen. Damit sei der Trend früherer Jahre umgekehrt. Mit Blick auf General Electric, ABB & Co. fügte er angesichts der zweiten Erhöhung der Siemens-Gewinnprognose im laufenden Turnus hinzu: “Viele Unternehmen der Branche haben jetzt doch alle Hände voll zu tun, 2016 so zu bewältigen, wie sie es angekündigt haben.”Siemens erhöhte den Umsatz auf vergleichbarer Basis im dritten Quartal um 7 % auf 19,8 Mrd. Euro (ohne Währungs- und Portfolioeffekte). Nach sechs Monaten hatte das Plus nur 3 % betragen. In der Folge stieg der operative Gewinn von April bis Juni um 20 % auf 2,2 Mrd. Euro und damit etwas schneller als im Halbjahr. Dass der Nettogewinn bei 1,4 Mrd. Euro stagnierte, begründete Siemens hauptsächlich mit bilanziellen Effekten aus Rückbauverpflichtungen einer Brennelemente-Fabrik.Fünf Entwicklungen stechen aus dem Zahlenwerk heraus: Das Wachstumstempo ist im Konzern sehr unterschiedlich verteilt, Siemens ist mit teils hohem Preisdruck konfrontiert, mit einer Ausnahme haben alle Sparten ihre Margenziele mindestens erreicht, erneut gab es keine Projektbelastungen und der Auftragsbestand steigt weiter.Erstens: Das Umsatzplus wird von den Aktivitäten im Energiegeschäft getrieben. Während die Sparte Konventionelle Kraftwerke und die Division Windenergie um 22 % bzw. 30 % expandierten, liegt der höchste Wert im übrigen Geschäft bei nur 5 % (jeweils ohne Währungs- und Portfolioeffekte). Für Rückenwind im Energiegeschäft sorgt ein ägyptischer Großauftrag. Finanzvorstand Ralf Thomas sprach von einer “kleinen Sonderkonjunktur”. Wenn in dem Land das erste Kraftwerk zum Jahresende starte, werde es zwei Quartale mit hohen Umsätzen aus dem Auftrag geben. Teils hoher PreisdruckVor diesem Hintergrund ist – zweitens – bemerkenswert, wie prononciert Kaeser darauf hinwies, dass der Markt der konventionellen Kraftwerke aufgrund anhaltender Überkapazitäten hart umkämpft bleibe und Wettbewerber auf Marktanteilsverluste mit aggressiven Preisen reagierten. Sein Kollege Thomas bezifferte den Preisdruck auf unverändert 4 % bis 5 %. Hinweise auf Preiskämpfe gehen historisch bei Siemens zuweilen strukturellen Eingriffen voraus. Kaeser nutzte die Gelegenheit auch, auf Wettbewerbsdruck im Geschäft mit Zügen hinzuweisen. Chinesische Staatsunternehmen, aber auch staatsnahe europäische Anbieter träten mit überaus aggressiven Preis- und Finanzierungsangeboten auf.Drittens: Sieben der acht Sparten des Industriegeschäfts erreichen sowohl im dritten Quartal als auch auf Neunmonatssicht mindestens jene Margen, mit denen Siemens sich bezogen auf den operativen Gewinn auf Höhe des Wettbewerbs sieht. Lediglich die Antriebstechnologie/Prozesstechnik blieb mit knapp 5 % unter ihrer Vorgabe von 8 % bis 12 %. Kaeser bekräftigte, die Kosten für Personalabbau fielen großteils im vierten Quartal an. Im dritten Quartal wurden 40 Mill. Euro verbucht. Schwachpunkt Dresser-RandViertens: Siemens meldete im Quartal keine Belastungen durch fehlgeschlagene Projekte – zum dritten Mal in Folge. Der Finanzvorstand, der auch die Aufsicht über das Projektgeschäft hat, warnte jedoch: “Es wäre naiv zu glauben, dass im Großanlagenbau niemals Belastungen auftreten können.”Der Auftragsbestand kletterte – fünftens – auf den Rekordwert von 116 Mrd. Euro. Mit 46 Mrd. entfällt der Großteil auf die konventionellen Kraftwerke. Ein Drittel hiervon verwandle sich im nächsten Geschäftsjahr in Umsatz, sagte Thomas.Weitere auffällige Faktoren: Trotz niedrigen Ölpreises reißt Dresser-Rand keine auffälligen Löcher in die Kasse. Mit einer Book-to-Bill-Ratio von 0,8 im laufenden und unter 1 im nächsten Geschäftsjahr (so Thomas) bleiben die Aktivitäten aber ein Schwachpunkt. In der Medizintechnik versucht Siemens im schwächelnden Diagnostikgeschäft mit der erstmals präsentierten Plattform “Atellica Solutions” einen Neustart.