Leonardo-Chef erwartet keine großen Fusionen

Profumo rechnet mit Zusammenschlüssen in einzelnen Sektoren und setzt auf Wachstum vor allem in den USA - Jahresziele bestätigt

Leonardo-Chef erwartet keine großen Fusionen

bl Mailand – Alessandro Profumo, CEO des italienischen Rüstungskonzerns Leonardo (früher Finmeccanica), erwartet keine großen Fusionen in der europäischen Rüstungsbranche. “Diese sind nur sehr schwer zu realisieren”, sagte er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. “Innerhalb einzelner Sektoren können Unternehmen sehr viel leichter kooperieren oder auch einzelne Aktivitäten zusammenschließen”, fügt der frühere Chef der HVB-Mutter Unicredit hinzu. Der 63-jährige Profumo steht seit Mai 2017 an der Spitze des Technologie- und Rüstungskonzerns.Leonardo hat im ersten Quartal 2019 Umsatz und Ertrag deutlich gesteigert. Vor allem dank guter Ergebnisse in der Rüstungselektronik, dazu gehören etwa Radar-, Sensorik- und Infrarotsysteme, stieg der Umsatz um 11,2 % auf 2,7 Mrd. Euro. Die Neubestellungen wuchsen um 16,2 % auf 2,5 Mrd. Euro. Insgesamt hat Leonardo ein Orderbuch von 36,6 Mrd. Euro. Das Bruttobetriebsergebnis (Ebitda) stieg um 6,5 % auf 163 Mill. Euro, der konsolidierte Nettogewinn auf 77 (Vorjahr: 50) Mill. Euro. Zu den Zuwächsen trugen auch Akquisitionen bei. Die Zahlen beflügelten den Aktienkurs des teilstaatlichen Konzerns: Seit Jahresanfang stieg er um 27,5 %.Profumo bestätigte die Jahresziele: “Es läuft besser als erwartet.” Er rechnet mit einem Jahresumsatz von 12,5 bis 13 Mrd. Euro. Der CEO sieht aber noch Handlungsbedarf. Nicht in allen Sparten läuft es gut. In der Flugzeugsparte, dazu gehören etwa Beteiligungen am Eurofighter und am Kampfflugzeug F-35, gingen die Bestellungen um 37 % zurück. Umsatz und Gewinn sanken gegenüber Vorjahr. Auch im Raumfahrtgeschäft, wo die Italiener mit dem französischen Thales-Konzern kooperieren (33 % Beteiligung), waren die Ergebnisse nicht optimal. Ein negativer Ergebnisbeitrag kam vom Regionalflugzeughersteller ATR, einem paritätischen Gemeinschaftsunternehmen mit Airbus. Mit Airbus kooperiert Leonardo auch bei der Cybersicherheit, die Profumo als “Wachstumsbranche” bezeichnet. Bessere Ergebnisse steuerte das Helikopter-Geschäft bei, das für etwa ein Drittel der Umsätze steht. Bekannteste Marke ist Augusta Westland. Außer mit der amerikanischen Sikorski arbeitet Leonardo im Hubschraubersektor auch mit Airbus zusammen (NH 90).Da, wo er im Konzern Schwachstellen sieht, greift Profumo durch. “Da reorganisieren wir und haben teilweise das Management ausgetauscht. Wo wir keinen Turnaround schaffen, denken wir auch über andere Lösungen nach”, so Profumo. Der Manager ist offen für Zusammenschlüsse und Joint Ventures in einzelnen Sektoren. “Wo wir führend sind, streben wir dabei eine Führungsrolle und Mehrheit an. Wo das nicht der Fall ist, sind wir auch bereit, einen Minderheitsanteil zu akzeptieren”, sagte der 63-jährige Manager. Er hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Die Marge des Konzerns von zuletzt 4 % soll bis 2020 verdoppelt und die Schulden von derzeit knapp 3 Mrd. Euro sollen bis 2023 komplett abgebaut werden.Profumo beklagt die Zersplitterung der europäischen Rüstungsindustrie, die weitgehend national organisiert sei. So sei es ein Unding, dass es derzeit in Europa drei Kampfflugzeuge gebe statt ein gemeinsames Projekt. Diese Situation ändere sich nur sehr langsam. Auch die Verteidigungsbudgets seien in einigen Ländern, vor allem in Deutschland, viel zu gering. Nutznießer dieser Entwicklung seien vor allem die USA und China.Leonardo ist zu 30,2 % staatlich, 51,2 % liegen in Händen institutioneller Aktionäre, der Rest bei privaten Investoren. Die frühere Finmecchanica beschäftigt 46 000 Mitarbeiter und hat einen Exportanteil von 86 %. Nur 14 % des Umsatzes werden in Italien erzielt, 28 % in den USA. Vom dort wachsenden Rüstungsmarkt will sich Profumo eine größere Scheibe abschneiden. In der Rüstungssparte, die gerade einen Auftrag von fast 1 Mrd. Dollar für die Lieferung eines Satelliten-Kommunikationssystems erhalten hat, aber auch bei Helikoptern. Leonardo hat ein Hubschrauberwerk in Philadelphia. In Deutschland arbeitet Leonardo etwa mit ThyssenKrupp und Rheinmetall zusammen. Produziert wird zu 78 % in Italien. Generell sieht Profumo bei Leonardo sehr große technische Kompetenzen, beklagt aber teilweise das Fehlen moderner Managementmethoden. Diese einzuführen, sieht er als eine seiner Aufgaben an.