Leoni kommt unter die Räder

Gewinnwarnung - Aktie verliert ein Drittel an Wert - Rekordverschuldung - Verschärftes Sparprogramm

Leoni kommt unter die Räder

Eine Gewinnwarnung von Leoni hat die Börse geschockt. Der Aktienkurs des Autozulieferers sank in der Spitze um 33 %. Noch im November hatte der Vorstand die Prognose bestätigt. Nun verwies er auf Sonderbelastungen und prognostizierte einen Gewinnrückgang 2019. Das Mittelfristziel 2020 wurde gestrichen. Die Nettofinanzschulden stiegen auf den höchsten Stand in diesem Jahrhundert.mic München – Der Autozulieferer Leoni hat seine gesenkte Gewinnprognose 2018 drastisch verfehlt und ein Beben an der Börse ausgelöst. Die Aktie ging mit einem Minus von 32 % auf 20,59 Euro nahe des Tagestiefs aus dem Xetra-Handel und kostete damit so wenig wie zuletzt im Sommer 2010. Die Nürnberger sorgten zum wiederholten Mal durch Sonderkosten für eine Enttäuschung. Hausgemachte Probleme”Unser Ergebnis 2018 ist sehr enttäuschend und inakzeptabel”, sagte Vorstandsvorsitzender Aldo Kamper am Freitag im Gespräch mit Analysten, nachdem die Gewinnwarnung am Donnerstagabend veröffentlicht worden war. Es handle sich um hausgemachte Probleme. Betroffen ist primär die Sparte Bordnetzsysteme.”In den nächsten Monaten werden wir uns darauf konzentrieren, das Unternehmen zu stabilisieren”, sagte Kamper. Er werde sich mit dem Finanzvorstand Karl Gadesmann in die operative Führung der Sparte einschalten – diese führt eigentlich Vorstand Martin Stüttem. Kamper kündigte eine Verschärfung des geplanten Sparprogramms an. Das Konzept mit dem Namen Value 21 soll auf der Bilanzpressekonferenz am 19. März vorgestellt werden.Obwohl der Umsatz im letzten Jahr von 4,9 Mrd. auf 5,1 Mrd. Euro stieg, sank der operative Gewinn (Ergebnis vor Zinsen und Steuern, Ebit) den vorläufigen Zahlen zufolge von 227 Mill. auf 144 Mill. Euro. Zu Jahresanfang war noch ein Ebit von bis zu 235 Mill. Euro versprochen worden. Mit einer Gewinnwarnung im Oktober hatte der Vorstand 196 Mill. Euro prognostiziert. Dieses Ziel hatte das Management am 14. November anlässlich der Präsentation der Zahlen des dritten Quartals bestätigt. Der seit September amtierende Kamper sagte, er sei überrascht von der schlechten Entwicklung mit einem operativen Verlust (-19 Mill. Euro) im vierten Quartal. Finanzen bluten ausFinanzvorstand Gadesmann begründete die Abweichung von der letzten Prognose in Höhe von 52 Mill. Euro zwar mit drei Effekten, klärte damit aber nur die Hälfte des Gewinnschwunds auf. Erstens hätten höhere Anlaufkosten für neue Produktionsstätten in der Bordnetzsparte rund 10 Mill. Euro gekostet. Es handele sich vor allem um den Standort in der mexikanischen Stadt Merida (Yucatán). Dort wird für einen in den USA ansässigen Autohersteller und einen Leoni-Kunden aus Asien produziert. Offenbar müssen erheblich mehr Ressourcen bereitgestellt werden, um den erforderlichen Output zu gewährleisten. Das Problem bestehe auch im ersten und wohl noch im zweiten Quartal 2019, sagte das Management.Als zweiten Faktor nannte Gadesmann, dass geplante Kostensenkungen nicht erreicht worden seien. Dies habe ebenfalls 10 Mill. Euro Gewinn gekostet. Drittens sei eine Goodwill-Abschreibung von 7 Mill. Euro erforderlich gewesen. Ein positiver Sondereffekt – Immobilien in Schanghai und Portugal wurden verkauft (Sale-and-Lease-back) – habe die drei Faktoren nicht ausgeglichen.Die Dividende fällt erstmals seit dem Jahr 2009 aus (siehe Grafik). Damit reagiert Leoni auf den Mittelabfluss und den Anstieg der Nettoverschuldung. Im vergangenen Jahr rutschte der Free Cash-flow tief ins Minus. 147 Mill. Euro flossen ab. Dies ist vier Mal so viel wie im schlechtesten Jahr der vergangenen Dekade (2014). Der Vorstand rechnet 2019 mit einem Wert in ähnlicher Höhe. Sonderkosten auch 2019In der Folge stiegen die Nettofinanzschulden per Ende Dezember von 406 Mill. auf 613 Mill. Euro. Dies ist der höchste Wert mindestens in diesem Jahrhundert. Im Krisenjahr 2008 waren es 533 Mill. Euro. Aber auch in Relation zur Profitabilität steht Leoni tief in der Kreide. Die Verschuldungsquote (Nettofinanzschulden zu Ebitda) sprang von 1,1 auf 2,0. Noch gravierender: Das Verhältnis von Finanzschulden zu Eigenkapital überschritt mit 57 % die selbst gesetzte Maximalquote von 50 %. Dieses Gearing dürfte sich im laufenden Jahr verschlechtern. Die Kreditvereinbarungen von Leoni enthalten keine Financial Covenants. Die Sachanlageinvestitionen in Höhe von 343 Mill. Euro sollten im laufenden Jahr sinken, kündigte Gadesmann an.Für 2019 rechnet der Vorstand mit einem Anstieg des Umsatzes von 5,1 Mrd. auf 5,2 Mrd. Euro. Das operative Ergebnis (Ebit) wird der Planung zufolge weiter auf 100 Mill. bis 130 Mill. Euro sinken. Allerdings sind in dieser Projektion noch nicht die Einmalbelastungen aus dem Sparprogramm enthalten, das im März vorgestellt werden soll. Mit der Performance 2019 werde die Talsohle erreicht sein, versprach Kamper.Gadesmann detaillierte, der Produktionshochlauf in Mexiko werde außerplanmäßig einen signifikanten zweistelligen Millionenbetrag kosten. Außerdem soll in diesem Jahr mehr Geld als zuvor geplant in eine SAP-Einführung fließen, um den Durchgriff auf die operativen Einheiten zu erhöhen. Es fehle an Transparenz im internen Berichtswesen, sagte Gadesmann. Planmäßig werden darüber hinaus die Anlaufkosten um 10 Mill. Euro höher sein als im vergangenen Jahr. Ein Fabrikumzug in Deutschland koste weitere 10 Mill. Euro, kündigte der CFO an.—– Wertberichtigt Seite 6