Leoni steht vor tiefen Einschnitten

Stellenstreichungen und Verkäufe von Unternehmensteilen - Vorstand kassiert Prognose für 2019

Leoni steht vor tiefen Einschnitten

Der Automobilzulieferer Leoni streicht die Prognose für 2019 schon wenige Wochen nach ihrer Veröffentlichung und verordnet sich einen Umbau. 2 000 Stellen sollen gestrichen und Konzernteile verkauft werden. Ziel ist eine deutliche Erhöhung des Mittelzuflusses und der operativen Gewinnmarge bis 2022. mic München – Der Autozulieferer Leoni verordnet sich tiefe Einschnitte. “Wir machen Leoni zu einem fundamental anderen Unternehmen, als es heute ist”, sagte Vorstandsvorsitzender Aldo Kamper bei der Vorstellung der Umbaupläne. Das Management wolle die operativen Probleme in den Griff kriegen, durch ein reduziertes Wachstum Ruhe in die Firma bekommen und sich auf profitable Aktivitäten fokussieren. “Das ist schon eine Situation, die sehr ernst ist”, sagte Kamper, der sowohl Bilanzpressekonferenz als auch Kapitalmarkttag am heutigen Dienstag gestrichen und die Veröffentlichung der Pläne vorgezogen hatte. Eine Kapitalerhöhung sei allerdings nicht erforderlich (siehe Artikel auf dieser Seite: “Leoni ächzt unter . . .”).Leoni strich die Prognose für 2019 nur fünf Wochen nach ihrer Veröffentlichung. Bisher war ein operatives Ergebnis (Ebit) von 100 Mill. Euro bis 130 (i.V. 144) Mill. Euro bei einem Umsatz von 5,2 (5,1) Mrd. Euro angepeilt worden. Neue Zielsetzungen nannte das Unternehmen nicht. Kamper schloss aber einen Verlust nicht aus. Dies sei abhängig davon, wann die Umbaukosten von 120 Mill. Euro verbucht würden. Sie streckten sich über drei Jahre.Das Streichen der Prognose sei durch Belastungen in unerwartetem Umfang nötig geworden, sagte Kamper. Erstens dürfte der missglückte Anlauf der Produktion in einer neuen Fabrik im Jahr 2019 rund 50 Mill. Euro kosten. Es war nur die Hälfte erwartet worden, nachdem im Vorjahr 20 Mill. Euro anfielen. Die Fabrik im mexikanischen Merida werde im laufenden Jahr einen Umsatz von 100 Mill. Euro zeigen, sagte Kamper. Probleme bei anderen wichtigen Projektanläufen sehe man nicht.Zweitens kämpften osteuropäische Standorte im ersten und auch zweiten Quartal mit einer Belastung durch eine hohe Fluktuation unter den Beschäftigten. Drittens leide Leoni unter einer schwachen Nachfrage in China. Viertens hätten einige Autohersteller ihre Abrufe deutlich gekürzt. Allerdings sei für das Jahr 2019 keine generelle Abrisskante zu sehen, fügte Kamper hinzu. Value 21 zielt aufs Jahr 2022Das Management lenkt den Blick der Investoren mit dem Umbauprogramm Value 21 auf das Jahr 2022. Innerhalb von vier Jahren möchte Leoni die Ebit-Marge ausgehend von 2,8 % im Jahr 2018 um 2 bis 3 Prozentpunkte erhöhen. Der freie Cash-flow, bezogen auf den Umsatz, soll stärker zulegen: ausgehend von -2,9 % um 4 bis 5 Punkte. Damit würden die beiden Margen in jene Regionen steigen, die in den ersten Jahren der laufenden Dekade erreicht oder übertroffen wurden (siehe Grafik). Für die Ebit-Marge hatte sich Leoni jahrelang eine Marke von 7 % als Zielwert gesetzt.Vier Stellschrauben hat Kamper für das Programm Value 21 identifiziert, das im dritten Quartal 2019 starten soll und über das das Management quartalsweise berichten will. Da Wachstum – erstens – nicht die erwarteten Skaleneffekte gebracht habe, gelte nun: “Marktanteilsgewinne haben keine Priorität mehr.” Stattdessen wolle Leoni mit der Branche um rund 2 % jährlich zulegen und sich auf die Erhöhung des Mittelzuflusses konzentrieren. “Das können wir nicht über Nacht tun”, sagte Kamper. Denn die akquirierten Aufträge müssten umgesetzt werden, wesentlich weniger Wachstum werde es erst im Jahr 2022 geben. Aber es sei schon in der laufenden Periode ein niedrigerer Auftragseingang zu erwarten. Offen für PartnerschaftenZweitens will Leoni die strukturellen Kosten vom Jahr 2022 an um rund 500 Mill. Euro jährlich senken. Dafür sollen unter anderem 2 000 der etwa 20 000 Arbeitsplätze in der Verwaltung wegfallen. 500 dieser Stellen liegen in Hochlohnländern. Die Hälfte der Umbaukosten von 120 Mill. Euro soll für den Personalabbau eingesetzt werden.Kamper will drittens Geschäftsbereiche mit einem jährlichen Umsatz von 500 Mill. Euro anpacken. Fix, sell and close, lautet für Kamper die Devise: “Es gibt keine heiligen Kühe.” Er ließ erkennen, dass in der Kabelsparte jene Aktivitäten mit Standardprodukten problematisch seien. Grundsätzlich solle Leoni stärker ein Systemanbieter werden.Die Zusammenarbeit mit der Konkurrenz schloss Kamper nicht aus. Leoni sei immer offen für strategische Partnerschaften gewesen und werde dies von Fall zu Fall entscheiden. Zu der Gefahr einer Übernahme durch einen Konkurrenten äußerte Kamper sich nicht explizit. “Es ist an uns zu zeigen, was Leoni wert ist”, sagte er lediglich.Viertens: Leoni verwandelt sich in eine Finanzholding mit den zwei unternehmerisch eigenständig agierenden Divisionen Bordnetz und Kabel. Die Begründung von Kamper: “Die Synergien zwischen Kabel- und Bordnetzgeschäft sind beschränkt.”