Liberty Global nimmt Sunrise näher ins Visier
Die Pläne von Liberty Global, ihre Schweizer Tochter UPC durch die Übernahme des Mobilfunkanbieters Sunrise zu stärken, nehmen Gestalt an. Großaktionär Freenet hat schon vor längerem seine Verkaufsbereitschaft signalisiert – wenn der Preis stimmt. Die Sunrise-Aktie legte gestern rund 1,4 % zu.hei Frankfurt – Liberty Global, die im Zuge des Verkaufs von Unitymedia an Vodafone hierzulande und in Europa insgesamt zu einer Neuordnung ihrer Aktivitäten angesetzt hat, nimmt den Schweizer Mobilfunkbetreiber Sunrise nun näher ins Visier. CEO Mike Fries sagte in einem Bloomberg-Interview, ein Zusammenschluss der Liberty Global-Tochter UPC mit Sunrise sei “eine Möglichkeit”, zumal “nicht viele Telekommunikationsunternehmen auf dem Markt sind”.Der langjährige Konzernchef hatte sich in Deutschland sowie in den osteuropäischen Ländern Ungarn, Tschechien und Rumänien angesichts eines attraktiven Angebots von Vodafone zum Verkauf der Landesgesellschaften entschlossen. Der britische Mobilfunkriese blätterte dafür insgesamt 18,4 Mrd. Euro hin. Die Aktivitäten in Österreich stieß Liberty Global zugleich an die Deutsche Telekom ab, die damit ihrem dortigen Mobilfunkgeschäft eine Kabelfestnetzinfrastruktur hinzufügte und künftig komplette Bündelangebote machen kann. Dagegen will der Kabelkonzern in der Schweiz offenbar nicht weichen und sucht stattdessen Verstärkung. Lukrativer MarktDer Schweizer Mobilfunkmarkt wird zwar von der staatlichen Swisscom dominiert, gilt indes dennoch als lukrativ angesichts einer sehr zahlungskräftigen Klientel. Neben Sunrise ist noch die ehemalige Orange-Tochter Salt im Markt, die nach einem Intermezzo bei Apax 2014 an die französische Iliad verkauft wurde. Diese denkt selbst keinesfalls an Rückzug, sondern hat einen europäischen Expansionsfeldzug gestartet. Jüngst erfolgte der Markteintritt in Italien.Das Kapital von Sunrise ist zu drei Vierteln breit gestreut. Großaktionär mit einer Beteiligung knapp unterhalb der Sperrminorität ist der Mobilfunk Service Provider Freenet, der das Paket 2016 vom Finanzinvestor CVC übernommen hatte. Weitere nennenswerte Anteile liegen beim kanadischen Pensionsfonds (5 %), bei der Norges Bank (3,4 %) sowie bei UBS (3,1 %) und BlackRock (2,9 %)Sunrise-Chef Olaf Swantee hatte Übernahmeansinnen bisher eine Absage erteilt. Freenet-Chef Christoph Vilanek, der im Sunrise-Verwaltungsrat sitzt, betonte jüngst im Interview der Börsen-Zeitung erneut den Charakter des Investments als “Finanzbeteiligung”, die “Optionen” eröffne. Allerdings erkannte er in der Wertentwicklung der Sunrise-Aktie noch Nachholbedarf und ließ durchblicken, eventuell nicht komplett auszusteigen (vgl. BZ vom 8. Juni). Seither hat das Papier beflügelt von Übernahmefantasie knapp ein Sechstel zugelegt. Gestern notierte die Aktie 1,4 % fester bei 90,50 sfr. Die Marktkapitalisierung beläuft sich damit auf 4,06 Mrd. sfr, was den Wert des Freenet-Pakets auf rund 1 Mrd. sfr bzw. 885 Mill. Euro stellt. Beim Einstieg hatten die Hamburger rund 720 Mill. Euro gezahlt.Die jüngste M&A-Welle in der Telekommunikations- und Kabelbranche in Europa ist erneut stark vom Trend zur Konvergenz von Mobilfunk und Festnetz sowie TV getrieben. Vodafone hatte dabei schon vor Jahren mit Milliarden-Deals wie dem Kauf von Kabel Deutschland oder Ono in Spanien eine Vorreiterrolle eingenommen. In den Niederlanden waren Liberty Global und die Briten bereits bei Ziggo einig geworden, ein Zukauf, der Vodafone dort bei integrierten Angeboten auf Augenhöhe mit KPN brachte. Auch die Deutsche Telekom hat sich zum Ziel gesetzt, möglichst überall als integrierter Anbieter aufzutreten. Sie möchte in Holland Tele2 übernehmen, die über ein eigenes Festnetz verfügt, stößt dabei allerdings auf den Widerstand der Brüsseler Kartellbehörden, weil Tele2 auch als Mobilfunkbieter tätig ist und damit ein Wettbewerber im Markt ausscheiden würde. Der leichte WegWährend sich die Telekommunikationsgesellschaften regelmäßig schwertun, Zusammenschlüsse mit direkten Konkurrenten innerhalb eines Marktes durchzusetzen, erhalten Fusionen mit Kabelnetzbetreibern meist mühelos grünes Licht. Derlei Transaktionen haben den Charme, dass sie den Wettbewerb in der Branche nicht durch Ausscheiden eines Players treffen, zugleich eröffnen sie Spielraum für Skaleneffekte für Produktangebote über verschiedene Netze (Kabel-TV, Mobile TV etc). Allerdings fallen nicht ansatzweise jene Synergien an, die beim direkten Zusammenschluss zweier Konkurrenten entstehen und die die Telekomunternehmen daher bevorzugen.