DAS CFO-INTERVIEW - IM INTERVIEW: HAFID RIFI, ASKLEPIOS KLINIKEN

"Liquidität ist für uns ein wichtiges Gut"

Der Finanzvorstand über die Akquisition des Rhön-Klinikums und Überlegungen zu einem Auftritt am Bondmarkt

"Liquidität ist für uns ein wichtiges Gut"

Der private Krankenhausbetreiber Asklepios Kliniken hat jüngst die Übernahme des Wettbewerbers Rhön-Klinikum unter Dach und Fach gebracht. Finanzvorstand Hafid Rifi erläutert im Interview die Finanzierung des Deals und die Maßnahmen zur Ertragssicherung in der Coronakrise. Herr Rifi, Asklepios hält knapp 93 % an Rhön, hat jüngst den Aufsichtsrat mehrheitlich mit eigenen Leuten besetzt und den Rhön-Vorstand umgestaltet. Was sind die nächsten Schritte?Es ist die bislang größte Akquisition von Asklepios, die wir trotz des schwierigen Umfelds in der Corona-Pandemie erfolgreich abgeschlossen haben. Die Teams sind jetzt dabei, die Potenziale der Zusammenarbeit auszuloten und zu schauen, wo man sich gegenseitig stärken kann. Soll die Beteiligung von Asklepios in Richtung 95 % und Squeeze-out gehen?Noch sind wir in der Bestandsaufnahme. Natürlich werden verschiedene Möglichkeiten der Integration diskutiert – auch Optionen wie ein Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag oder Squeeze-out. Aber es gibt noch keine Notwendigkeit und also auch keine Entscheidung. Ohne Organvertrag sind die Optionen begrenzt, und Asklepios hat keinen Zugriff auf den Cash-flow von Rhön. Was bleibt da für die strategische Zusammenarbeit?Natürlich gibt es klare Spielregeln für uns als Mehrheitsaktionär, aber das schließt ja nicht alles aus. So ist es zum Beispiel grundsätzlich nicht unmöglich, im Einkauf zusammenzuarbeiten. Asklepios hat auch Mediclin als börsennotierte Tochter im Portfolio. Ist diese Struktur regulatorisch nicht etwas aufwendig?Bislang hat das sehr gut funktioniert, aber natürlich analysieren wir laufend, ob es für alle Seiten bessere Strukturen gibt. Das ist ein längerer Prozess, der nicht kurzfristig abgeschlossen werden wird. In der Angebotsunterlage für Rhön waren Überlegungen für einen Börsengang von Asklepios offengelegt worden. Wie weit ist die Vorbereitung gediehen?In der Angebotsunterlage sind lediglich die vertraglichen Vereinbarungen mit der Münch-Seite dargestellt. Herr Münch könnte eine Put-Option ziehen, falls Asklepios bis 2022 an die Börse ginge – denn so lange läuft mindestens der Joint-Venture-Vertrag mit dem Rhön-Gründer. Über einen möglichen Börsengang von Asklepios wird schon spekuliert, seitdem das Unternehmen gegründet worden ist. Vor diesem Hintergrund hat sich die Familie Münch für den Fall der Fälle absichern wollen und diese Put-Option gewünscht. Es gibt demnach keine konkreten Pläne für einen Börsengang?Nein, konkrete Pläne gibt es zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Ein Börsengang bleibt aber, wie viele andere Optionen auch, langfristig natürlich eine mögliche Finanzierungsmöglichkeit. Wie hat Asklepios die Übernahme von Rhön finanziert? Es gab eine Kreditzusage von BNP Paribas bis zu 875 Mill. Euro. Wie soll langfristig finanziert werden?Wir haben uns bewusst für keine klassische Brückenfinanzierung entschieden. Der syndizierte Kredit, der seinerzeit von der BNP zur Verfügung gestellt wurde und aktuell noch mit 687 Mill. Euro in Anspruch genommen ist, wurde mittlerweile an einen breiteren Bankenkreis syndiziert und steht uns fünf Jahre zur Verfügung. Wir haben also keinen Druck, den Kredit kurzfristig zu refinanzieren. Welche Banken sind im Boot?Es sind neun Banken im Syndikat: BNP Paribas, Bayern LB, Commerzbank, Deutsche Bank, DZ Bank, Helaba, ING, Nord LB und Unicredit. Ist denn ein syndizierter Kredit günstiger als ein Schuldschein oder eine Anleihe?Während der Coronakrise war eine Kreditfinanzierung zeitweise günstiger. Allmählich entspannt sich die Marktlage. Es ist nicht auszuschließen, dass wir einen weiteren Schuldschein platzieren, es könnte aber auch eine Anleihe werden. Beides müssen wir aber nicht, und das stellt sich für uns als sehr komfortabel dar. Asklepios ist als Familienunternehmen langfristig orientiert, daher wollen wir entsprechend nachhaltig Geld aufnehmen. Gerade für lange Laufzeiten könnte uns der Bondmarkt attraktive Konditionen bieten. Dafür bräuchten Sie ein Rating?Wir sind mittlerweile in einer Größenordnung und in einer klaren Aufstellung, dass wir das nicht per se ausschließen. Im Jahr 2017 ist die Konzernstruktur neu geordnet worden, mit klaren operativen Zuständigkeiten der verschiedenen Einheiten. Die Dachgesellschaft der Asklepios-Gruppe ist eine Gesundheits-Holding in der Rechtsform der KGaA mit transparenten Governance-Regeln. Sollten wir diesen Schritt irgendwann gehen, hätten wir hier natürlich auch das Ziel, ein Investmentgrade-Rating zu erreichen. Sie haben aber doch dank Ihres Geschäftsmodells einen stabilen Cash-flow aus einem solventen Kundenkreis zu bieten und wären damit auch im Hochzinssegment gefragt?Das stimmt, am Ende hängt am Rating aber immer das Pricing, die Laufzeit und weitere Elemente. Als Betreiber im Gesundheitswesen verwalten wir fremdes Geld, das uns die Kostenträger im Gesundheitswesen zukommen lassen. Es ist für uns selbstverständlich, damit maßvoll und verantwortungsbewusst umzugehen. Vor diesem Hintergrund würden wir uns grundsätzlich im Investmentgrade-Bereich wohler fühlen. Die Verschuldung könnte nach der Rhön-Übernahme zu hoch sein für ein Investment Grade, obwohl Rhön ja sogar Cash mitbringt. Vor der Konsolidierung lag die Relation von Nettoverschuldung zu Ebitda bei rund 3,0. Wo stehen Sie nach dem Zukauf?Mit Rhön landen wir voraussichtlich bei 3,5. Wir erwarten allerdings aus der Übernahme nachhaltige Synergiepotenziale, so dass sich die Verschuldungskennziffer über absehbare Zeit wieder verbessern sollte. Zuletzt haben Sie vor allem über Schuldscheine Geld aufgenommen. Sind im laufenden Jahr noch Finanzierungsschritte geplant?In diesem Jahr haben wir bereits eine Tranche über 33 Mill. Euro aus dem Cash-flow getilgt, weitere 43 Mill. Euro laufen im November aus. 2021 stehen keine weiteren Fälligkeiten an. Vor allem 2022 werden verschiedene Schuldscheintranchen fällig – in Summe rund 500 Mill. Euro. Wir überlegen, das gegebenenfalls mit einem Bond zu refinanzieren. Ohne externes Rating könnte ein Schuldschein allerdings gegebenenfalls günstiger sein. Im ersten Halbjahr hat Asklepios den Cash-flow deutlich ausgebaut, auch dank deutlich kürzerer Zahlungsziele für die Krankenkassen. Was steckt dahinter?Wir sind 2020 gut in das Geschäftsjahr gestartet, das war sicherlich hilfreich. Insbesondere die Monate Januar und Februar liefen sehr gut. Mit dem Lockdown sind wir dann intensiv ins Working-Capital-Management eingestiegen, weil die Unsicherheit darüber groß war, was mit Ausbreitung von Covid-19 auf die Klinikbetreiber zukommt. Wir mussten beispielsweise Intensivbetten für Corona-Patienten vorhalten. Gleichzeitig war klar, dass andere Behandlungen aus Angst vor Infektionen aufgeschoben werden. Dass der Gesetzgeber die Krankenkassen zur schnellen Zahlung in einer Frist von fünf Tagen verpflichtete, hat geholfen?Sicher. Normalerweise beträgt das Zahlungsziel grundsätzlich und abhängig von den jeweiligen Landesverträgen der Bundesländer 30 Tage. Oft verlängert es sich noch darüber hinaus, weil die Kostenträger über den medizinischen Dienst umständliche und langwierige Prüfungen durchführen. Dass der Gesetzgeber im Zuge der Pandemiehilfen die Zahlungsziele verkürzt hat, um für Liquidität bei den Klinikbetreibern zu sorgen, kommt auch uns zugute. Unabhängig davon haben wir unsere ausstehenden Forderungen konsequent eingetrieben. Diese waren nicht zwingend von der gesetzlich veranlassten Verkürzung des Zahlungsziels betroffen. Halten Sie aufgrund der Coronakrise mehr Liquidität vor?Wir haben seit vielen Jahren ein verlässliches Modell zur Liquiditätsplanung entwickelt mit konkreten Budgetvorgaben für Investitionen. Das hat sich in der Coronazeit bewährt. Liquidität ist für uns ein wichtiges Gut, wir haben schließlich keine Stadtkämmerei im Hintergrund und verwalten wie gesagt fremdes Geld. Die Cash-flow-Steuerung im Konzern war während des Lockdowns teilweise sehr anspruchsvoll, ist uns am Ende aber meines Erachtens gut gelungen. Haben Sie Investitionen hinausgeschoben?Ja, wo möglich haben wir zahlreiche Investitionen gestoppt und geschoben. Es war im März eine riesige Herausforderung für die Kollegen und mich, den Tanker zum Halten zu bringen und innerhalb der Gruppe klarzumachen, dass es für bereits getroffene Investitionsentscheidungen nun ein anderes Umfeld gibt. Wir investieren dessen ungeachtet nach wie vor auf hohem Niveau, setzen aber nicht alle Projekte um, die ursprünglich geplant waren. Die strategisch wichtigen Investitionen wurden natürlich nicht gestoppt, speziell Bauvorhaben wie etwa unser großes Zentrallager in Bad Oldesloe. Dieses hätten wir gerne schon während der Krise genutzt. Was sind sonst die Investitionsschwerpunkte?Asklepios hat in den vergangenen Jahren viel in die Verlängerung der Wertschöpfungskette investiert. Ein Beispiel ist Samedi, die unter anderem auf die Abwicklung von Online-Sprechstunden als Dienstleistungsangebot für niedergelassene Ärzte ausgerichtet ist. Gut angenommen wird auch unser Angebot an Employer-Assistent-Programmen für Unternehmen, die Mitarbeiter mit psychologischer Beratung zu unterstützen. Das erfreut sich gerade in Pandemiezeiten reger Nachfrage. Halten Sie Ausschau nach weiteren Akquisitionen?Ich hatte schon erwähnt, dass Rhön die größte Übernahme in der Geschichte von Asklepios ist. Diese müssen wir zunächst erfolgreich integrieren, bevor wir ein neues Ziel in Augenschein nehmen. Falls etwas Interessantes auf den Markt kommt, schauen wir es uns an, doch wir stehen hierbei nicht unter Druck. In Deutschland dürfte es zudem für uns wettbewerbsrechtlich immer schwieriger werden, Kliniken zu kaufen. Die Covid-19-Pandemie hat das Ergebnis im ersten Halbjahr deutlich gedrückt. Wird man das im Jahresverlauf aufholen können, spüren Sie in den Akutkliniken Nachholeffekte?Das entwickelt sich noch recht verhalten. Wir spüren schon die Sorge der Patienten, der wir mit viel Aufklärungsarbeit versuchen zu begegnen. So werden aber beispielsweise noch nicht alle ausgefallenen Operationen nachgeholt. Rhön hat im ersten Halbjahr rote Zahlen geschrieben. Wird die neue Tochter nach der Konsolidierung Anfang Juli das Konzernergebnis im Jahr belasten?Im Vergleich mit Asklepios hatte Rhön schon in den vergangenen Jahren ein etwas schwächeres Ergebnis gezeigt. Wir gehen aber fest davon aus, dass sich die Lücke mit der Integration und dem Heben von Synergien schließen wird. Im laufenden Jahr sind dabei noch keine riesigen Sprünge zu erwarten. Reicht das staatliche Angebot zur Kompensation des Leerstands in Kliniken?Die staatlich gewährten Freihaltepauschalen haben geholfen, die Akutkliniken an allen Standorten offen zu halten. In Akutkliniken haben wir auf Kurzarbeit verzichtet. Es war uns im Vorstand sehr wichtig, nicht zwei staatliche Unterstützungsprogramme in Anspruch zu nehmen. Es hätte uns aber auch die Personalplanung erschwert, weil im März nicht vorhersehbar war, was mit Ausbreitung der Pandemie auf die Krankenhäuser zukommt. In den Reha-Kliniken war es vermutlich noch schwieriger?Für die Reha-Kliniken war der Einsatz von Kurzarbeit neben dem Bezug von Leerstandsgeld als Teil des Rettungsschirms politisch vorgesehen, was wir an einzelnen Standorten genutzt haben. Das in Anspruch genommene Kurzarbeitergeld wird dabei auf die Leerstandspauschale angerechnet, sie wird also in dem Ausmaß gekürzt. Der Betrieb in den Reha-Kliniken läuft inzwischen wieder an. Die Einrichtungen der Mediclin, aber auch andere Häuser laufen auf eine auskömmliche Auslastung zu. Setzen Sie darauf, dass die staatlichen Hilfsmaßnahmen verlängert werden?Die Freihaltepauschalen laufen für Akut- und Reha-Kliniken am 30. September aus. Für die Zeit danach hat das Bundesministerium für Gesundheit gerade das Krankenhauszukunftsgesetz auf den Weg gebracht. Gesichert scheint, dass die Digitalisierung in den Krankenhäusern gestärkt wird. Was ich sehr begrüße! Ein Fonds aus 3 Mrd. Euro bildet dabei den finanziellen Rahmen. Das wird aber bei Weitem nicht reichen. Die Krankenhausbetreiber müssen auch aus eigenen Mitteln investieren, um in Deutschland langfristig eine moderne und zukunftsfähige Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Im Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass für frei gehaltene Betten keine Pauschalen mehr gezahlt werden, sondern Einbußen individuell ausgeglichen werden. Wird man die von der Pandemie erzwungenen Ausfälle damit besser ausgleichen können?Aus unserer Sicht bietet das Krankenhauszukunftsgesetz den Kliniken eine gute Grundlage, weiterhin angemessen auf die Herausforderungen der Corona-Pandemie reagieren zu können. Ein individueller Ausgleich auf der Basis der jeweiligen Einnahmen aus dem Jahr 2019 ist fair und vermeidet etwaige Über- und Unterkompensationen. Gewünscht hätten wir uns aber auch noch eine ähnliche Lösung für die Rehakliniken, die im Gesetz nicht berücksichtigt sind, aber ihrerseits ebenfalls einen sehr wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten. Das Interview führte Sabine Wadewitz.