Rekord-Übernahme

Microsoft darf auf Okay für Activision-Deal hoffen

Beim größten Deal der Microsoft-Konzerngeschichte scheinen die Wettbewerbshüter uneins: Die Briten geben sich unnachgiebiger als die EU-Kommission – mit womöglich unangenehmen Folgen.

Microsoft darf auf Okay für Activision-Deal hoffen

rec Brüssel

Microsoft darf darauf hoffen, dass Europas Kartellwächter die angestrebte Übernahme des Spieleentwicklers Activision Blizzard genehmigen. Die EU-Kommission dürfte sich mit bisherigen Zugeständnissen des US-Konzerns zufrieden geben, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Insider. Darauf lassen auch Äußerungen von Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager schließen: Sie deutete an, dass ihre Behörde zu anderen Ergebnissen kommen könnte als Kollegen in den USA und Großbritannien, wo Microsoft mit der Übernahme auf große Probleme stößt. Experten halten es für plausibel, dass die EU-Kommission nachgiebiger ist als etwa die Briten.

Mit dem Kauf von Activision strebt Microsoft den größten Zukauf der Konzerngeschichte an (siehe Grafik). Knapp 69 Mrd. Dollar ist dem Softwarekonzern der Deal wert. Das liegt an Videospielklassikern aus dem Portfolio von Activision, die zu den erfolgreichsten überhaupt gehören. Vor allem auf den Action-Klassiker „Call of Duty“ hat Microsoft es abgesehen. Um die Wettbewerbshüter dies- und jenseits des Atlantiks gnädig zu stimmen, hat Microsoft Zugeständnisse präsentiert. Der Konzern hat Lizenzverträge mit den Rivalen Nintendo und Nvidia geschlossen. Für zehn Jahre dürfen diese „Call of Duty“ auch auf ihren Plattformen anbieten. Sony hat den Kompromiss hingegen ausgeschlagen.

Während die britische Wettbewerbsbehörde CMA nicht überzeugt scheint, wird die EU-Kommission laut Reuters keine weiterführenden Zusagen verlangen. Die Forderung nach einem Zwangsverkauf von Geschäftsteilen sei unwahrscheinlich, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen laut Reuters. Das Angebot von Lizenzvereinbarungen mit Rivalen sei für die Wettbewerbshüter ausreichend.

EU-Kommission flexibler

EU-Wettbewerbskommissarin Vestager erteilte in einem Interview mit Bloomberg einem „Rennen“ um die striktesten Auflagen eine Absage: „Wir müssen die spezifischen Märkte bedienen, für die wir zuständig sind.“ Das britische System sei anders als jenes in der EU und das amerikanische System wiederum anders. In den USA ist die Wettbewerbsbehörde FTC vor Gericht gezogen. „Selbst wenn wir ein und dieselbe Transaktion auf verschiedenen Märkten und mit unterschiedlichen rechtlichen Bestimmungen betrachten, kommen wir manchmal zu unterschiedlichen Ergebnissen“, sagte Vestager.

Unter Fachleuten verfolgt man die Differenzen aufmerksam. „Zwar versuchen Kartellbehörden in der Regel, bei großen Zusammenschlüssen Gleichklang herzustellen“, beobachtet Christian von Köckritz, Fusionskontrollexperte und Partner der Kanzlei Gleiss Lutz. „Aber das gelingt nicht immer, unter anderem weil sie unterschiedliche Standards anlegen: Die EU-Kommission ist derzeit im Vergleich zu CMA flexibler, was sie als Zugeständnisse akzeptiert.“

Es zeichnet sich ab, dass sich die britische Aufsicht nicht mit Lizenzzusagen zufrieden geben wird. Stattdessen knüpft sie ihre Zustimmung offenbar daran, dass Microsoft die Action-Reihe „Call of Duty“ verkauft. Hinter verschlossenen Türen berieten Vertreter beider Seiten in der abgelaufenen Woche in London.

Fusionskontrollexperte Köckritz sieht darin „ein deutliches Signal: Die CMA akzeptiert verhaltensbezogene Zusagen nur in ganz besonderen Ausnahmefällen, wenn sie bei einem Deal Wettbewerbsprobleme feststellt“. Das wiederum hat womöglich auch in anderen Märkten unangenehme Folgen für Microsoft: „Häufig setzen sich die strikteren Auflagen dann auch global durch.“ Selbst wenn sich die EU-Kommission nun zufrieden gibt, ist Microsoft wohl noch nicht aus dem Schneider.