MIG hat mehr IPO-Pfeile im Köcher
Sie gilt als eine der wichtigsten Investorinnen in deutsche Biotechnologie und hat nicht institutionelle Investoren, sondern Retail als Anleger: MIG aus München hat gerade einen guten Deal mit dem Verkauf eines Start-ups an Infineon hinter sich und eventuell Börsengänge in New York mittelfristig vor sich.Von Walther Becker, FrankfurtPrivatanleger, die in die Risikokapitalfonds der MIG investiert haben, können zufrieden sein. Vor allem der jüngste Verkauf eines Start-ups an Infineon lohnt sich. Michael Motschmann, Vorstand und General Partner der die MIG-Fonds verwaltenden AG, macht Hoffnung auf mehr und hat einige Pfeile für IPOs im Köcher, vor allem in Biotech.”Mittelfristig könnte Biontech an die Börse gehen”, sagt er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Und versteht unter mittelfristig zwei oder drei Jahre. Als Börse sei die Nasdaq der Platz der Wahl, weil sich in New York die Investoren für Biotech tummeln. Dabei soll es dann um eine Milliardenbewertung gehen. Das Mainzer Unternehmen zählt heute zur kleinen Herde der Einhörner hierzulande mit einer Bewertung von etwa 2 Mrd. Dollar, die sich aus der vorigen Finanzierungsrunde ergibt. “Auch Immatics wird, so schnell es geht, börsenfit gemacht.” Konkurrenten wie Kite und Juno wurden zuletzt in den USA für 11,9 Mrd. bzw. 9 Mrd. Dollar von Gilead respektive Celegene erworben. Ob ein IPO dann komme, hänge einerseits von den erreichten Meilensteinen der Unternehmen und andererseits natürlich von der Aufnahmebereitschaft der Investoren ab. “Wir sind immer flexibel und haben alle Optionen im Blick.” Für das in der Krebstherapie tätige Unternehmen aus Tübingen, das zuletzt eine Kooperation mit Genmab vereinbarte, sei auf Sicht von zwei bis drei Jahren ein IPO möglich. Für Bankengespräche sei man aber in keinem Fall bisher so weit. Auch für dieses Unternehmen aus dem 24 Start-ups umfassenden Portfolio der 15 MIG-Fonds käme New York in Frage. Doch sei die Börse nicht die einzige Exit-Möglichkeit. Silectra zahlt sich aus So wurde 2016 in der Biotechnologie die ebenfalls Mainzer Ganymed für bis zu 1,3 Mrd. Euro an die japanische Astellas verkauft. Und jüngst glückte mit der Dresdner Silectra ein Verkauf an Infineon für 124 Mill. Euro. Fünf MIG-Fonds hielten 83 % an dem Entwickler der Cold-Split-Technologie und investierten 12,6 Mill. Euro. Daraus wird nun ein Rückfluss von etwa 90 Mill. Euro. Infineon will die Verfahren in ihrem Werk in Villach einsetzen und dort zunächst die Industrialisierung der Technologie umsetzen, die Siltectra als Alternative zum Verkauf ansonsten angegangen wäre.”Ein möglicher Börsengang von Cynora könnte eher von 2020 an ein Thema werden.” Der Forschungsschwerpunkt der Firma aus Bruchsal liegt auf hocheffizienten Materialien für organische Leuchtdioden. Einer der Eigenkapitalpartner ist dort Samsung Ventures, die schon in Dresden Novaled übernommen hatte, die 2012 zunächst an die New Yorker Börse strebte. Cynora befinde sich aktuell in der Phase der Kommerzialisierung erster Produkte.Amsilk, die an Produkten aus rekombinanter Seide arbeitet, müsse sich erst strategisch fokussieren, bevor unter Umständen ab 2020 an einen Exit zu denken sei. In fernerer Zukunft ist sicher auch Konux ein Kandidat für den Verkauf an einen Schienenkonzern oder die Börse. Entwickelt werden Sensoren, die eine vorausschauende Instandhaltung von Gleisanlagen ermöglicht. Mit Volker Kefer stieg dort jüngst ein Ex-Vorstand der Deutschen Bahn ein. Für PrivatanlegerMIG ist seit 2005 am Markt und zielt anders als andere Venture-Fonds auf Retailkunden. “Privatanleger beteiligen sich im Schnitt mit jeweils 20 000 bis 25 000 Euro pro Fonds.” MIG investiert in Start-ups in Biotechnologie, Medizintechnik, Material- und Umwelttechnologie, Informationstechnik und Automatisierung. Dabei geht man vielfach mit den Strüngmann-Brüdern vor, die ihre Milliarden mit dem Hexal-Verkauf an Novartis gemacht hatten. MIG ist meist minderheitlich investiert, hält aber auch wie bei Siltectra eine Mehrheitsposition. “MIG investiert mit Tickets von 3 Mill. Euro bis zu 20 Mill. Euro und in Einzelfällen auch mal mehr.”Zur Rendite äußert sich Motschmann nicht, doch seien bisher 300 Mill. Euro ausgeschüttet worden, den Erlös aus Siltectra eingerechnet. “Von den Meilensteinzahlungen aus dem Verkauf von Ganymed profitieren unsere Investoren auch in Zukunft.” Die Fonds investieren Motschmann zufolge jedes Jahr 20 Mill. bis 30 Mill. Euro. “Plus den jeweils neuen Fonds haben wir bis zu 40 Mill. Euro für Investments einschließlich Nachfinanzierungen zur Verfügung.” Motschmann will im ersten Halbjahr 2019 zwei bis drei Investments tätigen. Nach Brain und NfonAn die Börse gebracht wurde dieses Jahr in die in der Cloud-Telefonie tätige Nfon. 2016 wurde Brain, an der MIG rund 20 % hielt, in Frankfurt lanciert. Motschmann setzt bei IPOs nicht auf Kassemachen und lässt sich zum Start verwässern. Später werden dann Pakete verkauft wie mit Brain exerziert. Bei Nfon ist MIG noch mit 6 % an Bord. Beteiligt hat sich MIG dieses Jahr an November, ein “Pionier bei der Digitalisierung des deutschen Bestattungsmarktes”. Und investiert wurde in 27 % an GWA Hygiene aus Berlin, die Hospitälern und Pflegeheimen Lösungen anbietet, das Risiko zur Verbreitung von Krankenhauskeimen zu senken. Dabei kommunizierten Sensoren an Desinfektionsspendern mit tragbaren Messfühlern des Personals. Drittes neues Engagement ist mit 19,5 % Kewazo, die “smarte Robotik für die Bauindustrie” entwickle, womit die Sicherheit erhöht und Schwund reduziert werde: “Mit Kewazo wird die Digitalisierung am Bau vorangetrieben und das fängt am Gerüst an”, sagt Motschmann.