Minen-Dammbruch von Vale erreicht Deutschland

Allianz von Milliardenschäden der Giftschlammlawine betroffen - Zwei Ingenieure des TÜV Süd verhaftet

Minen-Dammbruch von Vale erreicht Deutschland

cru Düsseldorf – Am vergangenen Freitag, dem 25. Januar, brach in der Nähe der brasilianischen Kleinstadt Brumadinho in der Region Minas Gerais der Damm eines Rückhaltebeckens für giftige Minenschlämme. Die Flutwelle tötete mindestens 65 Menschen, verseuchte einen bedeutenden Fluss der Region – und löschte 18 Mrd. Dollar bzw. ein Viertel an Börsenwert des Eigentümers aus: Die Eisenerzmine “Córrego do Feijao” befindet sich im Besitz des brasilianischen Bergbaukonzerns Vale, des weltweit größten Eisenerzlieferanten.Die Auswirkungen des Desasters, das sich 2015 schon einmal ähnlich ereignet hat, sind absehbar erheblich und reichen bis nach Deutschland: Die Allianz-Tochter AGCS hat als Teil eines Konsortiums Vale gegen Haftpflichtschäden rückversichert. Der frühere Dammbruch bei Vale in Samarco vor drei Jahren, bei dem die Allianz auch als Versicherer betroffen war, kostete 5,3 Mrd. Dollar. Fest steht, dass nur Schäden des Unternehmens abgesichert sind, nicht Schäden der Opfer. Mit verantwortlich für das Desaster ist das Prüfunternehmen TÜV Süd. Die in München ansässige Aktiengesellschaft, die 12 000 Mitgliedern gehört und circa 2,5 Mrd. Euro Umsatz macht, hat den Damm im September 2018 noch inspiziert und ihn als sicher eingestuft. Ehemals eine Thyssen-MineZunächst erklärte der TÜV Süd lediglich, man werde die Untersuchungen rückhaltlos unterstützen und den Behörden alle benötigten Dokumente zur Verfügung stellen. In Brasilien hat die Polizei aber jetzt zwei Ingenieure des TÜV Süd festgenommen. “Wir können zum jetzigen Zeitpunkt bestätigen, dass zwei Mitarbeiter von TÜV Süd in Brasilien verhaftet wurden”, teilte die Firma mit. “Aufgrund der laufenden Ermittlungen können wir zurzeit keine weiteren Auskünfte geben.”Ursprünglich gehörte der Minenkomplex “Córrego do Feijao” zu Ferteco, einer Tochter von Thyssenkrupp in Brasilien. 2001 hatte der deutsche Stahlhersteller den Erzproduzenten an Vale verkauft.Der Vale-Konzern hat als Reaktion auf den Dammbruch und die drohenden Schadenersatzklagen die Zahlung von Dividenden sowie Aktienrückkäufe und Boni für die Manager ausgesetzt – auch wenn die betroffene Mine nur 2 % oder 7,8 Millionen Tonnen zur gesamten Produktion des Konzerns beiträgt. Die Ratingagentur Standard & Poor’s prüft die Bonitätsnote des Konzerns für eine Herabstufung, weil das Unternehmen gezwungen werden könne, einige Minen zu schließen.Das Unternehmen, das seit 2017 von Fabio Schvartsman geführt wird, ist weltweit der größte Minenbetreiber für Eisenerz und das drittgrößte Bergbauunternehmen nach den australisch-britischen Konzernen BHP und Rio Tinto. Neben Eisenerz baut Vale Nickel, Kupfer und andere Metalle ab und besitzt Wasserkraftwerke sowie Schienennetze, Häfen und Schiffe. Weltweit beschäftigt es 76 500 Menschen. 2017 erwirtschaftete Vale einen Gewinn von 5,5 Mrd. Dollar bei einem Umsatz von 34 Mrd. Dollar. Netto bedeutet dies ein Plus von 38 % verglichen zum Vorjahresergebnis. Die Schulden wurden um die Hälfte auf 10 Mrd. Dollar gesenkt.Der hohe Gewinn wurde vor allem durch Kosteneinsparungen möglich. Deshalb gerät Vale-Chef Schvartsman jetzt auch verstärkt unter Druck. Schon fordern etliche brasilianische Politiker seinen Rücktritt. “Es muss eine Strafe geben”, sagt Brasiliens Vize-Präsident Hamilton Mourao. Es gab VorwarnungenBrasilianische Medien berichten, dass es noch im Dezember 2018 wegen der Verlängerung der Minenbetriebslizenz und der Steigerung der Produktion um 88 % zu heftigen Diskussionen zwischen den zuständigen Behörden gekommen sei. Julio Cesar Dutra Grillo, der Vertreter der Umweltbehörde Ibama, habe aufgrund des Risikos eines erneuten Dammbruchs gegen die Vergabe der Lizenz gestimmt.Trotzdem wurde der Ausbau der Mine genehmigt. Zwei Vale-Ingenieure, die zuletzt die Stabilität des Damms geprüft hatten, wurden in Sao Paulo festgenommen. Vale teilte mit, das Unternehmen arbeite vollumfänglich bei der Aufklärung mit den Behörden zusammen.—– Wertberichtigt Seite 6- Personen Seite 12