N-Fon will die Furcht vor KI nehmen
N-Fon will die Furcht vor KI nehmen
Im Gespräch: Andreas Wesselmann und Alexander Beck
N-Fon will die Furcht vor KI nehmen
Mit neuen Produkten strebt der Vorstand des Anbieters von Kommunikationstechnik überdurchschnittliches Wachstum an
Von Joachim Herr, München
Vorstandschef Andreas Wesselmann und Finanzvorstand Alexander Beck versprechen sich von neuen Produkten von N-Fon mehr Wachstum, eine höhere Profitabilität und ein Anziehen des Aktienkurses. Sie zeigen sich zuversichtlich, ihre Kunden von den Vorzügen der Künstlicher Intelligenz in der Kommunikationstechnik zu überzeugen.
Der Siegeszug der künstlichen Intelligenz (KI) scheint unaufhaltsam zu sein. Doch KI verunsichert auch. Diese Erfahrung macht der Vorstand von N-Fon mit seinen Kunden – überwiegend kleine und mittelständische Unternehmen, darunter Callcenter, in Deutschland, Österreich, Großbritannien und Italien. „Wenn die Einstiegshürde erst einmal überwunden ist, fällt der Zugang allerdings relativ leicht“, sagt CEO Andreas Wesselmann im Gespräch. „Entscheidend für die Kunden ist, dass unsere Lösungen dazu beitragen, ihr Geschäft effizienter und produktiver zu machen, und sich möglichst einfach anwenden lassen.“
Das seit Mai 2018 börsennotierte Unternehmen bezeichnet sich als ein führender europäischer Anbieter für integrierte Business-Kommunikation mit dem Schwerpunkt KI-gestützte Anwendungen. Das Kernprodukt ist eine Kommunikationsplattform in der Cloud für Sprachanrufe und Videokonferenzen. Von neuen Produkten verspricht sich der Vorstand mehr Wachstum, eine höhere Profitabilität und ein Anziehen des Aktienkurses. Verglichen mit dem Emissionspreis von 12 Euro ist der Wert in diesen Tagen auf den bisher niedrigsten Stand von 4,34 Euro und eine Marktkapitalisierung von rund 72 Mill. Euro abgesackt. „In den letzten Jahren hatten wir nicht immer die schnellsten und besten Innovationen“, meint Finanzvorstand Alexander Beck, der seit knapp zwei Monaten dabei ist.
Mehr Lizenzen als erwartet
N-Fon musste in der vergangenen Woche die Geschäftsprognose auf ein Umsatzwachstum von nur noch 1 bis 2,5% in diesem Jahr reduzieren. 2024 betrug der Erlös gut 87 Mill. Euro. Die Zielspanne für das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) wurde auf 11,5 bis 12,5 (i.V. 12,3) Mill. Euro gesenkt. Wesselmann erkennt jetzt aber erste Anzeichen, dass sich ein Investitionsstau der Kunden löst. Die Resonanz für das neue, KI-gestützte Produkt „Nia Frontdesk“ sei sehr gut. Es lasse sich in die Telefonanlagen der Kunden integrieren und ersetze die Telefonzentrale. Anrufe werden zum Beispiel an den geeigneten Ansprechpartner weitergeleitet. „Wenn besetzt ist, wird automatisch ein Rückruf vereinbart“, berichtet Wesselmann.
Eine mittlere zweistellige Zahl an Lizenzen sei in den ersten vier Wochen vergeben worden. Für N-Fon ist das ein Erfolg, der die Erwartungen übertrifft. Wesselmann ist seit Anfang 2024 im Unternehmen. Zuvor war er fast 27 Jahre für SAP tätig gewesen. Als Technikvorstand von N-Fon gab er den Anstoß für die neuen Produkte. Seit 1. Oktober ist Wesselmann als CEO auch für Strategie, Vertrieb und Marketing verantwortlich. Seit dem Börsengang vor siebeneinhalb Jahren ist er schon der vierte Vorstandsvorsitzende. Zuletzt war der frühere Nemetschek-Vorstandschef Patrik Heider nach gut zwei Jahren gegangen. Heider ist inzwischen Finanzvorstand von Ionos.
Ziel ist Stabilität im Vorstand
Nun strebt N-Fon mehr Kontinuität im Vorstand an. Wesselmanns Vertrag wurde um fünf Jahre bis 2030 verlängert. Beck ist Finanzvorstand seit Heiders Abschied, der auch diese Aufgabe erfüllt hatte. Zuvor war Beck Finanzchef des europäischen Fahrradunternehmens Accell Group, das dem Finanzinvestor KKR gehört.
Finanzinvestoren sind auch die größten Aktionäre von N-Fon – an erster Stelle Milestone Venture Capital mit knapp 32% und der aktivistische Investor Active Ownership mit 29,5%. Im Streubesitz sind lediglich gut 13% der Aktien. Beck weiß, dass das ein Nachteil für die Kursentwicklung ist. Doch er und Wesselmann geben sich davon überzeugt, dass N-Fon auf einem guten Weg ist. Ziel ist ein im Vergleich mit dem Markt überproportionales Umsatzwachstum von durchschnittlich mehr als 10% im Jahr – verglichen mit der Prognose für dieses Jahr mindestens das Vierfache.
„Vor der Welle“
Die für 2027 angepeilte Ebitda-Marge von mehr als 15% erscheint angesichts der 13,2%, die das Unternehmen in den ersten neun Monaten dieses Jahres erzielte, nicht besonders ambitioniert. Wesselmann und Beck widersprechen. Das Unternehmen befinde sich schließlich noch in der Entwicklung, sagt der Finanzchef und erinnert daran, dass bis 2023 Nettoverluste ausgewiesen wurden. „Es ist wirklich eine Herausforderung, parallel mit den Investitionen in neue Produkte die Marge zu halten“, ergänzt Wesselmann. Beck spricht von der großen Bedeutung der Innovationskraft in einem hart umkämpften Markt: „Wir versuchen immer, vor der Welle zu sein.“
