Retail-Erlöse im Fokus

Zweifel an der Konjunkturstütze US-Konsum

In den USA mehren sich die Zweifel an der Widerstandsfähigkeit der Konsumausgaben. Mit Walmart tritt der Retail-Branchenprimus zwar optimistisch auf, doch Analysten warnen vor den Effekten der hartnäckigen Inflation und schrumpfenden Ersparnissen.

Zweifel an der Konjunkturstütze US-Konsum

Zweifel an der Konjunkturstütze US-Konsum

Analysten fürchten trotz robustem Einzelhandel wirtschaftliche Eintrübung – Walmart rückt Fokus auf Einsparungen

xaw New York

Amerikas Verbraucher haben die Konjunktur trotz hoher Teuerung über lange Monate gestützt – nun mehren sich aber Zweifel an der Widerstandsfähigkeit der Konsumausgaben. US-Fast-Food-Riesen haben die Inflationsmüdigkeit zuletzt bereits hart zu spüren bekommen, McDonald's rechnet für das laufende Jahr nach einem schleppenden Auftaktquartal mit einem deutlich langsameren Erlöswachstum auf gleicher Verkaufsfläche. Nun rückt auch der Einzelhandel noch einmal stärker in den Fokus.

Bei der Baumarktkette Home Depot sackte der Umsatz im abgelaufenen Jahresviertel beispielsweise unerwartet um 2,8% ab, da Kunden angesichts der hartnäckigen Inflation Ausgaben verschieben. Dagegen zeigt sich Walmart noch optimistisch für die kommenden Monate. So rechnet Amerikas führender Retailer damit, dass das Erlöswachstum im gesamten laufenden Geschäftsjahr am oberen Ende oder sogar über der zuvor angepeilten Spanne von 3 bis 4% liegen wird.

Abhängigkeit von zahlungskräftigen Kunden

Doch während die Anleger dies zunächst goutierten und die Aktie nach Vorlage des Ausblicks in der abgelaufenen Woche kräftig anzog, verweisen Analysten darauf, dass der Konzern zunehmend abhängiger von Kunden mit Jahreseinkommen ab 100.000 Dollar wird. Der Großteil der Marktanteilsgewinne, die CFO John David Rainey mit Blick auf das vergangene Jahresviertel hervorhob, kam durch diese Gruppe zustande.

Überdies profitierte Walmart im April von temporären Preissenkungen auf 45% der Lebensmittel-Produktpalette. Beobachter bezweifeln unterdessen, dass sich solche Rabatte im aktuellen Umfeld durchhalten lassen. Zuletzt ist der Fokus auf Walmart trotz eines geplanten Filialausbaus entsprechend auf Einsparungen gerückt, um die Marge zu stützen.

Fokus auf Einsparungen

So will der Konzern alle 51 Health Clinics – ambulanzähnliche Einrichtungen in Supermärkten, in denen Patienten günstige medizinische Hilfe erhalten – schließen, die er in den vergangenen fünf Jahren eröffnet hat. Zudem hat Walmart Mitarbeitern mitgeteilt, hunderte Bürojobs streichen zu wollen. Beschäftigte, die bisher vor allem im Homeoffice oder kleinen Regionalbüros arbeiten, sollen zudem an größere Standorte wie den Hauptsitz in Bentonville, Arkansas, ziehen.

Während CEO Doug McMillon in einer Analystenschalte positive Trends für den Retail-Branchenprimus hervorhob, räumte CFO Rainey ein, dass die breite Masse der Konsumenten abseits von Basisgütern vorsichtig bleibt. Und American Century Investments beobachtet mit Blick auf die Gesamtwirtschaft, dass „die Faktoren, die den ausgedehnten Ausgabenschub begünstigten, schwinden“.

Ersparnisse schrumpfen

So steuerten die überschüssigen Ersparnisse der Verbraucher, die 2021 noch auf 2,1 Bill. Dollar in die Höhe geschossen seien, inzwischen wieder auf ihre Vor-Pandemie-Niveaus bei 30 Mrd. Dollar zu. Zugleich wachse der durchschnittliche stündliche Arbeitslohn zwar noch, seit 2022 aber stetig langsamer. Unterdessen trieben andere Faktoren die Inflation weiter an – Erik Norland, Chefökonom der weltgrößten Terminbörse CME, verwies gegenüber der Börsen-Zeitung zuletzt auf die hohen Mietkosten.

Weil die Ausgabenfreude der Konsumenten in der Folge erheblich leiden werde, bricht laut American Century die zentrale Stütze der Konjunktur weg. Die Analysten beziffern die Wahrscheinlichkeit einer wirtschaftlichen Abschwächung im laufenden Jahr daher nun auf 80%.