Halbjahresbilanz

Netz-Investitionen drücken Ergebnis der Deutschen Bahn

Trotz der weiter steigenden Fahrgastzahlen ist das operative Ergebnis der Deutschen Bahn im ersten Halbjahr um mehr als 60% eingebrochen. Neben dem allgemeinen Kostenanstieg und den gesunkenen Frachtraten im Logistikgeschäft belasten den Konzern vor allem hohe Ausgaben für das störanfällige Schienennetz.

Netz-Investitionen drücken Ergebnis der Deutschen Bahn

Netz-Investitionen drücken Bahn-Ergebnis

Vorleistungen nötig – Verkaufskandidat Schenker hält Konzern in den schwarzen Zahlen – Deutlich mehr Fahrgäste

Trotz der weiter steigenden Fahrgastzahlen ist das operative Ergebnis der Deutschen Bahn im ersten Halbjahr um mehr als 60% eingebrochen. Neben dem allgemeinen Kostenanstieg und den gesunkenen Frachtraten im Logistikgeschäft belasten den Konzern vor allem hohe Ausgaben für das störanfällige Schienennetz.

ahe Berlin

Die Logistiktochter DB Schenker hat die Deutsche Bahn AG im ersten Halbjahr operativ erneut in den schwarzen Zahlen gehalten. Der Ergebnisbeitrag von Schenker hat sich im Vergleich zum Vorjahr zwar nahezu halbiert. Dies führte Finanzvorstand Levin Holle bei der Vorstellung der Zwischenbilanz aber auf die branchenweite Normalisierung der Frachtraten in der Luft- und Seefracht zurück. Der positive Beitrag von Schenker liege auf fast dreimal so hohem Niveau wie vor der Corona-Pandemie, betonte er. Die Tochter sei „exzellent aufgestellt“ und habe hervorragende Zukunftsaussichten. Die Logistik-Branche bleibe insgesamt „ein sehr interessanter Wachstumsmarkt mit sehr guten Perspektiven“.

Trotz der aktuellen hohen Bedeutung von DB Schenker als mit Abstand wichtigster Ergebnislieferant prüft die Deutsche Bahn weiter einen Verkauf. Im zweiten Quartal wurde ein testierter Abschluss für Schenker erstellt, der als Basis für die weiteren Überlegungen dienen soll. Die Prüfung, ob es einen Verkauf geben solle, laufe allerdings weiterhin „ergebnisoffen“, stellte Holle klar. Zum weiteren Zeitplan äußerte er sich nicht.

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Insgesamt verbuchte die Deutsche Bahn in den ersten sechs Monaten 2023 ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 331 Mill. Euro und damit 62% weniger als noch vor einem Jahr. Im Kerngeschäft konnte die Bahn die Verluste im Fern-, Regional- und im Güterverkehr verringern, was unter anderem auf die steigenden Fahrgastzahlen zurückzuführen war: Im Fernverkehr kletterte die Zahl um 15% auf 68 Millionen, im Regionsverkehr um 11,5% auf 808 Millionen. Vorstandschef Richard Lutz sprach von einem „Boom bei Bahnfahrten“. Bei der Verkehrsleistung, bei der auch die Länge der Fahrten berücksichtigt wird, wurde im Fernverkehr sogar ein neuer Rekord erzielt. Holle äußerte sich zuversichtlich, dass DB Fernverkehr im Gesamtjahr erstmals seit der Pandemie wieder einen operativen Gewinn erwirtschaften wird.

„Jahr des Wandels“

Die große Baustelle für den Staatskonzern ist und bleibt das störanfällige und zum Teil marode Schienennetz. Im Sommer 2024 will die Bahn mit einer schrittweisen Generalsanierung der hoch belasteten Korridore beginnen. Aber bereits jetzt liegen die Investitionen in die Modernisierung der Infrastruktur deutlich höher, was auch auf das Ergebnis durchschlägt. Im Bereich DB Netze Fahrweg lag das bereinigte Ebit im ersten Halbjahr um mehr als 700 Mill. Euro unter Vorjahr bei gut 25% höheren Investitionen. Nach Angaben von Holle will die Bahn aus Eigenmitteln in diesem Jahr netto mehr als 8 Mrd. Euro investieren. Der Finanzchef sprach von erheblichen Vorleistungen, die der Konzern erbringe, bis im nächsten Jahr die angekündigte höhere Bundesfinanzierung wirksam werde.

Lutz, der 2023 als ein „Jahr des Wandels“ bezeichnete, verwies darauf, dass die Bundesregierung bis 2027 bis zu 45 Mrd. Euro zusätzlich fürs Schienennetz finanzieren wolle, um den Investitionsstau abzubauen. Davon sollten 15 Mrd. Euro in den nächsten zwei Jahren aus dem Haushalt bereitgestellt werden. Nach den Worten von Holle sieht die Verständigung mit der Regierung vor, dass ein substanzieller Teil der Vorleistungen aus diesem Jahr damit erstattet werde. „Aktuell sind wir nicht in der Lage, unsere Investitionen aus den laufenden Einnahmen in unserem Kerngeschäft zu bezahlen.“

Der Halbjahresumsatz fiel um 11% auf knapp 25 Mrd. Euro. Für das Gesamtjahr senkte der Konzern seine Umsatzprognose auf 51 (bisher: 56) Mrd. Euro. Der operative Verlust soll „weniger als 1 Mrd. Euro“ betragen. Im März war noch von „etwa 1 Mrd. Euro“ die Rede gewesen. Die jüngsten Streiks haben die Bahn mit rund 100 Mill. Euro belastet. Zum erzielten Tarifkompromiss sagte Lutz, dieser liege „an der Grenze des wirtschaftlich Vertretbaren“.

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