Neue, alte Konsenskultur

Von Stefan Kroneck, München Börsen-Zeitung, 6.12.2017 Drei Monate nach seiner Neubesetzung hat der Audi-Vorstand dieser Tage einen Schritt unternommen, um das Verhältnis mit den Arbeitnehmervertretern ins Lot zu bringen. Dieses hatte zuvor...

Neue, alte Konsenskultur

Von Stefan Kroneck, MünchenDrei Monate nach seiner Neubesetzung hat der Audi-Vorstand dieser Tage einen Schritt unternommen, um das Verhältnis mit den Arbeitnehmervertretern ins Lot zu bringen. Dieses hatte zuvor angesichts der Diesel-Manipulationsaffäre und der zunehmenden Kritik an Vorstandschef Rupert Stadler – auch aus den Reihen des Betriebsrats – einen Tiefpunkt erreicht. Nach langen Verhandlungen verständigten sich nun beide Seiten auf eine abermalige Jobgarantie. Die Volkswagen-Tochter verlängerte die Vereinbarung vorzeitig um fünf Jahre bis Ende 2025. Dies gilt für die rund 61 000 Audi-Beschäftigten in Deutschland.Damit kehrt das neu zusammengesetzte Topmanagement der Nobelmarke aus Ingolstadt zur alten Konsenskultur mit der Arbeitnehmerseite zurück, waren doch frühere Abschlüsse dieser Art in der Regel ebenfalls auf eine halbe Dekade ausgerichtet. Doch Anfang Dezember 2016 – mitten im Dieselskandal – kam die damalige Audi-Führung von diesem Pfad ab. Seinerzeit verlängerte sie die Beschäftigungszusage nur noch um zwei Jahre.Stadler interpretierte den jüngsten Beschluss als “klares Bekenntnis zu deutschen Standorten und deren Wettbewerbsfähigkeit”. Audi kündigte zugleich an, zwei neue Modelle mit Elektromotoren im hochpreisigen Segment der Sportgeländewagen (SUV) künftig am oberbayerischen Unternehmenshauptsitz zu fertigen. Im Rahmen ihrer Modernisierungsstrategie setzt Audi wie die Wettbewerber BMW und Daimler auf die Trendthemen Elektromobilität und Digitalisierung.Stadler, seit fast elf Jahren an der Spitze von Audi, soll weiterhin den Weg weisen, obwohl seine Stellung im Unternehmen seit Dieselgate nicht mehr als unumstritten gilt. Doch der Porsche-Clan und VW-Vorstandsvorsitzender Matthias Müller halten weiter zu ihm. Familienpatriarch Wolfgang Porsche und der Chef des Mutterkonzerns sitzen im Audi-Aufsichtsrat, Müller leitet das Kontrollgremium. Mitte Mai verlängerten sie Stadlers Vertrag um weitere fünf Jahre bis 2022. Ende August tauschte der Aufsichtsrat vier altgediente Audi-Vorstände durch andere Topmanager aus dem VW-Reich aus. Letztere kamen überwiegend von der Muttergesellschaft aus Wolfsburg, darunter der frühere Vertraute von Ex-Konzernchef Martin Winterkorn, Wendelin Göbel. Strafermittlungen dauern anVor diesem Hintergrund kann die Jobgarantie als ein Einlenken der neuen Audi-Führung unter dem alten CEO gegenüber Gesamtbetriebsratschef Peter Mosch gedeutet werden. Die Maßnahme soll dazu beitragen, die Wogen zu glätten. Mosch, der auch dem Aufsichtsrat angehört, interpretierte die Verständigung als Erfolg: “Kämpften für Jobgarantie und E-Modelle, damit unsere Belegschaft sicher in die Zukunft gehen kann. Das haben wir geschafft.”Also Ende gut, alles gut bei Audi? Wohl nicht. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München in Sachen Dieselgate, die Mitte März zu einer Razzia bei Audi führten, dauern an. Der Ende September festgenommene frühere Entwicklungsvorstand von Porsche und Audi, Wolfgang Hatz, bleibt dem Vernehmen nach in Untersuchungshaft. Für den BMW-Rivalen geht die juristische Aufarbeitung der Causa erst richtig los. ——–Vorstand und Betriebsrat von Audi einigen sich auf eine neue Beschäftigungsgarantie.——-