Neue Führungskultur bei Daimler soll den Konzern schneller machen
igo Stuttgart – Die Themen Digitalisierung und Vernetzung prägen neben dem Abgasskandal derzeit die Automobilindustrie. Für Bodo Uebber, Finanzvorstand bei Daimler, steht fest, dass damit auch althergebrachte Führungsprinzipien und -strukturen im Konzern überdacht werden müssen. 140 Daimler-Mitarbeiter wurden daher aufgefordert, neue Leitlinien zu definieren. Sie sollen dafür sorgen, dass der Konzern nicht nur technisch, sondern auch strukturell auf die Geschäftsfelder der Zukunft vorbereitet ist.”Die Ideen haben uns sehr gut gefallen”, sagte Uebber im Interview der Börsen-Zeitung. Die Gruppen hätten acht Prinzipien formuliert, darunter Agilität und Empowerment, also mehr Verantwortung für die einzelnen Mitarbeiter. In den nächsten sechs bis zwölf Monaten sollen diese Prinzipien umgesetzt werden. Konkret heißt das: Weniger Hierarchieebenen und kürzere Entscheidungswege. “Das wird das Unternehmen deutlich schneller machen”, so Uebber, der eine komplette Veränderung der Führungskultur im Konzern ankündigt. Er verspricht sich von den Änderungen vor allem den Gewinn von Zeit, die nicht mehr in bürokratische Vorgänge, sondern in neue Ideen fließe. “Das ist ein starkes, wenn nicht das stärkste Element, um den Konzern weiter nach vorne zu bringen”, ist er sicher. Laufende ErmittlungenUnsicher ist dagegen, welche Konsequenzen die verschiedenen laufenden Ermittlungen gegen Daimler für den Konzern noch haben werden. Die EU ermittelt gegen Lkw-Hersteller, die sich bei Preisen abgesprochen haben sollen. Gleichzeitig laufen in den USA Sammelklagen, weil Daimler Abgaswerte manipuliert und Kunden getäuscht haben soll. Dem US-Justizministerium muss der Konzern seine Zertifizierungs- und Zulassungsprozess für Abgasemissionen in den USA offenlegen. Zu beiden Themen will sich Uebber nicht detailliert äußern, da es sich um laufende Verfahren handele.Der Konzern hat in seiner neuen E-Klasse einen neu entwickelten Dieselmotor verbaut, der sich laut Dekra durch besonders niedrige Stickoxidwerte auszeichne (vgl. BZ vom 28. Mai). Den Vorwurf, dass die Automobilindustrie in diesem Zusammenhang nur auf Druck von außen reagiert, will Uebber nicht gelten lassen. Die Entwicklung des Motors sei bereits vor vier Jahren, unabhängig vom Dieselskandal, vorangetrieben worden. “Man kann natürlich fragen, warum wir nicht schon vor sieben Jahren darauf gekommen sind, aber immerhin sind wir darauf gekommen”, sagte Uebber.Der Konzern nehme wahr, dass sich in den vergangenen Jahren “ein anderes Umweltbewusstsein” entwickelt habe, und stemme sich nicht dagegen. “Gewisse Prozesse waren, wie sie waren, mit den Behörden vereinbart. Hätte man Emissionstests schon viel früher von der Testumgebung in die reale Welt bringen können? Wahrscheinlich ja. Aber im Nachhinein ist man immer schlauer”, so Uebber. Im Falle des Partikelfilters für Benzinmotoren, den Daimler nach eigener Aussage als erster Hersteller flächendeckend einführen will, sei “die Welt jetzt reif dafür”. Aber auch bei Innovationen, die einen Wettbewerbsvorteil versprechen, gelte: “Es muss sich auch lohnen.”—– Interview Seite 8