Neue Konflikte um Gaspipeline Nord Stream 2
cru Düsseldorf – Die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 steht vor neuen Hürden. Während der US-Senat in dieser Woche über Sanktionen beschließen will, verzögert sich der Teilabschnitt des 10 Mrd. Euro teuren Bauprojekts in Dänemark – und die Betreibergesellschaft klagt vor dem Europäischen Gericht, um angesichts der neuen EU-Gasrichtlinie die Rentabilität der Pipeline zu sichern. “Wir liegen trotzdem voll im Plan und haben drei Viertel der Strecke fertig”, sagte ein Sprecher der Betreibergesellschaft, die dem von der russischen Regierung kontrollierten Staatskonzern Gazprom gehört.Die Initiative, die in dieser Woche im außenpolitischen Ausschuss des US-Senats beraten wird, sieht Beschränkungen für Einzelpersonen und Unternehmen vor, die Schiffe für den Bau von Nord Stream 2 verkaufen oder leasen sowie finanzielle und technische Unterstützung oder Versicherung für diese Schiffe leisten. Das bedeutet, dass Sanktionen gegen Unternehmen aus Ländern wie Italien, der Schweiz, Österreich, Deutschland, den Niederlanden, Frankreich, Finnland und Schweden verhängt werden können. Nach Einschätzung der US-Regierung würde die Pipeline die Abhängigkeit Europas von Russland verstärken.Die Bundesregierung sieht nach eigenen Angaben derzeit keine Notwendigkeit, einen Aktionsplan gegen mögliche US-Sanktionen zu erstellen. Man wisse von fünf im US-Kongress kursierenden Gesetzentwürfen mit Sanktionsplänen gegen die Gasleitung Nord Stream 2, sehe aber momentan keine Gefährdung für das Projekt, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage. Die Gasversorgung Deutschlands sei durch die US-Pläne nicht gefährdet, da die bekannten Gesetzesvorlagen keine Lieferunterbrechung von russischem Erdgas nach Europa vorsehen. Zwei Routen möglichUngemach droht dem Projekt auch aus Dänemark. Wenn das Land nicht binnen weniger Wochen eine von zwei vorgeschlagenen Routen durch seine Hoheitsgewässer genehmigt, dann droht sich der für Ende 2019 vorgesehene Start der Gaslieferungen aus Russland erheblich zu verzögern. Seit Monaten wird auf das grüne Licht von Dänemarks Energie-Agentur gewartet. “Die Genehmigung könnte jetzt aber jeden Tag erfolgen”, sagte ein Sprecher.Zudem hat Nord Stream 2 beim Gericht der Europäischen Union (EuG) Beschwerde gegen die neue EU-Gasrichtlinie eingereicht. Die Maßnahmen der EU diskriminierten das Vorhaben, erklärte die Projektgesellschaft. Das Gericht solle eine Änderung der EU-Gasrichtlinie “wegen eines Verstoßes gegen die EU-Rechtsgrundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit” für nichtig erklären.Nach der neuen Richtlinie dürfen auch bei Gaspipelines aus Drittstaaten Erzeugung und Vertrieb des Gases nicht aus einer Hand kommen. Diese Regel würde die Rentabilität von Nord Stream 2, die vollständig Gazprom gehört, gefährden, weil der Konzern anderen Lieferanten Zugang zum Rohr gewähren müsste.Mit der neuen Pipeline soll die Kapazität des ersten Strangs von Nord Stream verdoppelt werden, der 2012 gestartet war. Das Gasrohr ermöglicht Russland, die Ukraine zu umgehen. Ein Transitvertrag mit der Ukraine läuft am 31. Dezember aus.Neben den USA haben sich Polen und die baltischen Staaten gegen das Projekt gewandt. Auch die EU-Kommission gilt als Gegner. Dagegen betonen die russische und die deutsche Regierung, es handele sich um ein rein wirtschaftliches Projekt. Uniper beteiligtDie Pipeline gehört zwar vollständig Gazprom. Doch haben sich die deutschen Konzerne Uniper und Wintershall sowie Shell aus Großbritannien, Engie aus Frankreich und OMV aus Österreich mit jeweils knapp 1 Mrd. Euro an der Finanzierung der Kosten beteiligt.Von den 170 Mrd. Kubikmetern Gas, die Russland 2017 nach Europa geliefert hat, kamen 90 Mrd. über die Ukraine sowie 50 Mrd. durch die Ostsee und 30 Mrd. über Polen; Nord Stream 2 brächte weitere 50 Mrd. Damit stiege der Russland-Anteil an Europas Gasverbrauch von rund 40 % auf mehr als 50 %.