Neuer ABB-Chef: Konzern kann besser werden
Neuer ABB-Chef: Konzern kann besser werden
Gewinn steigt im Quartal um 7 Prozent – Wachstum rückt in den Fokus – Fertigungsautomation bereitet Probleme
Reuters/dpa-afx Zürich
Nach einem jahrelangen Umbau will der neue ABB-Chef Morten Wierod den Vorwärtsgang einlegen. „Aus meiner Sicht kann ABB noch besser werden“, erklärte der Norweger zum Verlauf im dritten Quartal. Während sein Vorgänger Björn Rosengren den Hersteller von Robotern und Stromverteilungsausrüstung auf Rendite trimmte, stellt Wierod das Wachstum in den Vordergrund. Statt wie in den vergangenen Jahren vor allem Bereiche abzustoßen, will der Siemens-Rivale verstärkt zukaufen. Höhere Ausgaben in Forschung und Entwicklung sollen zudem das Wachstum aus eigener Kraft ankurbeln.
Investitionen werden erhöht
In den Monaten Juli bis September steigerte der Konzern den Gewinn, getrieben von einem starken Elektrifizierungsgeschäft, um 7% auf 947 Mill. Dollar. Die operative Umsatzrendite (Ebita-Marge) erreichte 19,0%. ABB hob den Margenausblick marginal an und erwartet für 2024 nun einen Wert von leicht über 18 (bisher 18)%. Das bereinigte Umsatzwachstum soll neu unter 5% liegen statt der bisher anvisierten 5%. An der Börse legten die ABB-Aktien am Donnerstag im Handelsverlauf 1% zu.
„ABB hat zum Start von CEO Wierod erneut geliefert und die Markterwartungen weitgehend erreicht“, erklärte ZKB-Analyst Bernd Laux. Für höhere Aktienkurse müsse Wierod nun die Problembereiche Robotik und Fertigungsautomation sowie das Geschäft mit Auto-Ladesäulen drehen, die unter dem schwachen Marktumfeld leiden. In der Fertigungsautomation hätten die Kunden die im Zuge der Lieferketten-Krise aufgebauten Lagerbestände abgebaut.
Auf Marge getrimmt
In Rosengrens gut fünfjähriger Amtszeit legte der ABB-Aktienkurs um rund 140% zu. Der Schwede übertrug den einzelnen Geschäften auf Kosten der Konzernzentrale mehr Eigenverantwortung. Im Zuge eines Konzernumbaus trennte er sich außerdem von zahlreichen Unternehmensteilen. Als Folge des Umbaus konnte er die Gewinnspanne auf 19% fast verdoppeln und an die Werte der Wettbewerber heranführen.
Wierod, der das Steuer am 1. August des laufenden Jahres übernommen hatte, soll nun das Umsatzwachstum ankurbeln. „Wir werden uns noch stärker auf profitables Wachstum konzentrieren, das für mich in meiner neuen Funktion Priorität hat“, erklärte der ABB-Veteran. In den ersten neun Monaten 2024 wuchs ABB um 1%. Mittelfristig hat sich der Konzern gemäß den im Februar 2023 formulierten Zielen aber ein jährliches Plus von 6 bis 9% vorgenommen. Wachstumslokomotive ist für ABB vor allem das Elektrifizierungsgeschäft, das für die Energiewende bei Transport, Fabriken und Städten zentrale Produkte liefert.
„Mindestens 1 Mrd. Dollar für Zukäufe“
Ein bis zwei Prozentpunkte sollen Übernahmen beisteuern. Hier hat der Trendwechsel bereits eingesetzt: Während ABB von 2020 bis 2023 jeweils deutlich mehr Umsatz verkaufte als zukaufte, war es im bisherigen Jahresverlauf von 2024 umgekehrt. ABB könne mindestens 1 Mrd. Dollar für Zukäufe ausgeben, erklärte Finanzchef Timo Ihamuotila. Der Konzern nehme kleinere und auch mittelgroße Unternehmen ins Visier, aber auch größere Akquisitionen seien möglich. „Es ist fair zu sagen, dass wir in den letzten Jahren nicht so viel Kapital für Akquisitionen bereitgestellt haben, aber wir erwarten, dass dies zunehmen wird“, sagte der Finanzchef.
Die US-Investmentbank Goldman Sachs hat die Einstufung für ABB auf „Buy“ mit einem Kursziel von 52 sfr belassen. Die Resultate dürften die Konsensschätzungen kaum beeinflussen, schrieb Analystin Daniela Costa in einer Studie. Die Umsätze des Industriekonzerns hätten die Erwartungen verfehlt, die Gewinnmargen seien aber solide.
Solide Zahlen
Die Schweizer Großbank UBS bleibt bei ihrer Einstufung mit „Neutral“. Analyst Andre Kukhnin bewertet das Zahlenwerk als solide. Die 19-prozentige Marge des Industriekonzerns sei vor allem durch sehr starke Fortschritte im Bereich Elektrifizierung hochgetrieben worden.
Die amerikanische Investmentbank Jefferies belässt die ABB-Einstufung auf „Hold“ mit einem Kursziel von 50 sfr. Die Stärke des Segments Elektrifizierung habe die Schwäche der Sparte Automatisierung wettgemacht, schrieb Analyst Simon Toennessen am Donnerstag in einer ersten Einschätzung.