Pharmaindustrie

Novos Abnehmpille wirkt fast wie Spritze

Der an der Börse heftig gescholtene Abnehmspritzen-Pionier Novo Nordisk hat mit vielversprechenden Studiendaten für neuen Optimismus unter seinen Anlegern gesorgt. Eine von den Dänen entwickelte Pille zur Gewichtsreduktion hat sich als fast so wirksam erwiesen wie ihr Spritzen-Pendant. Das Rennen um den verheißungsvollen Markt ist im vollen Gange.

Novos Abnehmpille wirkt fast wie Spritze

Novos Abnehmpille wirkt fast wie Spritze

Probanden verlieren in Studie mit Wegovy-Tablette ähnlich viel Gewicht wie mit Injektion – Aktie legt zu

Im Rennen um den verheißungsvollen Markt für Abnehmpillen kann Novo Nordisk einen Erfolg für sich verbuchen: Die den Wirkstoff Semaglutid enthaltenen Tabletten der Dänen haben sich in einer Studie bei der Behandlung von Adipositas oder Übergewicht als fast so wirksam wie die bereits zugelassenen Spritzen erwiesen. An der Börse spendierten Anleger am Donnerstag Applaus.

kro Frankfurt

Abnehmpillen sind das nächste große Ding in der Pharmaindustrie. Im Gegensatz zu Spritzen lassen sie sich nicht nur einfacher und billiger produzieren, sondern auch leichter an Patienten verabreichen – zumindest in der Theorie. Denn die Entwicklung solcher Pillen ist alles andere als trivial: Das in der Industrie gefeierte Darmhormon namens GLP-1, das im Körper das Sättigungsgefühl verstärkt und synthetisch nachgebildet werden kann, wird im Magen weitgehend zerstört. Dabei müsste der Wirkstoff eigentlich den Darm erreichen.

Der dänische Abnehmspritzen-Pionier Novo Nordisk, der unter anderem wegen der zunehmenden Konkurrenz – vor allem vom US-Konzern Eli Lilly – seit einiger Zeit an der Börse einen Kursverfall erlebt, hat in einer Studie nun trotzdem vielversprechende Ergebnisse mit seiner Tablette erzielt. „Wegovy in der Pille“ habe bei Patienten innerhalb von 64 Wochen zu einem durchschnittlichen Gewichtsverlust von 16,6% geführt, teilte das Unternehmen mit. Dies sei „vergleichbar mit früheren Studienergebnissen rund um die Wegovy-Spritze“. Novo Nordisk nennt seinen GLP-1-Wirkstoff Semaglutid und vermarktet diesen zur Behandlung von Adipositas unter dem Handelsnamen Wegovy.

An der Börse zeigten sich Anleger von Novo Nordisk am Donnerstag wohlwollend: Der Aktienkurs legte zeitweise um fast 7% auf 394 dänische Kronen zu. Auf Zwölfmonatssicht liegt der Kurs jedoch bei 60% im Minus. Das Wachstum der Dänen verlangsamt sich, unter anderem wegen der hohen Konkurrenz bei Abnehm-Medikamenten. Der neue CEO Mike Doustdar hat dem Konzern deswegen erst kürzlich ein Sparprogramm verordnet, wodurch weltweit 9.000 Stellen wegfallen sollen.

Produktion bereits gestartet

Bislang ist noch keine auf dem GLP-1-Hormon basierende Abnehmpille zugelassen. In den USA, dem mit Abstand wichtigsten Markt für Abnehm-Medikamente, hatte Novo aber bereits im Februar einen Antrag auf Zulassung der ein Mal täglich einzunehmenden Pille bei der Arzneimittelbehörde FDA eingereicht. Der Konzern rechnet bis Jahresende mit einer Entscheidung und hat bereits mit der Produktion der Pille in den USA begonnen.

Sein schärfster Konkurrent Eli Lilly ist ihm dabei dicht auf den Fersen. Dessen Pillen-Präparat namens Orforglipron hatte in einer 72 Wochen dauernden Studie bei täglicher Einnahme zu einer durchschnittlichen Gewichtsreduktion von 12,4% geführt. Das war zwar nicht so viel wie von Anlegern erhofft – der Aktienkurs sank nach Veröffentlichung der Ergebnisse im August deutlich. Weil die Pille der Amerikaner aber auf einem anderen Wirkmechanismus als die peptidbasierte Tablette von Novo Nordisk basiert, hat sie laut Eli Lilly auch einige Vorteile. So könne sie zu jeder Tageszeit und ohne Einschränkungen bezüglich der Essens- oder Wassereinnahme genommen werden.

Eli Lilly will den Antrag zur Zulassung bis Ende des Jahres bei der FDA einreichen. Dabei hofft der Konzern auf eine beschleunigte Zulassung, die bereits innerhalb von ein bis zwei Monaten erfolgen könnte.

Der allgemeine Markt für Abnehm-Medikamente dürfte im Zuge steigender Adipositas-Raten aus Sicht von Beobachtern künftig deutlich anziehen. Bei Morgan Stanley rechnet man bis 2035 mit einem weltweiten Volumen von 150 Mrd. Dollar, Goldman Sachs geht bis 2030 von 95 Mrd. Dollar aus – und taxiert den künftigen Anteil von Abnehmpillen auf etwa ein Viertel. Das Feld will die Industrie nicht nur Novo und Eli überlassen: Neben den beiden Konzernen arbeiten unter anderem auch Merck aus den USA, die britische AstraZeneca und die Schweizer Roche an der Entwicklung von Abnehm-Tabletten.