IM GESPRÄCH: ROBERT BUCHALIK

"Operative Sanierung der Air Berlin nicht gewollt"

Hinter Eigenverwaltung stecken monetäre Gründe - Berater rät Bundesregierung zu Garantie

"Operative Sanierung der Air Berlin nicht gewollt"

Von Annette Becker, DüsseldorfAn der Insolvenz von Air Berlin hat nach Einschätzung von Sanierungsberater Robert Buchalik kein Weg vorbeigeführt. “Es war in jedem Fall ein Insolvenzantrag zu stellen, da es an einer positiven Fortführungsprognose fehlte”, stellt Buchalik im Gespräch mit der Börsen-Zeitung fest. Seiner Einschätzung nach wäre eine frühere Antragstellung vorteilhaft gewesen, eröffneten sich dadurch doch vielfältigere Handlungsoptionen. “Allerdings sind alle Beteiligten wohl vom Rückzug der Etihad überrascht worden”, räumt der geschäftsführende Gesellschafter der Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung ein.Dass Air Berlin einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt hat, begründet Buchalik mit finanziellen Gründen: “Allein der nur in der Eigenverwaltung mögliche Umsatzsteuereffekt dürfte sich auf 60 bis 80 Mill. Euro belaufen”, sagt Buchalik. Hinzu komme, dass die Kosten der Sachwaltung in einem Verfahren dieser Größenordnung um einige Millionen Euro niedriger ausfallen dürften als die Kosten für den Insolvenzverwalter in einem Regelinsolvenzverfahren.Inwieweit die Eigenverwaltung vom bisherigen Vorstand bewältigt werden kann, ist für Buchalik nicht die entscheidende Frage. Vielmehr steht für den Sanierungsfachmann außer Frage, dass die Zerschlagung von Air Berlin angestrebt wird. Darauf deute hin, dass mit Frank Kebekus als Generalbevollmächtigtem und Lucas Flöther als Sachwalter gleich zwei Juristen hinzugezogen wurden. “Das zeigt, dass eine operative Sanierung der Air Berlin nicht gewollt ist, sondern dass das Verfahren auf eine übertragende Sanierung, also den Verkauf oder Teilverkauf des Unternehmens, hinausläuft. Das ist eher untypisch für die Eigenverwaltung.”Am Ende der Eigenverwaltung stehe meist ein Insolvenzplan. Dieser sei im vorliegenden Fall vermutlich jedoch nicht gewünscht, weil der Insolvenzplan in der Regel auch den Aktionären zugutekäme. “Das kann hier kaum gewollt sein”, ist Buchalik überzeugt. Problem für LieferantenNeben den Aktionären stehen nach Einschätzung von Buchalik vor allem die Gläubiger, die darlehensähnliche Mittel zur Verfügung gestellt haben, auf der Verliererseite. “Allein die ungesicherten Anleihegläubiger sollen Forderungen von fast 500 Mill. Euro haben. Die werden genauso wenig wie die Aktionäre etwas von ihrem Geld zurückbekommen”, prophezeit der Sanierungsberater.Doch auch auf die Lieferanten der Fluggesellschaft sieht Buchalik Probleme zukommen. “Möglicherweise wird der ein oder andere Lieferant selbst finanzielle Schwierigkeiten bekommen und sollte vorsorglich über ein Eigenverwaltungsverfahren nachdenken”, empfiehlt der Restrukturierungsexperte.Hinsichtlich des von der Bundesregierung zur Verfügung gestellten Überbrückungskredits von 150 Mill. Euro ist Buchalik zuversichtlich, dass dieser zurückgezahlt wird. Die Rückzahlung sei zwar nur aus freier Insolvenzmasse möglich, das sollte jedoch kein Problem sein: “Allein der Insolvenzgeldeffekt sowie die Nichtzahlung von Umsatzsteuerzahllast und Sozialversicherungsbeiträgen während des vorläufigen Verfahrens dürften die gewährten 150 Mill. Euro deutlich übersteigen”, schätzt Buchalik. Absicherung für KreditZudem geht der Rechtsanwalt davon aus, dass sich die Bundesregierung zur Absicherung des Massekredits – als solcher dürfte der Überbrückungskredit ausgestaltet sein – “den einzig noch verbliebenen echten Wert der Air Berlin, die Start- und Landerechte, verpfänden” ließ. Diese Rechte stünden mit 176 Mill. Euro in den Büchern. Über den tatsächlichen Wert könne aber nur spekuliert werden.Wichtig ist nach Einschätzung von Buchalik jedoch auch, dass schnell klargestellt wird, dass der Flugbetrieb uneingeschränkt aufrechterhalten und kein Fluggast Geld verlieren wird. “Der Bundesregierung würde ich raten, hierüber eine Garantie abzugeben. Die Existenz dieser Garantie würde schon ausreichen, damit die Umsätze nicht wegbrechen”, glaubt Buchalik und verweist darauf, dass sich auch dadurch die Wahrscheinlichkeit erhöhe, dass der Überbrückungskredit vollständig zurückgezahlt wird.