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Osram will bald die Dauerlast Siteco loswerden

Von Joachim Herr, München Börsen-Zeitung, 13.2.2019 So hoch wie die Erwartungen anfangs waren, so hoch fielen schon bald die Verluste aus. 2011 kaufte Osram für 132 Mill. Euro den Leuchtenhersteller Siteco. Der Siemens-Konzern, der zusätzlich 126...

Osram will bald die Dauerlast Siteco loswerden

Von Joachim Herr, MünchenSo hoch wie die Erwartungen anfangs waren, so hoch fielen schon bald die Verluste aus. 2011 kaufte Osram für 132 Mill. Euro den Leuchtenhersteller Siteco. Der Siemens-Konzern, der zusätzlich 126 Mill. Euro Schulden von Siteco übernahm, wollte mit dem Schritt die Tochterfirma für den Börsengang fein machen, der zwei Jahre später folgte. Osram erweiterte mit der Akquisition die Wertschöpfungskette und Produktpalette um Beleuchtungssysteme für Wohnungen, Büros, Läden, Straßen, Unterführungen und Parks. Langfristig hohe Margen erwarteten Siemens und Osram von dem Geschäft.Viele Millionen Euro Verlust später (siehe Grafik) steht Siteco vor längst geplatzten Hoffnungen und dem Verkauf. Olaf Berlien, der Vorstandsvorsitzende von Osram, sagte vor kurzem im Interview der Börsen-Zeitung: “Im April oder Mai wollen wir auf die Zielgerade kommen.” Die Zahl der Kaufinteressenten reduzierte Osram inzwischen vor dem Öffnen des Datenraums auf ein halbes Dutzend. Allerdings: Ob der Verkauf des Geschäfts mit einem Jahresumsatz von rund 300 Mill. Euro bis zum Frühjahr ausgehandelt ist, hängt auch von der Geschäftsentwicklung ab, wie Berlien einschränkend ergänzte.Und da hat Osram als Frühzykliker schon seit einiger Zeit mit heftigem Gegenwind zu kämpfen. Die Abhängigkeit von der Autoindustrie, auf die die Hälfte des Umsatzes entfällt, belastet Umsatz und Ergebnis erheblich – besonders angesichts des erstmals seit 28 Jahren schrumpfenden chinesischen Marktes. Fehler des Managements verstärken die Effekte der abflauenden Konjunktur. Berlien gibt überraschend offen zu, die neuen Kapazitäten im Segment Optohalbleiter zu optimistisch geplant und die Volatilität dieses Geschäfts mit LED-Chips unterschätzt zu haben (vgl. BZ vom 26. Januar). Die Jahresprognose wackelt kräftig, nachdem sie der Vorstand schon im vergangenen Geschäftsjahr zweimal hat senken müssen.Berlien steht unter Druck und wird auf der Hauptversammlung am kommenden Dienstag wohl scharfe Kritik zu hören bekommen. Seit dem Höchststand Anfang 2018 hat sich der Aktienkurs auf knapp 35 Euro mehr als halbiert. Ohne die Übernahmefantasie – Finanzinvestoren signalisierten Interesse – wäre der im MDax notierte Wert sicher noch tiefer gestürzt. Mit einem schlechten Ergebnis in der Einzelabstimmung über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat könnte es für Berlien sehr eng werden.Die Misere von Siteco, begleitet von Umstrukturierungen, Stellenabbau und Abschreibungen, kann ihm allerdings kaum angelastet werden. Das Segment Leuchten, Lösungen und Systeme (LSS), zu dem Siteco gehört, erhielt Berlien, der Anfang 2015 zu Osram kam, als Erblast von seinem Vorgänger Wolfgang Dehen. Den Verkauf des Geschäfts mit klassischen Lampen und LED-Lampen unter dem Namen Ledvance nach China brachte Berlien bald auf den Weg. Die Entscheidung für die Trennung von LSS traf der Vorstand im Sommer 2018. Kauf von Zumtobel erwogenTrotz der Schwierigkeiten von Anfang an zählte ein Ausbau des Leuchtengeschäfts 2015 zu den Optionen für die neue Osram AG nach dem Verkauf von Ledvance, wie in der Branche zu hören ist. Siemens, damals noch mit einem Anteil von gut 17 % der größte Aktionär, soll die Übernahme eines Leuchtenherstellers favorisiert haben.Ein Kandidat sei Zumtobel gewesen. Das Unternehmen in Österreich hatte auf dem Höhepunkt im Sommer 2015 einen Börsenwert von 1,3 Mrd. Euro. Der teure Kauf hätte sich sehr wahrscheinlich als riesige Fehlinvestition erwiesen: Zumtobel kämpft seit längerem mit schwachem Geschäft, steckte bis vor kurzem in der Verlustzone, trennte sich im Streit vom früheren Siemens- und Infineon-Manager Ulrich Schumacher und will mit einer neuen Ausrichtung wieder wettbewerbsfähiger werden. Verglichen mit Mitte 2015 ist Zumtobel an der Börse nur noch ein Viertel wert. Ein Desaster blieb Osram erspart – auch ein Zusammenschluss, weil Zumtobel in einem gemeinsamen Unternehmen das Sagen haben wollte, wie es heißt.Andere Optionen, die vor gut drei Jahren diskutiert wurden, waren – wie ein Branchenkenner erzählt – ein Börsengang der Sparte Optohalbleiter und der Verkauf des gesamten Unternehmens. Ernsthaftes Interesse für eine Übernahme von Osram habe es damals weniger in China, umso mehr aber in Südkorea gegeben. Ein Versuch wäre allerdings ziemlich sicher am deutschen Außenwirtschaftsgesetz gescheitert. Osram stellt zum Beispiel Hochleistungslaserdioden her, die auch für Laserwaffen verwendet werden können. Fehlgeschlagene IntegrationLetztlich setzte sich Berlien mit seinem Plan zum Ausbau des Optohalbleitergeschäfts durch. Nun sind die neuen Kapazitäten in Malaysia, China und Regensburg jedoch zu wenig ausgelastet und die Kosten zu hoch. Arbeitsplätze werden gestrichen.Einen Stellenabbau hat Siteco schon hinter sich. Dafür dass Osram dieses Geschäft mit Leuchten nie in den Griff bekam, gibt es drei wesentliche Gründe: Erstens trifft der gebündelte Vertrieb von Osram auf eine sehr heterogene Kundengruppe vom Fachhandel bis zum Architekten. Zweitens setzt die starke Konkurrenz aus Asien den europäischen Herstellern zu. Drittens fühlten sich die stolzen Mitarbeiter von Siteco in Traunreut nahe dem Chiemsee nie als Teil von Osram. Ein klarer Fall von fehlgeschlagener Akquisition und Integration.