IM GESPRÄCH: YOSHIO ITO

Panasonic setzt auf Autogeschäft

Batteriezellen, elektronische Cockpits sowie Kamera- und Sonarsysteme als Wachstumstreiber

Panasonic setzt auf Autogeschäft

Die Automobil-Sparte von Panasonic erwartet einen kräftigen Umsatzschub und will durch das Geschäft mit Batteriezellen, elektronischen Cockpits und Kamerasystemen in die Liga der zehn weltgrößten Autozulieferer vorstoßen.Von Martin Fritz, TokioDer japanische Elektronikkonzern Panasonic ist mit Konsumelektronik wie Plasmafernseher und Audiogeräte groß geworden. Harte Konkurrenz aus Korea und China und Rekordverluste in Milliardenhöhe zwangen die Japaner zu einem Schwenk zum Industriegeschäft. Inzwischen erwirtschaftet Panasonic mehr Umsatz und Gewinn mit Komponenten und Systemen für die Industrie als mit Haushaltsgeräten.”Wir haben einige Zeit gebraucht, um uns an die anderen Produktzyklen zu gewöhnen”, räumt Yoshio Ito ein, Vizepräsident des Konzerns und seit April 2014 der Chef der Sparte für Automobil- und Industriesysteme. Doch nun zeichne sich eine größere Gewinnwende ab. Dabei sollen die alten Stärken aus der Konsumelektronik zu Wettbewerbsvorteilen in der Digitalisierung, Elektrifizierung und Vernetzung der Fahrzeuge werden.Itos Bereich war bereits 2016 (bis 31.3.) mit einem Umsatz von 2,6 Bill. Yen (20 Mrd. Euro) und einem Betriebsgewinn von 109 Mrd. Yen (841 Mill. Euro) der stärkste Geschäftszweig. Das Autogeschäft selbst kam auf 1,3 Bill. Yen Umsatz und somit 18 % der Konzernerlöse. Hier Ito sieht das größte Wachstumspotenzial. Der reine Automobilumsatz soll im laufenden Jahr um 23 % auf 1,6 Bill. Yen und 2018 um weitere 25 % auf 2 Bill. Yen zunehmen. “Für 93 % davon haben wir schon heute feste Aufträge”, verkündet Ito.Im Geschäftsjahr 2021 rechnet man mit Erlösen von 2,5 Bill. Yen. “Damit gehörten wir zu den zehn größten Automobilzulieferern, selbst wenn die Konkurrenz weiter wächst”, betont Ito. Der Gewinn der Gesamtsparte inklusive Industriesystemen werde binnen zwei Jahren um 72 % auf 160 Mrd. Yen wachsen. Dabei soll sich die operative Marge von 3,8 % auf 5,2 % verbessern, weil mehr Systeme statt Komponenten verkauft würden. Dabei will Panasonic nicht nur ihre bisherigen Kunden in der japanischen Autoindustrie bedienen, sondern Neukunden in den USA und Europa gewinnen.Als wichtigsten Wachstumstreiber nannte der Spartenchef die Produktion von Lithium-Ionen-Batteriezellen (LIB) mit einer Umsatzverdopplung von 2016 bis 2018 auf 540 Mrd. Yen (4,2 Mrd. Euro). Noch stärkeres Wachstum erwartet der Manager bei Relais als Folge der Elektrifizierung der Fahrzeuge. Hier werde sich die Nachfrage bis 2021 um den Faktor 4 bis 6 erhöhen. 2016 war Panasonic mit 38 % Anteil der weltgrößte LIB-Produzent vor BYD aus China mit 18 % Anteil. LG Chem aus Südkorea kam auf 11 %. Hohe NachfrageDurch die Zellenproduktion in der Gigafactory von Tesla mit 35 Gigawattstunden (GWh) Kapazität will Panasonic die Marktführung verteidigen. Panasonic-Zellen erzeugen derzeit in 88 Plug-in- und Elektroauto-Modellen den Strom. “Wir können die Nachfrage nicht befriedigen”, sagt Ito. Beim Hochfahren der Gigafactory wird sich die Panasonic-Kapazität bis 2018 auf 44 GWh mehr als verfünffachen. Allein die Bänder in Nevada spucken dann 75 Zellen pro Sekunde aus. Die Konkurrenz in China, die gerade eigene Gigafabriken aus dem Boden stampft, fürchtet Ito nicht. Ab 2018 produziert Panasonic in Dalian die ersten LIB für China. Zugleich wollen die Japaner die technologische Führung behalten.Auch bei digitalen Auto-Cockpits erwartet der Manager Absatzerfolge für Panasonic. Hier wolle man mit einem Umsatzplus von 16 % auf 630 Mrd. Yen in 2018 zum Weltmarktführer werden. “Derzeit läuft alles glatt”, erklärte er. Der erste Großauftrag für ein Infotainment-System mit zwei Bildschirmen und einem Head-up-Display kam von Jaguar Land Rover. Zum E-Cockpit gehörten künftig auch eine Kamera zur Fahrerbeobachtung, Kameras statt Seitenspiegel und elektronische Rückspiegel, so Ito. Dafür erhöhte Panasonic soeben seinen Anteil am spanischen Spezialisten Ficosa auf 69 %. “Ohne Ficosa bräuchten wir zehn Jahre, um diese Systeme selbst zu entwickeln”, rechtfertigte Ito den Zukauf.Ähnlich kräftig soll das Geschäft mit Kamera- und Sonarsystemen für zunehmend autonom fahrende Autos zulegen. Hier erwartet Panasonic einen Umsatzsprung bis 2018 von 68 % auf 620 Mrd. Yen. Zwar könnten Apple und Google mit künstlicher Intelligenz punkten, meint Ito. Aber die Bildverarbeitungssoftware von Panasonic mache mehrere der derzeit noch notwendigen sieben Kameras pro Fahrzeug überflüssig.