Prognose

Pandemie wirkt als Brandbeschleuniger

Die deutsche Wirtschaft hat die Folgen der Pandemie dank großzügiger staatlicher Unterstützungsmaßnahmen grosso modo bisher gut abfedern können. Allerdings haben sich in besonders betroffenen Branchen wie etwa Luftfahrt oder Touristik Kreditrisiken...

Pandemie wirkt als Brandbeschleuniger

hei Frankfurt

Die deutsche Wirtschaft hat die Folgen der Pandemie dank großzügiger staatlicher Unterstützungsmaßnahmen grosso modo bisher gut abfedern können. Allerdings haben sich in besonders betroffenen Branchen wie etwa Luftfahrt oder Touristik Kreditrisiken aufgetürmt, wie die Restrukturierungsberatung Alix Partners feststellt. „Es sind bilanzielle Schieflagen entstanden, da ist die Messe also noch nicht gelesen“, prophezeit Axel Schulte, EMEA-Co-Head Restrukturierung bei der Beratungsgesellschaft. Er geht davon aus, dass der Restrukturierungsbedarf in den Unternehmen in der zweiten Jahreshälfte deutlich zunehmen wird.

Allerdings stellen nicht nur die Folgen der Coronakrise für viele Gesellschaften eine Herausforderung dar. Verunsichert seien viele Manager zum einen durch technologische Herausforderungen und vor allem durch die Klimaschutzgesetzgebung. Die daraus folgenden Risiken für ihr Geschäftsmodell könnten viele schwer abschätzen, „weil es von Seiten der Politik an verlässlichen Rahmenbedingungen mangelt“, kritisiert Alix-Deutschlandchef Andreas Rüter.

Unrühmliche Eile

Unerfreuliches Beispiel war aus seiner Sicht die Eile, mit der die Bundesregierung Nachbesserungen zum Klimaschutzgesetz beschloss, die vom Bundesverfassungsgericht angemahnt wurden – allerdings mit einem deutlichen zeitlichen Spielraum, der zunächst nicht genutzt wurde. Die Popularität der Grünen treibt die Regierungsparteien vor der Bundestagswahl im September zu einer Eile, die in der Wirtschaft auf Kritik stößt.

Die deutsche Autobranche ist aus der Sicht von Rüter derzeit umso mehr auf einen verlässlichen Regulierungsrahmen und Planungssicherheit angewiesen, weil der – aus Klimaschutzgründen vorangetriebene – Übergang zur Elektromobilität in der Übergangszeit enorme Kosten verursache. „Die Unternehmen sind gezwungen, zweigleisig zu fahren und zu investieren: in den Verbrenner und in die E-Mobilität.“ Dabei müsste der Cash-flow aus den Verkäufen mit herkömmlicher Technologie auf Sicht den strukturellen Kraftakt finanzieren. Die Branche schlägt sich Rüter zufolge „besser als gedacht“. Technologisch steigt der Druck allerdings weiter an, so Schulte. Das „Modell Tesla“, insofern also das E-Auto, setze nicht mehr wesentlich auf „deutsche Ingenieurskunst“, sondern mehr auf Software-Features. Dabei hat Tesla nach Einschätzung von Experten noch ordentlichen Vorsprung.

Insgesamt gehen die Berater davon aus, dass die Konsolidierung der Branche noch nicht abgeschlossen ist, „weder bei den Herstellern noch bei den Zulieferern“.