Paris blockiert Auto-Fusion
Fiat Chrysler (FCA) hat das Übernahmeangebot für Renault zurückgezogen. Zuvor hatte sich der Renault-Aufsichtsrat auch in einer zweiten Sitzung nicht zu einer Entscheidung für oder gegen die Offerte durchringen konnte. Ausschlaggebend war der Widerstand des französischen Staates.bl Mailand – Der Autobauer Fiat Chrysler (FCA) hat überraschend sein Angebot für eine Fusion mit Renault “mit sofortiger Wirkung” zurückgezogen. Französische Zeitungen zitieren Quellen, nach denen der französische Großaktionär eine positive Entscheidung des Aufsichtsrats des französischen Autokonzerns blockiert hat. Daraufhin habe FCA die Offerte zurückgenommen.In einer Presseerklärung teilte FCA mit, man sei immer noch von den Vorteilen des Zusammenschlusses, der sehr gut aufgenommen worden sei, überzeugt. “Es ist jedoch klar geworden, dass derzeit die politischen Bedingungen in Frankreich nicht gegeben sind, eine solche Verbindung erfolgreich voranzubringen.” Das ist eine deutliche Anspielung auf die Rolle des französischen Staates.Der Renault-Aufsichtsrat hatte nach einer sechsstündigen Sitzung eine Entscheidung über das Angebot zum zweiten Mal verschoben – ohne Angabe von Gründen. Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire, erklärte: “Wir wollen diese Fusion.” Die Zeit sei aber zu knapp gewesen. Gérald Darmanin, Minister für öffentliches Handeln und Rechnungsführung, hat noch Hoffnung, dass die Verhandlungen “in der nächsten Zeit” weitergehen. FCA hatte Renault Anfang vergangener Woche das Angebot für eine Fusion unter Gleichen gemacht. Damit wäre mit Verkäufen von jährlich 8,7 Millionen Fahrzeugen der weltweit drittgrößte Autokonzern nach Volkswagen und Toyota entstanden. FCA-Präsident John Elkann, der auch Chef des Großaktionärs Exor ist, hatte zuvor mit Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und Wirtschaftsminister Le Maire gesprochen. Dies war deshalb wichtig, weil der französische Staat mit 15,01 % größter Einzelaktionär von Renault ist. Französische NachforderungenAngesichts der Kritik von Gewerkschaften, aber auch von Aktionären, die der Ansicht waren, Renault werde zu gering bewertet, hatte Paris Nachforderungen gestellt. FCA sollte nicht nur Beschäftigungsgarantien für bis zu vier Jahre geben, sondern dem Staat auch einen Sitz im Aufsichtsrat einräumen. Außerdem müsse der operative Sitz des Unternehmens in Frankreich sein. Dem Vernehmen nach hatte FCA die Forderungen weitgehend erfüllt.Ein weiteres Hindernis war die Beteiligung des langjährigen Renault-Partners Nissan-Mitsubishi, die sowohl von FCA als auch von Nissan ausdrücklich gewünscht war. Damit wäre mit 15,7 Millionen Verkäufen der global größte Autokonzern entstanden. Außerdem wäre ein solcher Konzern ein echtes Weltunternehmen, das in den großen Automobilmärkten relativ gleichmäßig verteilt wäre und eine breite Produktpalette, vom Billigauto Dacia bis zu den Oberklassemarken Maserati und Alfa Romeo sowie SUVs und Kleinlaster der Marken Jeep und Ram abgedeckt hätte. Auch bei Elektroautos wäre dieses Bündnis ein wichtiger Player.Doch die Bedingungen, die Nissan-Mitsubishi für eine Zustimmung stellte, waren für Renault bzw. für die Regierung in Paris offenbar nicht akzeptabel. Die Franzosen sind mit 43 % an Nissan beteiligt. Die Japaner halten umgekehrt 15 % an Renault, haben dort aber keine Stimmrechte. Carlos Ghosn, langjähriger CEO von Renault und Nissan-Präsident, wollte die Unternehmen miteinander verschmelzen, stieß dabei aber auf starken Widerstand auf japanischer Seite. Die Beziehungen zwischen den beiden Partnern sind seither gespannt. Ghosn, dem unter anderem Verstöße gegen Börsengesetze vorgeworfen werden, sitzt in Japan in Haft. Nissan-CEO Hiroto Saikawa war bereit, das Fusionsprojekt zu prüfen. Er machte zur Bedingung, dass die Allianz mit Renault im Rahmen einer Fusion mit FCA auf eine neue Grundlage gestellt werden müsse. Dem Vernehmen nach haben sich die Nissan-Vertreter im Renault Aufsichtsrat der Stimme enthalten und somit eine Fortführung des Projekts nicht verhindert.Es ist offen, ob der Rückzug von FCA taktischer Natur oder definitiv ist. Sowohl Fiat Chrysler, die seit Jahren auf Partnersuche ist, als auch Renault sind angesichts der enormen Umwälzungen in der Autoindustrie allein zu schwach, um dauerhaft zu überleben. FCA ist nur in Nord- und teilweise in Südamerika stark, verliert in Europa massiv Marktanteile und ist in Asien praktisch nicht präsent. Vor allem aber ist der Konzern bei Elektroantrieben völlig blank und riskiert Strafzahlungen in der EU wegen Nichteinhaltung der CO2-Emissionsregeln. Renault hat viel Know-how bei Elektroautos, ist aber in Nordamerika nicht und in Asien fast nur über Nissan vertreten.Als mögliche FCA-Fusionspartner gilt der chinesische Autobauer Geely. Dieses Bündnis wäre aber aus politischen Gründen heikel. Auch der südkoreanische Autokonzern Hyundai wurde in der Vergangenheit genannt.