Medizintechnik

Philips rutscht tief in rote Zahlen

Der Medizintechnikkonzern Philips hat sich im ersten Quartal im Tagesgeschäft besser geschlagen als erwartet. Rückstellungen für einen erwarteten Vergleich führen aber zu einem erheblichen Nettoverlust.

Philips rutscht tief in rote Zahlen

Philips rutscht tief in rote Zahlen

Rückstellung von 575 Mill. Euro für Beilegung der ersten Sammelklage – Operativer Quartalsgewinn über Erwartungen – Aktie erholt sich kräftig

hek Frankfurt

Weitere Rückstellungen für schadhafte Schlaftherapiegeräte haben dem Medizintechnikkonzern Philips im Startquartal 2023 rote Zahlen eingebrockt. Unter dem Strich stehen 665 Mill. Euro Nettoverlust. Das operative Geschäft zeigt aber einen Aufwärtstrend. Das um Sondereinflüsse bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Goodwillabschreibungen (Ebita) legte um fast die Hälfte auf 359 Mill. Euro zu.

Die Niederländer schlugen sich damit besser als erwartet. CEO Roy Jakobs spricht von einem soliden Start in das Jahr mit Verbesserungen bei Umsatz, Rentabilität und operativem Cashflow. Investoren reagierten wohlwollend: Die Aktie legte am Montag im Handelsverlauf 12% zu. Zuvor war der Kurs von gut 50 Euro bis auf ein Tief von 12,13 Euro abgestürzt. Derzeit notiert die Aktie bei knapp 20 Euro.

Die Rückstellung von 575 Mill. Euro bezieht sich auf die erwartete Beilegung einer Sammelklage in den USA, die auf den Rückruf schadhafter Geräte zur Behandlung von Atemaussetzern im Schlaf zurückgeht. “Wir sind glücklich, dass wir diesen Fall lösen können”, sagt Jakobs. Das sei ein wichtiger Schritt zur Beilegung der Rechtsstreitigkeiten. In der Sammelklage geht es um wirtschaftliche Verluste, die Patienten durch die Nutzung der Beatmungsgeräte erlitten haben. An Lösungen für die anderen Fälle werde weitergearbeitet, so Jakobs. Gegen Philips sind mehrere Sammelklagen und Einzelklagen auf Schadenersatz wegen Personenschäden anhängig. Insbesondere die Sammelklage wegen der medizinischen Folgen könnte kostspielig ausfallen.

Die Verhandlungen mit der US-Arzneimittelbehörde FDA und die Untersuchung des US-Justizministeriums gingen weiter. Der Ausgang sei ungewiss, so dass bisher keine Rückstellungen für die Angelegenheiten gebildet wurden. Ursache des Rückrufs ist ein zerfallender Schaumstoff, dessen Teilchen als möglicherweise krebserregend gelten.

Personalabbau

Nach letzten Angaben müssen 5,5 Millionen Geräte repariert oder ersetzt werden. Bisher seien mehr als 95% der erforderlichen Ersatzgeräte und Reparatursätze hergestellt worden, so Philips. Die überwiegende Mehrheit der Schlaftherapiegeräte sei an Patienten und Pflegedienstleister versandt worden. Für die verbleibenden 5%, hauptsächlich Beatmungsgeräte, arbeite die Tochterfirma Philips Respironics an einer Lösung. Hartnäckige Probleme in den Lieferketten und die teure Rückrufaktion hatten den Konkurrenten von Siemens Healthineers und GE Healthcare in eine Krise gestürzt. Der neue CEO Jakobs reagierte kurz nach Amtsantritt Mitte Oktober 2022 mit einem Restrukturierungsprogramm samt Abbau von 4.000 Arbeitsplätzen bzw. 5% der Belegschaft. Ende Januar 2023 gab Jakobs die Streichung von weiteren 6.000 Stellen bis 2025 bekannt.

Bei den Lieferketten macht Philips Verbesserungen aus. Diese ermöglichten gutes Wachstum in den Segmenten Diagnose & Behandlung sowie Patientenüberwachung in Krankenhäusern. Der Personalstand sei um 5.400 Mitarbeiter gesunken, so dass gut die Hälfte der geplanten Stellenstreichungen umgesetzt ist.

Der Umsatz stieg im ersten Quartal auf vergleichbarer Basis um 6% auf 4,2 Mrd. Euro. Die operative Marge kam von 6,2% im Vorjahreszeitraum auf 8,6% des Umsatzes voran, liegt aber nach wie vor deutlich unter früheren Niveaus. Der vergleichbare Auftragseingang stagnierte, wobei die Einbußen in der verbundenen Pflege, zu der die Schlaftherapie gehört, durch zweistelliges Wachstum in Diagnose & Behandlung (Bildgebung, Ultraschall, bildgeführte Therapien) aufgefangen wurden. Der Auftragsbestand sei um 10% höher als vor einem Jahr.

Philips
Konzernzahlen nach IFRS, 1. Quartal
in Mill. Euro20232022
Umsatz4.1673.918
Ebita-510-107
Bereinigtes Ebita359243
in % des Umsatzes8,66,2
Nettoergebnis-665-151
Free Cashflow117-402
Nettoschulden7.0487.028
Kommentar Seite 2
Kommentar Seite 2