Fast-Fashion-Plattform

Pimkies gefährliche Liebschaften

Die angeschlagene Modekette geht kurz vor der Verabschiedung des Anti-Fast-Fashion-Gesetzes in Frankreich eine Partnerschaft mit Shein ein. Das ruft jetzt eine der mächtigsten Einzelhandels-Dynastien auf den Plan.

Pimkies gefährliche Liebschaften

Pimkies gefährliche Liebschaften

Die angeschlagene Modekette geht eine Liaison mit Shein ein – Kurz vor der Verabschiedung des Anti-Fast-Fashion-Gesetzes

wü Paris

Frankreichs Textilindustrie und Einzelhandel sehen rot. Eine von der chinesischen Fast-Fashion-Plattform Shein und der heimischen Modekette Pimkie geplante Partnerschaft schlägt hohe Wellen und ruft jetzt eine der mächtigsten Einzelhandels-Dynastien des Landes auf den Plan, die Familie Mulliez. Sie kündigte an, die Justiz einschalten zu wollen.

Pimkie gehörte einst zu ihrem Imperium, das Ketten wie den Sporthändler Decathlon, Auchan-Supermärkte und Leroy Merlin-Baumärkte umfasst. Allerdings hat die Mulliez-Familie die angeschlagene Modekette 2023 verkauft und sogar noch zugezahlt, um Arbeitsplätze und Aktivitäten zu sichern. Dieses Geld könnte jetzt durch die Allianz mit Shein und durch das dafür vorgesehene Joint Venture für andere Zwecke als eigentlich vorgesehen eingesetzt werden, fürchtet der Familienverband der Mulliez. Damit nicht genug, denn die geplante Partnerschaft Pimkies mit dem Fast-Fashion-Spezialisten schade den Interessen der französischen Textilwirtschaft. Shein wolle Pimkie in Frankreich als trojanisches Pferd nutzen, argwöhnt sie. Immerhin geht Frankreich als eines der wichtigsten Modeländer der Welt am entschiedensten gegen die chinesische Plattform vor. Französische Behörden haben Shein bereits mehrmals wegen falscher Rabatte, irreführender Aussagen und der Nicht-Einhaltung von Cookie-Regeln zu Geldbußen verurteilt. Vor allem aber plant Frankreich als erstes Land in Europa ein sogenanntes Anti-Fast-Fashion-Gesetz.

Trojanisches Pferd

Ein Schelm, der vor diesem Hintergrund Böses bei der geplanten Partnerschaft Sheins mit Pimkiesdenkt. Zumal sich der chinesische Fast-Fashion-Spezialist völlig selbstlos gibt. „Die Modebranche und den Einzelhandel Frankreichs unterstützen“, laute sein Ziel, verkündete er anlässlich der Bekanntgabe seiner Liaison mit der 1971 gegründeten Modekette. Sie ist Teil des jetzt in Frankreich lancierten Shein Xcelerators, „einem Programm, das entwickelt wurde, um das weltweite Wachstum etablierter und aufstrebender französischer Modemarken zu fördern“.

Nachdem beide Parlamentskammern dem entsprechen Entwurf zugestimmt, ihn aber abgeändert haben, muss sich nun eine paritätisch gemischte Parlamentskommission noch auf einen Kompromiss einigen.

Neuer Wachstumsmotor gesucht

Shein Excelerator ist jetzt auch in Großbritannien und China an den Start gegangen. Die Plattform hofft, damit ein neues Standbein für ihr durch die neue Paket-Politik der USA gefährdetes Wachstum zu schaffen. Dank der Zusammenarbeit mit etablierten Marken wie dm in Deutschland oder eben Pimkie will sie zudem salonfähiger zu werden.

Shein wolle damit auch zeigen, dass sich innovative Modelle, die zu 100% auf Online-Verkäufen und der Fertigung nach Bedarf basieren, und traditionelle Einzelhandelsmodelle nicht widersprechen, argumentiert Quentin Ruffat, ein Sprecher Sheins. Man helfe französischen Marken dabei, sich zu internationalisieren und zu digitalisieren, sagte er „BFM Business“. Dank Shein erhalte Pimkie Zugang zu den Märkten in 160 Ländern.

Modeindustrie entsetzt

Modeindustrie und Einzelhandel kann Shein mit diesen Argumenten nicht überzeugen. Die geplante Partnerschaft Pimkies mit der Plattform sei ein Alarmsignal, urteilt der Einzelhandelsverband Alliance du Commerce. Denn Shein stehe dafür, alle Regeln zu umgehen. Die Fédération Française du Prêt-à-Porter (FPAPF) wiederum forderte Pimkie-Chef Salih Halassi auf, auf die Partnerschaft zu verzichten. Der denkt jedoch nicht daran. Denn er will 2025 in die schwarzen Zahlen zurückkehren und den Umsatz von vermutlich 150 Mill. Euro in diesem Jahr dank Shein bis 2028 verdoppeln.

Pimkie ist nicht die einzige einst angesagte französische Modemarke, die in den letzten Jahren in schweres Fahrwasser geraten ist. Andere könnten seinem Beispiel folgen, fürchten Beobachter.