EU-WETTBEWERBSPOLITIK

"Politischer Mist"

Steuerstreit zwischen Apple und der EU-Kommission verschärft sich - Vestager reist nach Washington

"Politischer Mist"

Im Steuerstreit mit Brüssel sieht sich Apple als Opfer einer rein politisch motivierten Entscheidung der EU-Kommission. Konzernchef Tim Cook kündigte an, sich in enger Abstimmung mit der irischen Regierung dagegen wehren zu wollen. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager wies die Anschuldigungen zurück und forderte noch mehr Transparenz in Europa beim Thema Unternehmenssteuern.ahe Brüssel – Die Auseinandersetzung zwischen dem US-Technologiekonzern Apple und der EU-Kommission um eine Steuerforderung von 13 Mrd. Euro nimmt an Schärfe zu. Dies sei “totaler politischer Mist”, kritisierte Apple-Chef Tim Cook die Entscheidung der Europäischen Wettbewerbsbehörde, mit den irischen Behörden vereinbarte Sonderregelungen als Beihilfe einzustufen. Cook sagte in einem Interview mit einer irischen Zeitung, Apple werde mit der Regierung in Dublin eng zusammenarbeiten, um sich dagegen zu wehren. “Niemand hat etwas falsch gemacht, und wir müssen zusammenstehen.” Irland werde von der EU schikaniert.Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager wies die Anschuldigungen Cooks sowie des US-Finanzministeriums umgehend zurück. “Das ist keine politische Entscheidung”, betonte die Dänin in Brüssel. Ihr Haus treffe unabhängige Entscheidungen, die sich auf Fakten stützten und die auch gerichtsfest seien. Vestager verwies darauf, dass die Entscheidung auf Apples eigenen Daten beruhe, die unter anderem auch schon bei Anhörungen in den USA veröffentlicht worden seien. Diese dort genannten Fakten hätten erst die Ermittlungen der EU-Kommission in Gang gesetzt.Die EU-Wettbewerbskommissarin will noch in diesem Monat nach Washington reisen und dort auch mit Finanzminister Jacob Lew sprechen. Sie freue sich schon auf das Treffen, sagte Vestager. Beide Seiten wollten eine “vernünftige und offene Besteuerung von Unternehmen”. Es sei in diesem Fall aber evident, dass es sich um eine europäische Angelegenheit handele, da es um in Europa erzielte Gewinne und europäische Beihilferegelungen gehe.Apple soll für die Jahre 2003 bis 2014 Steuern von bis zu 13 Mrd. Euro plus Zinsen an die irische Regierung nachzahlen. Nach Berechnungen der Wettbewerbshüter aus Brüssel hatte der Handy- und Computerhersteller 2014 aufgrund seiner Deals mit den irischen Behörden nur noch Körperschaftsteuern von 0,005 % des in ganz Europa eingefahrenen Gewinns gezahlt, da ein Großteil des Ergebnisses auf einen fiktiven Verwaltungssitz verschoben werden konnte, von dem aus nie Steuern gezahlt wurden.Apple-Chef Cook verwies dagegen jetzt darauf, dass sein Unternehmen in dem Jahr in Irland rund 400 Mill. Dollar Steuern abgeführt habe und damit der wohl wichtigste Steuerzahler im Land gewesen sei. Cook machte für die Entscheidung Vestagers auch eine antiamerikanische Stimmung verantwortlich. Auch Söder kritisiert EUZu den noch anhängigen Steuerfällen Amazon und MacDonald’s wollte sich die EU-Kommissarin nicht äußern. Sie warb aber erneut für noch mehr Steuertransparenz in Europa. Profite sollten auch dort versteuert werden, wo sie entstünden, sagte Vestager. Um dies zu erreichen, wäre eine länderweise Berichterstattung der Unternehmen, wie sie auch die EU-Kommission anstrebe, sehr sinnvoll.Kritik an der EU-Kommission kam unterdessen aber auch von Bayerns Finanzminister Markus Söder. “Wir brauchen faire Steuerregeln, aber keinen Handelskrieg”, sagte der CSU-Politiker der “Süddeutschen Zeitung” und sprach im Zusammenhang mit Apple von “überzogenen Forderungen” aus Brüssel. Bei gleichzeitigem Abbruch der Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP würden die Handelsbeziehungen massiv belastet, warnte Söder.Die irische Regierung hat unterdessen noch keine offizielle Entscheidung über einen Einspruch gegen den Steuerbeschluss getroffen, auch wenn Finanzminister Michael Noonan dies zunächst angekündigt hatte. Irland könnte mit der Apple-Nachzahlung ein Jahr lang sein Gesundheitssystem finanzieren.