ProSieben-Übernahmekampf: PPF macht Weg frei für Berlusconi
Der tschechische Großaktionär PPF steigt bei ProSiebenSat.1 aus und macht damit den Weg frei für eine Übernahme des bayerischen Fernsehkonzerns durch die Berlusconi-Familienholding. Man habe entschieden, die Aktien in Form des Anteils von 15,68 % an ProSiebenSat.1 der MFE-MediaForEurope anzudienen und die verbleibenden Finanzinstrumente in ProSiebenSat.1 abzuwickeln, teilte PPF am Mittwochabend mit. Es sei PPF nicht gelungen, ausreichend Aktionäre zur Unterstützung der eigenen Ziele zu gewinnen. Die Italiener verfügten mit bereits über 43 % der Stimmrechte voraussichtlich über eine einfache Mehrheit auf den Hauptversammlungen von ProSiebenSat.1.
Aufgrund der geringen Annahmequote des eigenen Kauf-Angebots an die Aktionäre könne PPF seine „ursprüngliche Rolle als strategischer Investor mit dem Anspruch, auf Augenhöhe mit MFE zusammenzuarbeiten und ihre Expertise beim Aufbau digitaler Medienplattformen einzubringen, nicht fortführen“, hieß es. Der nach MFE zweitgrößte ProSiebenSat.1-Aktionär war zuvor an dem Ziel gescheitert, seinen Anteil auf bis zu 29,99 % zu verdoppeln, um zusammen mit dem Streubesitz ein Gegengewicht zu den Italienern zu bilden. Die Holding der Erben des Milliardärs Petr Kellner kam mit ihrem Gegengebot aber nur auf 18,4 %.
Restlichen Aktionäre müssen entscheiden
Nach Ablauf der Annahmefrist hielt MFE knapp 43,6 % der Anteile an der Senderkette aus Unterföhring bei München, wie die Italiener Mitte August mitteilten. Von der Höhe der Anteile hängt ab, wie stark MFE in das operative Geschäft des ertragsschwachen, hochverschuldeten Unternehmens eingreifen und welche Einsparungen sie durchsetzen kann. Nun kommt es darauf an, wie viele ProSiebenSat.1-Aktionäre die zweiwöchige Nachfrist nutzen, um der Berlusconi-Holding ihre Anteile noch anzudienen. Das Ergebnis dürfte am 4. September feststehen.
MFE-Chef Pier Silvio Berlusconi, dem Sohn des ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, schwebt ein paneuropäischer Medienkonzern mit ProSiebenSat.1 und den eigenen Privatsendern in Italien und Spanien vor, um den US-Streaming-Riesen wie Netflix und Disney+ Paroli zu bieten.
Da die Italiener nun die 50%-Hürde überspringen werden, könnten sie Umsätze und Gewinne von ProSiebenSat.1 voll in die eigene Bilanz aufnehmen. Für einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, der ihnen den Zugriff auf die Finanzmittel geben würde, wäre aber eine Dreiviertel-Mehrheit nötig.
Aktie unter Druck
Die Nachricht vom bevorstehenden Anteilsverkauf hat im vorbörslichen Handel den Kurs von ProSiebenSat.1 belastet. Auf Tradegate fielen die Papiere um 4,4% auf 7,655 Euro. In den vergangenen Wochen war der Kurs um die 8-Euro-Marke gependelt, nachdem im Bieterkampf um den Medienkonzern die Holding der Berlusconi-Familie Ende Juli ihr Angebot erhöht hatte.