Praktiker muss Insolvenz anmelden - Mit Rabattaktionen ins Abseits
m. Hamburg – Das gesamte Financial Engineering hat nichts genützt: Nachdem eine Anschlussfinanzierung am Widerstand der Banken gescheitert war, musste die Baumarktkette Praktiker wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit Insolvenz beantragen. Betroffen davon sind rund 20 000 Mitarbeiter in acht Tochterfirmen und die Muttergesellschaft. Im Vorjahr hatte die Gruppe noch 3 Mrd. Euro umgesetzt.Weil die finanziellen Mittel dafür fehlen, halten Beobachter ein Insolvenzverfahren in Eigenregie für unwahrscheinlich. Nicht betroffen von der Zahlungsunfähigkeit ist Max Bahr mit ihren rund 132 Baummärkte. Diese Praktiker-Tochter ist aber verpfändet. Auch die Auslandseinheiten sind nicht betroffen. Doch war die türkische Tochter schon Anfang des Jahres in Insolvenz gegangen.Mit der Pleite der Baumarktkette kommt auf Deutschland eine der größten Insolvenzen zu. Für rund 11 000 Mitarbeiter in Deutschland wird es besonders hart. Sie haben einen Sanierungsbeitrag in Form eines mehrjährigen Lohnverzichts von 5 % geleistet, was das Unternehmen mit rund 50 Mill. Euro entlastet. In einem ähnlichen Volumen konnte Praktiker Mietentlastungen aushandeln. Überraschend kommt, dass der Ende 2012 arrangierte Mittelzufluss aus einem Darlehen (75 Mill. Euro), einer Kapitalerhöhung (60 Mill. Euro zum Bezugspreis von 1,08 Euro) und offenen Kreditlinien (40 Mill. Euro) so schnell verpuffte. Den Insolvenzantrag soll konkret eine aktuelle Liquiditätslücke von 30 Mill. Euro ausgelöst haben, für die keine Sicherheiten mehr gestellt werden konnten. Unternehmerisch gelten die Rabattaktionen als Sargnagel.Praktiker finanzierte sich zuletzt stark über Lieferantenkredite mit verlängerten Zahlungszielen. Anfang dieser Woche soll jedoch ein Warenkreditversicherer seine Deckungszusagen zurückgezogen haben. Auf Bankenseite gelten die Commerzbank und die Royal Bank of Scotland durch die Insolvenz als am stärksten betroffen. Die Baumarktketten Obi und Hagebau haben Interesse an einzelnen Standorten von Praktiker signalisiert. Interesse an Teilen könnte es auch bei britischen oder französischen Wettbewerbern geben.—– Nebenstehender Kommentar- Berichte Seite 7- Personen Seite 12