Prosus wird schwerster Internetwert in Europa
Prosus, Tochter des südafrikanischen Medienkonzerns Naspers, wird zum Start an der Euronext mit 120 Mrd. Euro bewertet. Das bisher unbekannte Unternehmen, das maßgeblich aus einer Beteiligung von Naspers an der chinesischen Tencent von 31 % besteht, setzt sich nach Marktwert an die Spitze in Amsterdam.wb Frankfurt – Sie bringt an der Börse Amsterdam von jetzt auf gleich gut 120 Mrd. Euro auf die Waage, und kaum jemand kennt sie: Prosus. Unter diesem Namen hat der südafrikanische Medienkonzern Naspers seine Internetbeteiligungen – in erster Linie das Investment in der chinesischen Tencent – in einem Carve-out verselbständigt und jetzt im Wege eines Listings an die Börse gebracht. Dabei behält Naspers 73 % des Kapitals. Der indikative Preis an der Euronext Amsterdam lag bei 58,70 Euro, womit das Unternehmen mit 95,3 Mrd. Euro bewertet wurde.Die Holding Prosus hatte am Mittwoch einen fulminanten Start: Der Eröffnungskurs für die Aktien von Prosus lag bei 76 Euro und damit knapp 30 % über dem Referenzpreis für die Notiz der 1,62 Milliarden Aktien von 58,70 Euro. Aus dem Handel gingen sie am Mittwoch mit 74,19 Euro.Beraten wurde die Transaktion an führender Stelle von Goldman Sachs und J.P. Morgan sowie Morgan Stanley. Nach SAP vornProsus ist mit der Bewertung die größte börsennotierte, konsumentennahe Internetgruppe in Europa. Und gilt nach SAP als schwerstes Technologieunternehmen auf dem Kontinent – auch wenn das operative Geschäft in erster Linie chinesisch ist. Naspers hatte Ende März angekündigt, ihr Paket an dem Alibaba-Rivalen Tencent sowie weitere Beteiligungen – darunter die in Frankfurt notierte Berliner Delivery Hero – an die Börse zu bringen (vgl. BZ vom 26. März). Prosus ist damit auf einen Schlag zum Unternehmen mit der höchsten Marktkapitalisierung in Amsterdam geworden, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Ölmulti Shell ein Doppellisting (London) hat. Prosus bringt auch mehr auf die Waage als der Nestlé-Konkurrent Unilever. Im Euro Stoxx 50 sind allein LVMH, L’Oréal, AB Inbev, SAP und Total höher angesetzt.Die Naspers-Aktie gab gestern infolge der Abspaltung um ein Drittel nach, der Börsenwert liegt immer noch bei umgerechnet 66 Mrd. Euro. Bei Ankündigung des Deals im März war Naspers in etwa 100 Mrd. Dollar schwer, woraus nun rechnerisch über 180 Mrd. Euro für beide Einheiten geworden sind. Schließlich sind bereits die 31 % an Tencent allein umgerechnet nahezu 120 Mrd. Euro wert.Naspers investierte früh – schon 2001 – in die damals unbekannte Tencent aus heutiger Sicht minimale 32 Mill. Dollar für ein Drittel und ist dort mit 31 % nach wie vor größter Anteilseigner. Heute ist Tencent einer der größten Tech-Konzerne Chinas und betreibt mit Wechat einen der wichtigsten Sofortnachrichtendienste der Welt. Entsprechend schoss der Wert des Investments in die Höhe.Die 1915 als Nasionale Pers gegründete Naspers, die ihren Ursprung im burischen Nationalismus hat, begründete den Carve-out mit ihrer übergroßen Gewichtung an der Heimatbörse. Viele institutionelle Investoren im Land seien gezwungen gewesen, ihre Aktien zu verkaufen, da Limits für den Besitz einzelner Werte bestehen. Mit dem Spin-off werde man diesem Problem begegnen, hofft das Unternehmen. Limits überschrittenNaspers steht für fast 25 % des Leitindex in Johannesburg, verglichen mit 5 % vor fünf Jahren. Diese Gewichtung übersteigt die Grenzen der meisten Institutionellen. Um dem abzuhelfen wurde das ADR-Programm erhöht, die Tencent-Beteiligung reduziert, und Naspers stieg aus mehreren Unternehmen aus. Zudem geht es den Südafrikanern mit Prosus um Wachstum in Internetkerngeschäften sowie die Umstellung des Online-Kleinanzeigengeschäfts und anderer Frühphaseninvestments auf Rentabilität. Naspers bleibe in Südafrika gelistet und behalte ihre Geschäfte wie Takealot und Media24 dort bei. Gebündelt sind in der neuen Holding die Pakete an Internetunternehmen wie 31 % an Tencent und 22,75 % am Essenslieferdienst Delivery Hero. Zu der in Kapstadt ansässigen Gruppe zählt ein Sammelsurium an Investments um das Schwergewicht Tencent: die russische Mail.ru, OLX (Rubrikenportale in Brasilien und Indien), Avito (russische Rubriken-Website), Letgo (Mobile-Classifieds-Plattform), Payu (niederländisches Fintech), iFood (Brasilien), Swiggy (Essenslieferung in Indien), Delivery Hero, Udemy (USA), Emag in Rumänien oder Makemytrip in Indien und Dutzende weitere Start-ups. Insgesamt halten die Südafrikaner Beteiligungen an rund 40 Start-ups, die in 130 Ländern der Welt aktiv seien.Naspers will mit der Börsennotiz in Europa unter anderem bei internationalen Investoren bekannter werden. Naspers-CEO Bob van Dijk sprach von einem guten Börsenstart von Prosus. Er setzt darauf, dass mit dem Listing der Wert der Internetbeteiligungen des Konzerns für Investoren besser sichtbar wird.Weitere bei dem Listing engagierte Berater sind Banca Imi, Bank of America, Barclays, BNP Paribas, Citi, Deutsche Bank, ICBC und die niederländische ING.