Puddingpulver macht Oetker reich für Zukäufe
cru Bielefeld – Das traditionelle Geschäft mit Nahrungsmitteln, Getränken sowie mit neuen digitalen Diensten läuft für die Bielefelder Oetker-Gruppe so gut, dass der Familienkonzern seine Serie von Zukäufen fortsetzen und damit binnen einiger Jahre wieder mehr als 10 Mrd. Euro Umsatz erzielen will. Im Jahr 2019 werden es wohl 8 Mrd. Euro.Oetker sitze mit den Einnahmen aus dem milliardenschweren Verkauf der Reederei Hamburg Süd weiter auf gut gefüllten Kassen, sagte Oetker-Chef Albert Christmann am Dienstag in Bielefeld. Tatsächlich beträgt das Nettofinanzguthaben zum Jahresende 2018 trotz mehrerer Zukäufe für insgesamt mehr als eine halbe Milliarde Euro noch immer rund 2,5 Mrd. Euro.Auch das operative Geschäft brummt. Laut Finanzchef Heino Schmidt lag der Brutto-Cashflow im Jahr 2018 oberhalb von 700 Mill. Euro. Das Unternehmen konzentriert sich nach dem Verkauf der Schifffahrtssparte fast ganz auf das Geschäft mit Nahrungsmitteln wie Pizza und Getränken wie Bier.Auf diesen Bereich entfielen 2018 rund 90 % des Gesamtumsatzes von rund 7,1 Mrd. Euro (Vorjahr 11,6 Mrd. Euro), der zur Hälfte in Deutschland gemacht wird. Erstmals nach mehr als 80 Jahren ist in der Bilanz für 2018 nicht mehr die Hamburg-Süd enthalten, die Oetker zum 30. November 2017 an den dänischen Marktführer Mærsk verkauft und sich damit von rund der Hälfte des Umsatzes getrennt hatte. Reederei-Exit halbiert ErlösDadurch sank der Umsatz der Gruppe 2018 um etwa 4,7 Mrd. Euro. Mit dem milliardenschweren Verkaufserlös will Oetker die anderen Sparten stärken und Zukäufe finanzieren. Derzeit sorgt unter anderem das Traditionsprodukt Puddingpulver für steigende Umsätze der Kernsparte Nahrungsmittel. Je globaler die Märkte würden, “desto mehr gibt es die Sehnsucht nach dem, was vertraut ist”, sagte Christmann.Ohne Berücksichtigung der Zahlen der Reederei, von Zukäufen und von Wechselkurseffekten ist der Umsatz um 327 Mill. Euro gestiegen – ein organisches Plus von 5 %. Hinzu kam das Wachstum durch Zukäufe: Unter anderem einen Mehrheitsanteil am spanischen Sekt-Produzenten Freixenet kaufte Oetker. In Südafrika wurde die Mehrheit an einem Tiefkühltortenhersteller erworben, in Ägypten wurde der Marktführer für Backartikel übernommen. Auch in den USA kauften die Bielefelder einen Hersteller für Backzubehör und Backformen. Die Serie der Zukäufe soll fortgesetzt werden.”Die Akquisitionspipeline ist gut gefüllt”, sagte Schmidt. Dabei wolle man “idealerweise Marktführerunternehmen akquirieren”. Konkrete Übernahmeziele nannte er nicht.Auch Zahlen zum Ergebnis veröffentlicht das Familienunternehmen traditionell nicht. Zur Oetker-Gruppe zählen neben den Lebensmitteln unter anderem die Getränkesparte, ein Bankhaus und Hotels. Der Lebensmittelbereich, zu dem das Geschäft mit Tiefkühlpizzen, Backmischungen, Puddingpulver und Tiefkühltorten (Coppenrath & Wiese) gehört, steuerte fast die Hälfte der Umsätze bei. Auf Bier (Radeberger Gruppe) und alkoholfreie Getränke entfielen etwa 30 % des Umsatzes. Weitere knapp 11 % entfielen auf Sekt (Henkell, Freixenet), Wein und Spirituosen. Wagniskapital-InvestitionenAuch für das Wachstum aus eigener Kraft sei Oetker zuversichtlich, betonte Christmann. Um die Rohstoffversorgung zu sichern, hat Oetker Weinberge in der italienischen Prosecco-Region gekauft. Das Konsumgütergeschäft habe sich zum Jahresauftakt gut entwickelt. Oetker versucht zudem, sich für den Online-Handel und die digitale Wirtschaft zu wappnen. Der Familienkonzern experimentiert mit eigenen Lieferdiensten für Torten und Bier sowie mit eigenen Handelsplattformen und investiert über einen Wagniskapital-Fonds in Start-ups. Der Bier-Lieferdienst Durstexpress etwa habe sich in Markttests bewährt und solle nun in Deutschland expandieren.